Kraft des Bösen
sie es entwickelt hatten, und dann hat es mich zwei Jahre gekostet, die CAB davon zu überzeugen, daß es lufttauglich ist. Würde man es den Ingenieuren überlassen, hätten Flugzeuge nicht einmal Fenster für Passagiere.«
»Es ist wunderschön«, sagte Maria Chen. Harod konnte sehen, wie sich das Sternenlicht in ihren dunklen Augen spiegelte.
»Tony, ich habe Sie beide hierher gebeten, weil es Sie beide betrifft«, sagte Barent.
»Was denn?«
»Die ... äh ... Dynamik unserer Gruppe. Ihnen ist vielleicht aufgefallen, daß eine gewisse Spannung in der Luft liegt.«
»Mir ist aufgefallen, daß alle im Begriff sind, den Verstand zu verlieren.«
»Wie auch immer«, sagte Barent. »Die Ereignisse der vergangenen Monate waren ... äh ... ärgerlich.«
»Kann ich gar nicht verstehen«, sagte Harod. »Den meisten Menschen macht es nichts aus, wenn ihre Kollegen in Stücke gerissen oder in den Schuylkill River gestürzt werden.«
»In Wahrheit ist es so«, sagte C. Arnold Barent, »daß wir alle viel zu verweichlicht worden sind. Wir haben unseren Club zu viele Jahre gehabt - eigentlich Jahrzehnte -, und es könnte sein, daß Willis kleine Vendetta ein dringend notwendiges ... äh ... Ausmerzen mit sich bringt.«
»Solange keiner von uns als nächster ausgemerzt wird«, sagte Harod.
»Genau.« Barent schenkte Wein in einen Kristallkelch ein und stellte ihn vor Maria Chen. Harods Augen hatten sich angepaßt, so daß er die anderen jetzt deutlich sehen konnte, aber jetzt wirkten die Sterne um so strahlender und die Wolkendecke um so milchiger und leuchtender. »Derweil«, sagte Barent, »dürfte es zu einem gewissen Ungleichgewicht in einer Gruppendynamik kommen, die so sorgfältig unter Umständen etabliert wurde, die jetzt keine Gültigkeit mehr haben.«
»Was meinen Sie damit?« fragte Harod.
»Ich meine, daß es ein Machtvakuum gibt«, sagte Barent mit einer Stimme, die so kalt war wie das Sternenlicht, das auf sie herab strahlte. »Genauer gesagt, ein scheinbares Machtvakuum. Willi Borden hat ermöglicht, daß sich kleine Leute für Riesen halten. Und dafür wird er sterben müssen.«
»Willi?« sagte Harod. »Demnach war das ganze Gerede über mögliche Verhandlungen und Willis Mitgliedschaft im Club dummes Zeug?«
»Ja«, sagte Barent. »Falls erforderlich, werde ich den Club allein leiten, aber unter keinen Umständen wird dieser Ex-Nazi jemals an unserem Tisch sitzen.«
»Aber warum haben Sie dann ...« Harod verstummte und dachte einen Moment nach. »Glauben Sie, Kepler und Sutter sind bereit für einen Umsturz?«
Barent lächelte. »Ich kenne Jimmy seit vielen Jahren. Zum ersten Mal habe ich ihn bei einer Zeltmission in Texas vor vier Jahrzehnten predigen hören. Seine Begabung war ungeschult, aber unwiderstehlich; er konnte ein Zelt voll schwitzender Atheisten dazu bringen, zu tun, was er wollte, und sie taten es mit Freuden im Namen Gottes. Aber Jimmy wird alt und setzt seine Überzeugungskraft immer weniger ein, sondern verläßt sich zunehmend auf den Apparat der Überzeugung, den er aufgebaut hat. Ich weiß, daß er Sie letzte Woche als Gast in sein kleines fundamentalistisches Königreich eingeladen hatte ...« Barent hielt die Hände hoch, um Harods Erklärungen zu unterbinden. »Schon gut, Jimmy muß Ihnen gesagt haben, daß ich es erfahren würde ... und verstehen. Ich glaube nicht, daß Jimmy das Ruder herumreißen will, aber er spürt eine gewisse Verlagerung des Machtgleichgewichtes und möchte auf der richtigen Seite stehen, wenn die Verlagerung abgeschlossen ist. Willis Einmischung scheint - an der Oberfläche - eine ausgesprochen prekäre Gleichung verändert zu haben.«
»Und in Wirklichkeit?« sagte Harod.
»Nicht«, antwortete Barent, und die leise ausgesprochene Silbe war so endgültig wie ein Gewehrschuß. »Sie haben ein paar grundsätzliche Fakten vergessen.« Barent griff in eine Schublade des flachen Tischchens vor sich und zog eine kleine automatische Pistole heraus. »Nehmen Sie sie, Tony.«
»Warum?« fragte Harod, dessen Haut kribbelte.
»Der Revolver ist echt und geladen«, sagte Barent. »Bitte nehmen Sie ihn.«
Harod hob die Waffe auf und hielt sie lose in beiden Händen. »Okay, und was soll das?«
»Richten Sie sie auf mich, Tony.«
Harod blinzelte. Was immer Barent auch demonstrieren wollte, er wollte nichts damit zu tun haben. Er wußte, Haines und ein Dutzend Wachmänner hielten sich in unmittelbarer Nähe auf. »Ich will nicht auf Sie anlegen«, sagte
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