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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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wie lange?« rief Saul dem Piloten zu. Saul saß auf dem rechten Vordersitz, Natalie hinter ihm. Die große, in Plastik gewickelte Tasche lag zu ihren Füßen.
    Daryl Meeks sah Saul an, dann über die Schulter Natalie. »Etwa eineinhalb Stunden«, rief er. »Etwas länger, wenn der Wind aus Südost zunimmt.«
    Der Charterpilot sah noch genau so aus wie vor sieben Monaten, als Natalie ihn auf der Veranda von Rob Gentrys Haus kennengelernt hatte; er trug eine billige Plastiksonnenbrille, Seemannsstiefel, abgeschnittene Jeans und ein Sweatshirt mit dem verblichenen Schriftzug WABASH COLLEGE. Natalie fand immer noch, daß Meeks wie eine jüngere, langhaarige Version von Morris Udall aussah.
    Natalie hatte sich an Meeks’ Namen und die Tatsache erinnert, daß Rob Gentrys alter Freund Charterpilot war, danach war nur ein Blick in die Gelben Seiten erforderlich gewesen, um sein Büro auf einem kleinen Flughafen nördlich von Mt. Pleasant zu finden, gegenüber von Charleston auf der anderen Seite des Flusses. Meeks hatte sich an sie erinnert, und nachdem sie ein paar Minuten geschwatzt hatten, weitgehend Anekdoten gemeinsamer Erinnerungen an Rob, hatte er eingewilligt, mit ihr und Saul einen Rundflug über Dolmann Island zu machen. Offenbar hatte er ihren Vorwand geschluckt, daß Natalie und Saul einen Artikel über den geheimnisumwitterten Milliardär C. Arnold Barent schreiben wollten, und Natalie war sicher, daß der Pilot ihnen weniger als seinen üblichen Preis abverlangte.
    Der Tag war warm und wolkenlos. Natalie konnte sehen, wo die helleren Küstengewässer an einem hundert Meilen langen Abschnitt unregelmäßiger Küste in die blaupurpurnen Tiefen des Atlantiks übergingen, ebenso die Grün- und Brauntöne von South Carolina, die sich im Südwesten im Hitzeflimmern des Horizonts verloren. Sie sprachen kaum etwas während des Flugs, Saul und Natalie hingen ihren eigenen Gedanken nach, und Meeks war emsig mit gelegentlichen Funksprüchen an die Flugkontrolle beschäftigt und ansonsten offenbar rundum zufrieden, an so einem wunderschönen Tag in der Luft zu sein. Als die Flugroute sie weiter über das Meer hinausführte, deutete er auf zwei ferne Schlieren im Westen. »Die große Insel ist Hilton Head«, sagte er lakonisch. »Bevorzugtes Reiseziel der High-Society. Ich war noch nie dort. Der andere Flecken ist Parris Island, Marinestützpunkt. Ein paar Polizeieinsätze früher haben mir dort einmal einen kostenlosen Urlaub verpaßt. Damals wußten sie, wie man innerhalb von zehn Tagen aus Jungs Männer und aus Männern Roboter machen konnte. Wissen sie immer noch, soweit ich gehört habe.«
    Südlich von Savannah flogen sie wieder Richtung Küste und sahen langgestreckte Flächen von Sand und Grün, die Meeks als die Inseln St. Catherines, Blackbeard und Sapelo identifizierte.
    Er schwenkte nach links, stabilisierte bei einem Steuerkurs von 112 Grad und deutete auf einen weiteren Flecken ein paar Meilen weiter draußen im Meer. »Dassa is Dolmann Island«, sagte Meeks in einem verballhornten Piratentonfall.
    Natalie bereitete ihre Kamera vor, eine neue Nikon mit 300- mm-Objektiv, hielt sie an das Seitenfenster und stützte sie mit einem Stativ. Sie benützte einen hochempfindlichen Film. Saul legte Notizbuch und Block auf den Schoß und blätterte durch Karten und Diagramme, die er aus Jack Cohens Dossier hatte.
    »Wir kommen von Norden rein«, rief Meeks. »Kommen auf der Meerseite runter, wie ich gesagt habe, und kreisen dann einmal, damit wir uns das alte Haus ansehen können.«
    Saul nickte. »Wie nahe können Sie uns ranbringen?«
    Meeks grinste. »Die sind richtig empfindlich da draußen. Rechtlich gesehen ist der nördliche Teil der Insel ein großer Naturpark, bedeutender Küstenflugstreifen und so weiter, daher ist der Luftraum streng reglementiert. Tatsache ist, das Ganze gehört der großen Stiftung Heritage West, und die bewacht es wie einen russischen Militärstützpunkt. Einmal darüber hinweggeflogen, und sobald man irgendwo an der Küste landet, reißt die CAB einem den Arsch auf und zieht den Pilotenschein ein, sobald sie die Registriernummer bestätigt haben.«
    »Haben Sie getan, worüber wir gesprochen haben?« rief Saul.
    »Woll«, sagte Meeks. »Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, aber eine Menge Ziffern bestehen aus rotem Klebeband. Wird das Band entfernt, haben wir ruckzuck eine andere Registriernummer. Okay, sehen Sie hier.« Er deutete auf ein großes Boot mit hohen Masten, das

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