Kraft des Bösen
die schreckliche Narbe an seinem linken Arm, die verblaßte Tätowierung. Als er sprach, klang seine Stimme leiser, aber nicht ruhiger; er hatte die Leidenschaft lediglich besser unter Kontrolle. »Natalie, dieses ganze Jahrhundert war ein miserables Melodram, das von drittklassigen Autoren auf Kosten der Seelen und Leben anderer Menschen geschrieben wurde. Wir können es nicht verhindern. Selbst wenn wir diesen ... diesen Verirrungen ein Ende bereiten, wird der Scheinwerfer lediglich auf einen anderen aasfressenden Schauspieler in dieser brutalen Farce gerichtet werden. Gewalttaten werden Tag für Tag von Menschen ohne diese absurde übersinnliche Begabung vollbracht ... Menschen, die Macht in Form von Gewalt ausüben, weil sie sich durch Geburt oder Position dazu berufen fühlen, und sie machen es mit Kugeln oder Knüppeln oder Messerklingen ... aber bei Gott, diese Dreckskerle haben unseren Familien Schaden zugefügt, unseren Freunden, und wir werden sie aufhalten.« Saul verstummte, stützte sich auf die Hände und senkte den Kopf. Schweiß tropfte auf den Tisch.
Natalie strich ihm über die Hand. »Saul«, sagte sie leise, »ich weiß. Es tut mir leid. Wir sind sehr müde. Wir müssen schlafen.«
Er nickte, tätschelte ihre Hand und rieb sich die Wangen. »Schlafen Sie ein paar Stunden. Ich lege mich auf der Pritsche im Beobachtungszimmer hin. Ich habe die Sensoren so eingestellt, daß sie Alarm geben, wenn Harod aufwacht. Mit etwas Glück können wir beide sieben Stunden schlafen.«
Natalie schaltete das Licht aus und ging mit ihm zum Fuß der Treppe. Als sie nach oben gehen wollte, blieb sie stehen und sagte: »Das bedeutet, wir müssen auf jeden Fall mit dem nächsten Teil weitermachen, richtig? Charleston?«
Saul nickte müde. »Ich glaube schon. Ich sehe keine andere Möglichkeit. Tut mir leid.«
»Schon gut«, sagte Natalie, obwohl ihre Haut vor Angst kribbelte, wenn sie daran dachte, was vor ihnen lag. »Ich wußte, daß es soweit kommen würde.«
Saul sah zu ihr auf. »Es muß nicht zwangsläufig so sein.«
»Doch«, sagte Natalie. Sie ging langsam die Treppe hinauf und flüsterte den nächsten Satz nur zu sich selbst: »Doch, das muß es.«
46. Kapitel
Los Angeles: Freitag, 24. April 1981
Special Agent Richard Haines benützte ein Zerhackertelefon des Bureau, um sich mit Mr. Barents Kommunikationszentrum in Palm Springs in Verbindung zu setzen. Er hatte keine Ahnung, wo Barent sich aufhielt, als der Milliardär den Hörer abnahm.
»Richard, was haben Sie zu berichten?«
»Nicht viel, Sir«, sagte Haines. »Das Bureau hat das hiesige israelische Konsulat überwacht - eine Formsache -, aber sie haben keine Unterlagen darüber, daß Cohen entweder das Konsulat oder das Importbüro besucht hat, das in Los Angeles als Tarnzentrale für Mossad-Agenten im Land dient. Wir haben einen Kontaktmann in ihrer Organisation, und der schwört, daß Cohen nicht geschäftlich hier war.«
»Mehr haben Sie nicht?«
»Nicht ganz. Wir haben das Hotel in Long Beach überprüft und festgestellt, daß Cohen dort war. Der Tagportier sagte, daß Cohen am Tag seiner Ankunft einen Mietwagen gefahren hat - am Donnerstag, dem sechzehnten -, aber einen Lieferwagen - der Mann war ziemlich sicher, daß es sich um einen Ford Econoline handelte -, als er am Montagvormittag wieder abgereist ist. Eines der Zimmermädchen hat sich erinnert, daß mehrere große Kartons - fast Kisten, sagte sie - am Samstag und Sonntag in seinem Zimmer standen. Sie sagte, auf einer klebte das Etikett Hitachi.«
»Elektronikausrüstung?« sagte Barent. »Beobachtungsgeräte?«
»Möglich«, sagte Haines, »aber der Mossad stellt solche Ausrüstung für gewöhnlich, ohne sie über die Straße zu kaufen.«
»Was ist, wenn Cohen auf eigene Faust gearbeitet hat ...
oder für jemand anderen?«
»Wir gehen momentan von dieser Vermutung aus«, sagte Haines.
»Konnten Sie herausfinden, ob sich Willi Borden in der Gegend aufgehalten hat?«
»Nein, Sir. Wir haben sein Haus wieder überwacht - es wurde noch nicht verkauft -, aber keine Spur von ihm oder Reynolds oder Luhar entdeckt.«
»Was ist mit Harod?«
»Nun, es ist uns nicht gelungen, ihn ausfindig zu machen.«
»Was soll das heißen, Richard?«
»Nun, Sir, wir haben Harod seit einigen Wochen nicht mehr überwacht, wir haben gestern und heute versucht anzurufen, aber seine Sekretärin hat gesagt, er wäre weg und sie wüßte nicht, wo er ist. Wir haben heute Leute hingeschickt, aber
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