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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Harod. »Ich mag diese Scheißspiele nicht.«
    »Richten Sie die Waffe auf mich, Tony.«
    »Von wegen«, sagte Harod und stand auf, um zu gehen. Er machte eine wegwerfende Geste mit der linken Hand und ging auf das rote Licht zu, das die oberste Stufe markierte.
    »Tony «, sagte Barents Stimme, »kommen Sie her.«
    Harod war zumute, als wäre er in eine der Plastikmauern gelaufen. Seine Muskeln verkrampften sich, Schweiß brach ihm am ganzen Körper aus. Er wollte weitergehen, weg von Barent, sank statt dessen aber nur auf die Knie.

Einmal, vor vier oder fünf Jahren, hatten er und Willi eine Sitzung gehabt, wo der alte Mann versucht hatte, Einfluß auf ihn auszuüben. Es war eine freundschaftliche Übung als Antwort auf eine Frage nach dem >Wiener Spiel< gewesen, von dem Willi dauernd erzählt hatte. Statt der warmen Woge der Unterwerfung, die Harod, wie er selbst genau wußte, auf Frauen ausübte, war Willis Angriff wie ein vager, aber schrecklicher Druck in Harods Schädel gewesen, weißes Rauschen und zugleich eine klaustrophobische Enge. Aber Harod für seinen Teil hatte die Kontrolle über sich selbst nicht verloren. Er hatte sofort eingesehen, daß Willis >Gabe< viel stärker als seine eigene war - viel brutaler war der Ausdruck, der ihm in den Sinn kam -, und er war nicht sicher, ob er während Willis Angriff jemand anderen hätte >benützen< können, aber er hatte auf keinen Fall den Eindruck, als könnte Willi ihn >benützen<. »Ja«, hatte Willi gesagt, »so ist es immer. Wir können uns gegeneinander wenden, aber die >Benützer< können niemals >benützt< werden, nicht wahr? Wir messen unsere Kräfte nur durch Dritte, hm? Eigentlich wirklich schade. Aber ein König kann keinen König schlagen, Tony. Vergessen Sie das nicht.«
    Harod hatte es nicht vergessen. Bis jetzt.
    »Kommen Sie her«, sagte Barent. Seine Stimme klang immer noch leise, wohlmoduliert, aber sie schien widerzuhallen, bis sie Harods Schädel ausfüllte, das Zimmer ausfüllte, das Universum ausfüllte, so daß die Sterne unter ihrem Echo erbebten. »Kommen Sie hierher, Tony .«
    Harod, der mit verkrampftem Körper auf Knien, Armen und Hals lag, wurde auf den Rücken gezerrt wie ein Stuntman, der mit einem unsichtbaren Draht von seinem Pferd gerissen wird. Harods Körper zuckte, seine Füße in den Stiefeln schlugen auf den Boden. Er biß die Zähne zusammen, die Augen schienen ihm aus den Höhlen zu quellen. Harod spürte den Schrei, der ihm im Hals heraufstieg, und wußte, er würde nie herauskommen, würde einfach weiter anschwellen, bis er explodierte und Fetzen von Harods Fleisch durch das Zimmer verstreute. Hirod, der mit steifen Beinen und zuckend auf dem Rücken lag, konnte spüren, wie sich die Muskeln seiner Arme entspannten und verkrampften, entspannten und verkrampften, seine Ellbogen sich in den Teppichboden gruben, er die Finger zu Krallen krümmte und derweil unerbittlich zu dem sitzenden Schatten zurückglitt.
    »Kommen Sie hierher, Tony .«
    Tony Harod gehorchte wie ein zehn Monate alter Säugling, der gerade auf dem Rücken zu krabbeln lernt.
    Als sein Kopf das niedere Kaffeetischchen berührte, spürte Harod, wie der Schraubstock der Kontrolle ihn freigab. Sein Körper zuckte so heftig, daß er beinahe uriniert hätte. Er drehte sich um, richtete sich auf die Knie auf und stützte die Unterarme auf das schwarze Glas des Tischchens.
    »Richten Sie die Waffe auf mich, Tony«, sagte Barent im selben Plauderton wie zuvor.
    Harod spürte, wie rasende Wut ihn durchpulste. Seine Hände zitterten heftig, während er nach der Waffe tastete, den Griff fand, sie hob ...
    Der Lauf war noch nicht richtig angelegt, als ihn die Übelkeit überkam. Vor Jahren, in seinem ersten Jahr in Hollywood, hatte Harod einmal einen Nierenstein gehabt. Die Schmerzen waren unglaublich, unvorstellbar gewesen. Ein Freund hatte später zu Harod gesagt er stelle es sich vor, als bekäme man ein Messer in den Rücken gebohrt. Harod wußte es besser; als Junge hatte er einmal ein Messer in den Rücken bekommen, weil er mit einer Jugendbande in Chicago auf Tour gewesen war. Der Nierenstein schmerzte schlimmer. Es war, als würde man von innen nach außen mit einem Messer zerfleischt werden, als würde einem jemand Rasierklingen durch Eingeweide und Adern ziehen. Und zu den unvorstellbaren Schmerzen des Steins selbst kamen sofortige Übelkeit, Erbrechen, Krämpfe und Fieber.
    Dies war schlimmer. Viel schlimmer.
    Bevor er den Lauf anlegen konnte, lag Harod

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