Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
Harod konnte ihn nur angaffen, als sie einander die Hände schüttelten, und Willi sagte: »Sie sehen, mein Freund Tony, das Paradies ist eine Insel.« Barent war mehr als freundlich, als er Willis Hand zur Begrüßung schüttelte und den Ellbogen des Produzenten ergriff, als würde er einen hochgestellten Politiker führen. Willi trug Abendkleidung: schwarze Krawatte und Frack.
    »Ein längst überfälliges Vergnügen«, sagte Barent grinsend, ohne Willis Hand loszulassen.
    »Ja «, sagte Willi, »so ist es.«
    Die Gruppe fuhr in einem Konvoi von Golfcarts zum Herrenhaus und sammelte unterwegs Gesinde und Leibwächter ein. Maria Chen begrüßte Willi im großen Saal, küßte ihn auf jede Wange und sah ihn strahlend an. »Bill, wir sind so froh, daß Sie wieder da sind. Wir haben Sie schrecklich vermißt.«
    Willi nickte. »Ich habe Ihre Schönheit und Ihren Scharfsinn auch vermißt, meine Liebe«, sagte er und küßte ihre Hand. »Sollten Sie Tonys schlechte Manieren je satt haben, überlegen Sie bitte mein Stellenangebot.« Seine blassen Augen funkelten.
    Maria Chen lachte und drückte seine Hand. »Ich hoffe, wir werden bald wieder zusammenarbeiten«, sagte sie.
    »Ja, möglicherweise sehr bald«, sagte Willi und ergriff ihren Arm, worauf sie Barent und den anderen in den Speisesaal folgten.
    Das Abendessen bestand aus einem Bankett, das bis nach neun Uhr dauerte. Es saßen mehr als zwanzig Personen am Eßtisch - Harod hatte als einziger nur eine Vertraute mitgebracht -, aber hinterher, als Barent sie ins Spielzimmer im leerstehenden Westflügel führte, waren sie nur zu fünft.
    »Wir fangen doch nicht etwa sofort an, oder?« fragte Harod aufgeschreckt. Er hatte keine Ahnung, ob er die Frau >benützen< konnte, die er aus Savannah mitgebracht hatte, und die anderen Surrogate hatte er nicht einmal gesehen.
    »Noch nicht«, sagte Barent. »Es entspricht dem Brauch, die Geschäfte des Island Club im Spielzimmer zu erörtern, bevor die Surrogate für das Spiel heute abend ausgewählt werden.«
    Harod sah sich um. Der Raum war eindrucksvoll: teils Bibliothek, teils viktorianischer englischer Club und teils Aufsichtsratssitzungssaal: zwei Bücherwände mit Galerien und Leitern, Ledersessel mit sanft leuchtenden Leselampen, separate Snooker- und Pool-Tische und - bei der rückwärtigen Wand ein gewaltiger runder, grüngebeizter Tisch, der von einer einzigen hängenden Lampe erhellt wurde. Fünf lederbespannte Ohrensessel standen im Schatten um diesen Tisch herum.
    Barent drückte einen Knopf an einer versenkten Konsole, worauf schwere Vorhänge lautlos zurückglitten und ein neun Meter langes Fenster enthüllten, von dem man Ausblick auf Gärten im Flutlicht und den langen Tunnel der Live Oak Lane hatte. Harod war überzeugt, daß das leicht polarisierte Glas von außen undurchsichtig und kugelsicher sein würde.
    Barent hielt die Hand mit nach oben gekehrter Hindfläche hoch, als wollte er Willi Borden den Raum nebst Ausblick präsentieren. Willi nickte und nahm auf dem ersten Ledersessel Platz. Die Deckenbeleuchtung verwandelte sein Gesicht in eine zerfurchte Maske, die Augen in dunkle Höhlen.
    »Ja, sehr hübsch«, sagte er. »Wessen Platz ist das?«
    »Es war ... äh ... der von Mr. Trask«, sagte Barent. »Eigentlich ist es nur recht und billig, daß der jetzt Ihnen…
    Die anderen setzten sich, Sutter wies Harod den richtigen Sessel zu. Harod versank in dem alten, luxuriösen Leder, faltete die Hände auf der gebeizten Tischplatte und dachte an Charles Colbens Leichnam, der drei Tage Futter für die Fische gewesen war, bis sie ihn in den dunklen Wassern des Schuylkill River gefunden hatten. »Kein schlechtes Clubhaus«, sagte er. »Was machen wir jetzt - den geheimen Bruderschwur lernen und Fahrtenlieder singen?«
    Barent kicherte nachsichtig und sah sich in dem Kreis um. »Die siebenundzwanzigste jährliche Versammlung des Island Club ist hiermit eröffnet«, sagte er. »Gibt es irgendwelche Angelegenheiten, die diskutiert werden müßten?« Schweigen. »Neue Entwicklungen, mit denen wir uns heute abend beschäftigen müssen?«
    »Gibt es weitere Plenarsitzungen, bei denen neue Entwicklungen diskutiert werden können?« fragte Willi.
    »Selbstverständlich«, sagte Kepler. »In dieser Woche kann jeder jederzeit eine Sitzung einberufen, es sei denn, es ist tatsächlich ein Spiel im Gange.«
    Willi nickte. »In diesem Fall werde ich meine neuen Angelegenheiten auf eine spätere Sitzung verschieben.« Er lächelte

Weitere Kostenlose Bücher