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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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manchmal langweilige Kräftemessen zwischen zwei Kontrahenten, die sich niemals begegneten und wahrscheinlich niemals den wahren Namen oder die Position des anderen erfuhren.
    Cohen schaute nach unten und sah nachmittägliches Sonnenlicht auf neuen Knospen und Blüten. Er hatte seine eigene Theorie, weshalb das FBI derartig schnell derartig ungemütlich geworden war. Cohen hielt es für möglich, daß die unbeabsichtigten Einmischungen von Aaron und Levi Colben auf die Operation Jonah aufmerksam gemacht hatten, eine auf sieben Jahre angelegte Infiltration amerikanischer Spionageabwehragenturen. In der Arroganz der Monate nach dem Sechstagekrieg war in Tel Aviv ein Plan erstellt worden, die wichtigsten Kanäle des US-Geheimdienstes anzuzapfen, indem man Maulwürfe und bezahlte Informanten in Schlüsselpositionen brachte. Infiltration der CIA und anderer Agenturen war nicht notwendig; der Mossad hatte genauestens analysiert, wo man sich in das FBI und andere innere Agenturen einklinken mußte, um Informationen über die konkurrierenden Gruppen zu bekommen. Davon abgesehen, daß man damit Zugang zu elektronischen Geheimdiensteinrichtungen bekam, die denen des Mossad bei weitem überlegen waren, hatte die Argumentation damals gelautet, bot die Plazierung von Informanten in Schlüsselpositionen des FBI auch die Möglichkeit, an interne amerikanische Informationen heranzukommen - speziell an Dossiers über bedeutende politische Gestalten, die das FBI seit den Tagen von J. Edgar Hoover angelegt hatte -, die unschätzbare Vorteile boten, wenn bei zukünftigen Krisen politische Unterstützung durch Amerika erforderlich sein sollte.
    Die Operation war schließlich als zu risikoreich angesehen worden - so wahnsinnig wie Gordon Liddys Gemstone-Plan -, bis die schreckliche Überraschung des Jom-Kippur-Kriegs die alten Männer in Israel davon überzeugt hatte, daß nicht weniger als die Existenz Israels vom Zugang zu umfangreichen und detaillierten Geheimdienstunterlagen abhängen konnte, wie sie nur die Amerikaner besaßen. Die Operation Jonah begann in dem Monat, als Jack Cohen 1974 Außenstellenleiter in Washington geworden war. Jetzt war Jonah zum Wal geworden, der den Mossad verschluckt hatte. Eine übertriebene Menge Zeit und Geld waren in das Projekt investiert worden - zuerst, um es zu vergrößern, und dann, um es zu vertuschen. Die Politiker in Tel Aviv lebten in der ständigen Angst, die Amerikaner könnten Jonah in einem kritischen Augenblick entdecken, wo Unterstützung durch die Vereinigten Staaten unbedingt erforderlich war. Die meisten Informationen, die aus Washington flossen, konnten nicht verwendet werden, weil sie die Existenz der Infiltration selbst bloßstellen konnten. Cohen fand, daß der Mossad sich allmählich verhielt wie der klassische Ehebrecher - ihm graute vor dem Tag, an dem seine Affäre entdeckt werden würde, aber gleichzeitig verspürte er derartige Schuldgefühle und hatte es so satt, diese Schuldgefühle zu verspüren, daß er die Entdeckung fast herbeisehnte.
    Cohen überlegte, welche Möglichkeiten ihm blieben. Er konnte seine Liaison mit Saul und Natalie fortsetzen, dafür sorgen, daß der Mossad nichts von ihren rätselhaften Amateuraktivitäten mitbekam, und abwarten, was daraus wurde. Oder er konnte jetzt einschreiten. Zumindest dafür sorgen, daß die Zweigstelle an der Westküste eine aktivere Rolle spielte. Er hatte Saul nicht verraten, daß das sichere Haus mit Abhörwanzen gespickt war. Cohen konnte drei Leute den Funkwagen von Los Angeles eine Meile von dem sicheren Haus entfernt im Wald parken und über abhörsichere Leitungen eine Echtzeitverbindung herstellen lassen. Das bedeutete aktive Einmischung von mindestens einem halben Dutzend Mossad- Agenten, aber Cohen sah keine Alternative.
    Saul Laski hatte davon gesprochen, daß er nicht mehr damit rechnete, die Kavallerie würde über den Hügel geprescht kommen, aber in diesem Fall, dachte Cohen, würde die Kavallerie eingreifen, ob es dem Wagenzug paßte oder nicht. Cohen sah keine Verbindung zwischen Operation Jonah und den Barent-Colben-Kontaktpersonen, noch zwischen Laskis untergetauchtem und möglicherweise mythischen Nazi und dem ganzen Irrsinn, der sich in Washington abspielte, aber etwas war im Gange.
    Cohen würde herausfinden, was das war, und wenn der Direktor Einwände hatte, na und.
    Cohen hatte eine einzige kleine Tasche mitgebracht, aber nicht bei sich, weil sich seine 45er Automatik darin befand. Die Flugsicherung

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