Krafttraining
über Sprinteigenschaften verfügen, braucht eine gute Lauftechnik sowie starke und bewegliche Muskeln und Gelenke. Nur durch wiederholtes Laufen ein und derselben Strecke ist es nicht möglich, diese Eigenschaften zu entwickeln. Als Konsequenz dieser Erkenntnis wurden die Trainingsstrategien geändert. Anstelle vielfacher Wiederholungen einer einzigen Übung wurden viele Hilfsübungen in die Trainingsprogramme aufgenommen, um die sportartspezifischen Eigenschaften zu entwickeln. Das Trainingskonzept wurde grundsätzlich verändert.
Die Frage, die dann auftrat, lautete: Wie können immer effektivere Übungen gefunden werden, um eine bessere Übertragung der Trainingswirkung von der Hilfs- zur Wettkampfübung zu erreichen? Folgende Probleme sind dabei in Betracht zu ziehen:
Ist der Langstreckenlauf eine nutzbringende Übung für Langstreckenschwimmer, für Skilangläufer, Geher, Radsportler oder Ringer?
Um die Ballgeschwindigkeit für scharfe Abwürfe zu erhöhen, empfiehlt ein Trainer dem Werfer im Baseball, Bälle mit unterschiedlichem Gewicht, einschließlich schwerer Bälle, zu werfen. Wie hoch ist das optimale Ballgewicht für das Training?
Ein Konditionstrainer, der das Vorbereitungstraining für eine weit gefächerte Gruppe plant, muss eine Übungsauswahl zur Beinkraftentwicklung treffen. Dabei muss er zwischen verschiedenen Übungsgruppen oder Übungskombinationen wählen. Die Übungsgruppen bestehen aus:
eingelenkigen, isokinetischen Kniebeugungen und -streckungen am Übungsgerät,
entsprechenden eingelenkigen Übungen mit freien Gewichten,
Kniebeugen mit der Scheibenhantel,
isometrischen Beinstreckungen,
Vertikalsprüngen mit Zusatzgewichten (schwere Gewichtsgürtel),
Bergaufläufen und
Läufen mit Bremsschirm.
Welche Übungen sind die effektiveren? Mit anderen Worten, wann ist die Übertragung der Trainingswirkung am größten?
Die Übertragung der Trainingsfortschritte kann auch bei sehr ähnlichen Übungen sehr weit differieren. In einem Experiment führten zwei Gruppen isometrische Kniestreckungen bei unterschiedlichen Gelenkwinkeln von 70° und 130° durch (vollständige Kniestreckung 180°). Der maximale Kraftwert F m war ebenso wie der Kraftzuwachs Δ F m bei den verschiedenen Gelenkwinkeln unterschiedlich (Abb. 1.3 a und b).
Der Kraftzuwachs war auch bei den verschiedenen Gelenkpositionen der beiden Gruppen unterschiedlich. Für die Probanden der ersten Gruppe, die bei einem Kniegelenkwinkel von 70° trainierten ( s. Abb. 1.3 a ), war die Kraftzunahme in allen Gelenkpositionen etwa gleich groß. Die Übertragung der Trainingswirkung von der trainierten Körperhaltung (70°) auf die untrainierten Positionen (andere Gelenkwinkel) war groß. Bei den Probanden der zweiten Gruppe, die bei einem Kniegelenkwinkel von 130° trainierten ( s. Abb. 1.3 b ), war die Übertragung der Leistungszunahme auf die benachbarten Gelenkwinkel begrenzt: Die Kraftzunahme war bei niedrigen Gelenkwinkeln gering (vergleiche die Kraftzunahmen bei 130° und 90°). Dasselbe traf auf die Kniebeugen zu. In der ersten Gruppe betrug der Kraftzuwachs in der trainierten Körperstellung 410 ± 170 N und bei der Kniebeuge 11,5 ± 5,4 kg. Bei der zweiten Gruppe wurde ein Kraftzuwachs in der trainierten Körperstellung von 560 ± 230 N festgestellt, allerdings verbesserte sich, ungeachtet dieser großen Zunahme, die Kniebeugeleistung nur um 7,5 ± 4,7 kg. Die Kraftzunahme war in der zweiten Gruppe in der trainierten Körperstellung größer (560 ± 230 N gegenüber 410 ± 170 N), aber die Leistungsverbesserung in der Kniebeuge war geringer (7,5 ± 4,7 kg gegenüber 11,5 ± 5,4 kg), verursacht durch einen minimalen Transfer der Trainingswirkung.
Da Leistungen in verschiedenen Übungen unterschiedlichen Modalitäten unterliegen (Kraft, Zeit, Weg) und damit nicht direkt vergleichbar sind, sollte eine dimensionslose Einheit benutzt werden, um die Übertragung der Trainingswirkung beurteilen zu können. Solch eine Einheit stellt der Leistungszuwachs dar, ausgedrückt in Standardabweichungen:
Wenn beispielsweise die mittlere Leistung einer Gruppe 60 ± 10 kg beträgt (Mittelwert ± Standardabweichung), und ein Sportler hat durch das Training einen Leistungszuwachs von 15 kg zu verzeichnen, so beträgt dessen Energieverbesserung 15/10 oder 1,5 Standardabweichungen.
Abb. 1.3: Veränderungen durch Krafttraining in zwei Trainingsgruppen. Die vertikalen Pfeile zeigen die Gelenkwinkel an, in denen unter isometrischen Bedingungen trainiert
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