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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gebracht hat«, sagte Barent. »Ich nehme an, die sind für persönliche Zwecke vorbehalten, Tony?«
    »Ja«, sagte Harod.
    Kepler kam näher und ergriff Harods Ellbogen. »Jimmy hat mir gesagt, daß einer davon ein Mann ist, Tony. Ändern Sie Ihre Vorlieben, oder ist das ein spezieller Freund von Ihnen?«
    Harod betrachtete Joseph Keplers perfekte Frisur, die perfekten Zähne und die perfekte Bräune und überlegte sich allen Ernstes, ob er diese Perfektion nicht ein wenig zunichte machen sollte. Er sagte nichts.
    Willi zog eine Braue hoch. »Ein männliches Surrogat, Tony? Ich bin nur ein paar Wochen weg, und schon setzen Sie mich in Erstaunen. Wo ist dieser Mann, den Sie benützen möchten?«
    Harod sah den alten Produzenten an, konnte aber keine Botschaft aus Willis Antlitz entnehmen. »Irgendwo da unten«, sagte er und gestikulierte unbestimmt die ganze Länge des Flurs entlang.
    Die Gruppe verteilte sich und inspizierte Leiber wie die Preisrichter einer Hundeausstellung. Entweder hatte jemand die Gefangenen gewarnt, daß sie sich ruhig verhalten sollten, oder aber die Anwesenheit der fünf unterdrückte jedes Geräusch unverzüglich, denn einzig und allein die Echos von Schritten und ein widerliches Tröpfeln von Wasser aus der dunkelsten, unbenutzten Ecke des uralten Tunnels waren zu hören.
    Harod war nervös und ging auf der Suche nach den beiden, die er von Savannah mitgebracht hatte, von Nische zu Nische. Spielte Willi schon wieder mit ihm, oder hatte er die Lage doch falsch eingeschätzt? Nein, gottverdammt, es ergab keinen Sinn, daß einer der anderen ihn speziell konditionierte Surrogate auf die Insel schmuggeln ließ. Es sei denn, Kepler oder Sutter führten etwas im Schilde. Oder Barent spielte ein ganz besonders hinterhältiges Spiel. Oder es war einfach eine Falle, um ihn in Mißkredit zu bringen.
    Harod fühlte sich elend. Er hastete den Korridor entlang, betrachtete blasse, ängstliche Gesichter hinter Gitterstäben und fragte sich, ob sein eigenes auch so entsetzt aussehen mochte.
    »Tony«, sagte Willi, der zwanzig Schritte entfernt im Tunnel stand. Seine Stimme hatte einen herrischen Unterton. »Ist das hier Ihr männliches Surrogat?«
    Harod ging zu ihm und betrachtete den Mann, der in der Nische in Brusthöhe lag. Die Schatten waren dunkel, graue Stoppeln bedeckten die eingefallenen Wangen des Mannes, aber Harod war sicher, daß es sich um den Mann handelte, den er von Savannah mitgebracht hatte. Was zum Teufel führte Willi im Schilde?
    Willi lehnte sich dichter an die Gitterstäbe. Der Mann sah mit nach dem Erwachen geröteten Augen heraus. Etwas, das über ein bloßes Wiedererkennen hinausging, schien sich zwischen den beiden abzuspielen. »Willkommen in der Hölle, mein Bauer «, sagte Willi zu dem Mann.
    »Geh zum Teufel, Standartenführer«, sagte der Gefangene zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Willi lachte, daß es in dem schmalen Korridor hallte, und da wußte Harod, daß er vollkommenen Mist gebaut hatte.
    Es sei denn, Willi führte ihn an der Nase herum.
    Barent, dessen geföntes graues Haar sanft im Licht einer kahlen 60-Watt-Glühbirne schimmerte, kam zu ihnen. »Was ist denn so komisch, meine Herren?«
    Willi schlug Tony auf die Schulter und lächelte Barent an. »Ein kleiner Scherz, den mir mein Protege erzählt hat, C. Arnold. Nichts weiter.«
    Barent sah beide an, nickte und ging weiter durch den schmalen Korridor.
    Willi, der immer noch Harods Schulter hielt, drückte zu, bis Harod vor Schmerzen das Gesicht verzog. »Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun, Tony«, zischte Willi. »Wir sprechen uns später.« Willi drehte sich um und folgte Barent und den anderen zum Sicherheitskomplex.
    Harod betrachtete erschüttert den Mann, den er todsicher für Willis Handlanger gehalten hatte. Der nackte Mann, dessen Gesicht fast von den Schatten verschluckt wurde, lag auf dem Steinsims hinter den Gitterstäben und sah alt, gebrechlich und von Alter und schweren Zeiten fast ausgelaugt aus. Eine auffällige Narbe verlief an seinem linken Unterarm, die Rippen waren deutlich zu sehen. Auf Harod machte der alte Mann einen harmlosen Eindruck; der einzige Eindruck einer Bedrohung ging von dem deutlich sichtbaren Trotz aus, der in den großen, traurigen Augen schwelte.
    »Tony«, rief Reverend Jimmy Wayne Sutter, »beeilen Sie sich, und wählen Sie Ihre Surrogate. Wir wollen ins Herrenhaus zurück und mit unserem Spiel anfangen.«
    Harod nickte, warf einen letzten Blick auf den Mann

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