Kraft des Bösen
langsam eine Meile vor der Insel Richtung Norden fuhr. »Das ist eines ihrer Wachboote. Radar. Sie lassen auch Schnellboote patrouillieren, und wenn ein armer Teufel meint, er kann einen Ausflug nach Dolmann Island machen, um ein Picknick zu veranstalten und Vögel zu beobachten, steht ihm der Schock seines Lebens bevor.«
»Wie ist es im Juni, wenn dieses Sommerlager stattfindet?« fragte Saul.
Meeks lachte. »Dann kommen die Küstenwache und die Marine ins Spiel«, sagte er. Nichts kommt auf dem Seeweg auch nur in die Nähe von Dolmann, was keine Einladung hat. Gerüchte besagen, daß die Firma bewaffnete Jetturbinenhelikopter von der Startbahn im Westen starten lassen kann, die ich Ihnen noch zeigen werde. Freunde haben mir gesagt, sie zwingen jedes Kleinflugzeug zur Landung, das versucht, näher als drei Meilen ranzukommen. Okay, da ist der Nordstrand. Das ist der einzige Sandstreifen, abgesehen vom Badestrand beim Haus und dem Sommerlager.« Meeks drehte sich um und sah Natalie an. »Ich hoffe, Sie sind bereit, Ma’am. Auf dieser Seite wird das mit Sicherheit ein einmaliger Ausflug.«
»Bereit!« rief Natalie. Sie fing an, Bilder zu schießen, während sie in einer Höhe von hundertzwanzig Metern eine Viertelmeile vom Strand entfernt flogen. Sie war dankbar für den automatischen Transport und den extragroßen Film, für die sie normalerweise keine Verwendung gehabt hätte.
Sie und Saul hatten Cohens Karten von der Insel studiert, aber die Wirklichkeit war interessanter, selbst wenn sie als Wirbel von Palmen, Klippen und undeutlichen Einzelheiten vorbeirauschte.
Dolmann Island war typisch für die Korallen- und Meeresinseln, die man normalerweise dichter bei der Küste fand; die Insel, ein ungefähres L, das sich fast exakt von Norden nach Süden erstreckte, maß 6,8 Meilen in der Länge und 2,7 Meilen in der Breite, am Ansatz, doch dicht oberhalb der Stelle, wo sich das Land von der Basis des Ls Richtung Norden krümmte, verjüngte sie sich zu weniger als einer halben Meile.
Jenseits des langen, weißen Strands an der nördlichen Spitze der Insel konnte man an der Ostküste Marschen, Sümpfe und verwilderte subtropische Wälder erkennen, die das nördliche Drittel für sich beanspruchten. Hektisches Flattern weißer Flügel, die von Palmen und Zypressen aufstiegen, deutete darauf hin, daß Silberreiher in großer Zahl in diesem vorgeblichen Naturschutzparadies hausten. Natalie verknipste den Film, so schnell der automatische Transport es zuließ, und erblickte flüchtig verbrannte Steinruinen im Unterholz unmittelbar südlich von einer Felsenspitze.
»Mehr ist nicht mehr von dem alten Sklavenkrankenhaus übrig«, rief Saul und machte eine Markierung auf der Karte. »Der Urwald hat die Dubose-Plantage dahinter verschluckt. Irgendwo muß ein Sklavenfriedhof sein ... sehen Sie, da ist die Sicherheitszone!«
Natalie nahm das Auge vom Bildsucher. Das Land war angestiegen, als sie sich der Basis des Ls genähert hatten; der Wald sah immer noch so dicht aus, daß er undurchdringlich schien, aber inzwischen sah man neben Palmen und Tropengewächsen auch Eichen, Zypressen und Pinien. Vor ihnen sah sie eine Reihe flacher, halb im Boden versenkter Betongebäude, die aussahen wie die Bunker an der Küste der Normandie, eine Asphaltstraße, die schwarz und gerade zwischen den Palmen verlief, und dann ein hundert Meter breites Areal zwischen hohen Zäunen, einen Streifen bar jeglicher Vegetation, der sich über die gesamte Breite der Insel zog. Es sah aus, als wäre der Boden mit scharfkantigen Muscheln gepflastert. Natalie drehte das lange Objektiv und machte Fotos.
Meeks zog den Kopfhörer ab. »Herrje, Sie sollten hören, was der Typ auf diesem Radarboot alles schreit. Zu dumm, daß mein Funkgerät kaputt ist.« Er sah Saul grinsend an.
Sie näherten sich dem Ost-West-Abschnitt der Insel, und Meeks drehte hart ab, damit er nicht direkt darüber hinwegflog.
»Höher!« rief Saul.
Sie stiegen höher. Jetzt hatte Natalie bessere Sicht. Sie wechselte die Kamera, nahm die Ricoh mit dem Weitwinkelobjektiv und knipste manuell, wobei sie den Film, so schnell sie konnte, weitertransportierte und zwischendurch ans linke Fenster stürzte, damit sie auch ein paar Aufnahmen von dem langen Küstenstreifen machen konnte, der sich in die Richtung erstreckte, aus der sie gekommen waren.
Die Nordseite der Basis des Ls sah wie eine völlig andere Insel aus: Eichen- und Pinienwälder südlich der Sicherheitszone, das Land stieg
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