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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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auf der fernen Südseite sanft zu bewaldeten Hügeln sechzig Meter über Meereshöhe an, und Spuren von wohlüberlegter Bebauung waren zu erkennen. Die Straße führte an der Küste entlang, ein vollkommen glattes Band aus Asphalt im Schatten von Palmen und uralten Eichen. Man konnte grüne Dächer zwischen den Bäumen sehen sowie einen Kreis Bänke auf einer grasbewachsenen Lichtung, die in Sicht kam, als sie eine Flughöhe von hundertfünfzig Metern erreicht hatten.
    »Die Schlafsäle des Sommerlagers und das Amphitheater«, rief Saul.
    »Festhalten«, sagte Meeks, worauf sie wieder hart nach links kippten, über die, wie es aussah, purpurne Sichel eines Riffs, damit sie nicht direkt über den künstlichen Hafen und das lange Betondock an der südöstlichen Ecke der Insel fliegen mußten. »Ich glaube nicht, daß sie auf uns schießen würden«, grinste Meeks, »aber wer weiß.«
    Hinter dem Hafen kippten sie scharf nach rechts und folgten dem Verlauf der hohen östlichen Felsenküste. Meeks nickte zu einem Dach weiter südlich, das man gerade noch über einem Baldachin uralter Eichen und farbenfrohen Magnolien am höchsten Punkt der Insel erkennen konnte. »Das ist das Herrenhaus«, sagte er. »War früher die Vanderhoof-Plantage. Der alte Pfarrer hat viel Geld geheiratet. Wurde um 1770 aus Zypressenbrettern gebaut. Da oben über dem zweiten Stock befinden sich einundzwanzig Schlafzimmer, Alles in allem sollen es über hundertzwanzig Zimmer sein. Das Ding hat vier Hurrikane, ein Erdbeben und den Bürgerkrieg überlebt. Hubschrauberlandeplatz auf dieser Seite der Bäume ... dort, auf der Lichtung.«
    Die Cessna kippte wieder nach rechts und ging so tief, daß sie parallel zur Oberkante der weißen Klippen dahinflog, die sechzig Meter ins tosende Meer hinab abfielen. Natalie machte fünf Bilder mit dem langen Objektiv und zwei mit dem Weitwinkel. Das Herrenhaus war durch einen langen, grünen Korridor von Eichen zu sehen; ein großes, verwittertes Gebäude inmitten einer gepflegten Rasenfläche von einer Viertelmeile Länge, die bis zum Rand der Klippen verlief.
    Saul sah auf seine Karte und sah blinzelnd zu den Dächern des Herrenhauses hinauf, als sie hinter den hohen Eichen verschwanden. »Angeblich soll eine Straße - oder ein Weg - von Norden zum Herrenhaus führen .«
    »Live Oak Lane«, sagte Meeks. »Über eine Meile lang, direkt vom Hafen oder dem Stützpunkt auf dem Hügel auf der anderen Seite des Herrenhauses, wo die Gärten sind. Aber keine Straße. Eine grasbewachsene Spur, dreißig Meter breit, zwischen dreißig Meter hohen und zweihundert Jahren alten Eichen. Sie haben dezente Beleuchtung wie Papierlampen in den Bäumen - hab’ sie nachts schon aus zehn Meilen Entfernung gesehen -, sie fahren die VIPs nachts auf der Life Oak Lane zum Herrenhaus, wenn sie eintreffen. Da ist die Landebahn!«
    Sie waren zwei Meilen an der Basis des Ls entlang nach Westen geflogen, und die Klippen waren in eine flache, felsige Küste übergegangen und dann in einen breiten, weißen Strand, als die Landebahn in Sicht kam: eine lange, dunkle Schneise, die in nordöstlicher Richtung in den Wald führte.
    »Wenn sie mit dem Flugzeug kommen, müssen sie auch über die Live Oak Lane«, sagte Meeks. »Nur nicht so weit. Auf dem Ding können Privatflugzeuge bis hin zum Privatjet landen. Wahrscheinlich könnte eine Siebenzwosieben zur Not hier landen. Festhalten.«
    Sie neigten sich steil nach rechts, als sie um die südwestliche Ecke der Insel herumkamen und der Badestrand hinter ihnen verschwand. Vor ihnen wurde die gerade Linie des Ls durch eine zerklüftete Einbuchtung unterbrochen, wo die eingezäunte Sicherheitszone sich landeinwärts über den Isthmus erstreckte. Das hundert Meter breite Nichts wirkte zwischen der üppigen tropischen Vegetation erschreckend: die ins Paradies versetzte Berliner Mauer.
    Nördlich der Sicherheitszone, entlang der westlichen Seite der Insel, war keine Spur von Menschenhand geschaffener Objekte zu sehen, nicht einmal Ruinen, und das Dickicht der Palmen, Pinien und Magnolien erstreckte sich bis zum Ufer.
    »Wie erklären sie die Sicherheitszone?« fragte Saul.
    Meeks zuckte die Achseln. »Soll angeblich den Naturschutzpark vom Privatgrund ab grenzen«, sagte er. »In Wahrheit ist alles Privatbesitz. Während ihres Sommerlagers - alberner Name, nicht? - haben sie scharenweise Premierminister und Ex-Präsidenten hier. Sie halten die wichtigen Leute südlich von der Linie, was die Bewachung

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