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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Königsläufers drei ankam. Als Barent die Kontrolle lockerte, zuckten Keplers Muskeln deutlich vor Erleichterung, und ein leises Plätschern ertönte, als Urin das Hosenbein des Mannes durchnäßte und auf die dunkle Fliese floß.
    »Bitte stehen Sie auf, Joseph«, sagte Barent leise. »Wir möchten mit dem Spiel anfangen.«
    Kepler rappelte sich auf die Knie hoch, sah den Milliardär einen Augenblick betroffen an und blieb dann stumm auf zitternden Beinen stehen. Blut und Urin hatten die Vorderseite seiner teuren italienischen Hose besudelt.
    »Werden Sie uns alle auf diese Weise benützen, Bruder Christian?« fragte Jimmy Wayne Sutter. Der Fernsehprediger stand am Rand des improvisierten Schachbretts, und das Licht der Deckenspots schimmerte auf seinem dichten weißen Haar.
    Barent lächelte. »Ich sehe keinen Grund, überhaupt jemanden zu benützen, James«, sagte er. »Vorausgesetzt, er wird nicht bei der Beendigung dieses Spiels hinderlich. Sie, Herr Borden?«
    »Nein «, sagte Willi. »Komm her, Sutter. Als mein Läufer bist du der einzige überlebende Spielstein, abgesehen von König und Bauern. Komm, nimm deinen Platz hier neben dem leeren Feld meiner Dame ein.«
    Sutter hob den Kopf. Schweiß hatte seine Seidenjacke durchnäßt. »Habe ich eine Wahl?« fragte er. Seine kanzelerprobte Stimme klang heiser und abgehackt.
    »Nein«, sagte Willi. »Du mußt spielen. Komm.«
    Sutter drehte sich zu Barent um. »Ich meine eine Wahl, auf welcher Seite ich diene«, sagte er.
    Barent zog eine Braue hoch. »Sie haben Herrn Borden lange und treu gedient«, sagte er. »Würden Sie jetzt die Seiten wechseln, James?«
    »>Ich finde keinen Gefallen am Tod der Bösen««, sagte Su t ter. »»Glaubet an den Herrn Jesus Christus, und ihr sollt erlöst werden.< Johannes 3. 16, 17.«
    Barent kicherte und rieb sich das Kinn. »Herr Borden, es scheint, als möchte Ihr Läufer gern überlaufen. Haben Sie Einwände dagegen, daß er das Spiel auf Seite der Schwarzen beendet?«
    Der Standartenführer ließ den verdrossenen Gesichtsausdruck eines Kindes erkennen. »Nehmen Sie ihn und hol Sie der Teufel«, sagte er. »Ich brauche die fette Tunte nicht.«
    »Kommen Sie«, sagte Barent zu dem schwitzenden Prediger, »Sie sollen zur linken Hand des Königs stehen, James.« Er deutete auf eine weiße Fliese ein Feld von der Eröffnungsposition des schwarzen Königsbauern entfernt.
    Sutter nahm seinen Platz auf dem Spielfeld neben Kepler ein.
    Saul gönnte sich einen Funken Hoffnung, das Spiel könnte seinen Lauf nehmen, ohne daß die Gedankenvampire ihre Kräfte bei den Bauern einsetzten. Daß es noch dauern könnte, bis sich der Standartenführer entschloß, in Sauls Verstand einzudringen.
    Der Standartenführer beugte sich auf seinem Stuhl nach vorn und lachte leise. »Da mir mein fundamentalistischer Verbündeter nicht mehr zur Verfügung steht«, sagte er, »möchte ich mir gerne die Freude machen und meinen alten Bauern in den Rang eines Läufers erheben. Bauer, verstehst du? Komm, Jude, nimm deinen Platz ein.«
    Bevor man ihm nachhalf, schritt Saul rasch über das Spielbrett zu dem schwarzen Quadrat in der ersten Reihe. Er war keine drei Meter von dem Standartenführer entfernt, aber Luhar und Reynolds standen zwischen ihnen, während eine Schar von Barents Wachen jeden Schritt im Auge behielt, den er machte. Seine Verletzungen bereiteten Saul jetzt große Schmerzen - sein linkes Bein war steif und tat weh, die Schulter schien eine entzündete Masse zu sein -, aber er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, als er auf seinen Platz ging.

»Wie in alten Zeiten, Bauer, hm?« sagte der Standartenführer auf deutsch. »Entschuldigung«, fügte er hinzu, »ich meine Herr Läufer.« Der Standartenführer grinste. »Rasch jetzt, ich habe noch drei Bauern. Jensen auf K1, bitte, Tony auf DT3. Tom wird mir auf DS5 als Bauer dienen.«
    Saul sah, wie Luhar und Reynolds ihre Plätze einnahmen. Harod blieb stehen, wo er war. »Ich habe keine Ahnung, wo DT3 ist«, sagte er.
    Der Standartenführer winkte ungeduldig. »Das zweite Quadrat vor der Fliese meines Dameturms«, schnappte er. »Schnell .«
    Harod blinzelte und schlurfte zu dem schwarzen Feld auf der linken Seite des Spielfelds.
    »Stellen Sie Ihre letzten drei Bauern auf«, sagte der Standartenführer zu Barent.
    Der Milliardär nickte. »Mr. Swanson, wenn Sie so freundlich wären. Bitte neben Mr. Kepler.« Der schnurrbärtige Wachmann sah sich um, legte die automatische Waffe weg und

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