Kraftvolle Visionen gegen Burnout und Blockaden
wie sie funktionieren und sich auf unser Befinden auswirken. Nur so wird es möglich sein, ihre Wirkung einzudämmen.
Da gibt es die persönlichen Bilder, die mich erschöpfen: das Bild des Perfektionisten, das Bild des Ehrgeizigen, das Bild des »Allen-alles-Rechtmachens«. Es können Bilder sein, die zu groß für mich sind. Der Schweizer PsychiaterDaniel Hell, der intensiv zu Depressionen geforscht hat, sagt, die Depressionen – und Burnout hat oft mit depressiven Aspekten zu tun – seien oft ein Hilfeschrei der Seele vor zu großen Bildern, die wir von uns haben. Er meint damit etwa das Bild, dass wir immer perfekt sein müssen, immer gut drauf, immer cool, oder die Vorstellung, dass wir immer erfolgreich sein müssen, immer alles im Griff haben, immer alles positiv sehen müssen. Wenn wir mit zu großen Bildern von uns an die Arbeit gehen, dann leben wir letztlich immer unter Hochspannung. Wir sind immer in der Angst, abzustürzen, das große Bild doch nicht verwirklichen zu können. Oft werden solche Bilder aber geradezu erwartet: Der immer leistungsbereite, allzeit verfügbare, umfassend kreative und belastbare Arbeitnehmer – dieses Bild wird als gesuchtes Ideal in Stellenanzeigen gezeichnet.
Es allen recht machen wollen
Das Bild, es allen recht machen zu wollen, kommt meistens aus der eigenen Lebensgeschichte. In der Familie wurde man nur anerkannt, wenn man es allen recht machen konnte oder wollte. In der Familie ist dieses Bild eines angepassten Lebens durchaus lebbar. Man bringt die Wünsche der Eltern und der Geschwister einigermaßen zusammen. Doch schon in der Schule führt dieses Bild oft in Konflikte. Ich erinnere mich an eine Schülerin, die sehr erfolgreich war – und plötzlich zur Schulversagerin wurde. Es begann ganz »normal«: Sie lernte gern und schrieb guteNoten. Sie wollte es allen recht machen: den Lehrern, den Eltern und den Mitschülern. Doch in diesem erweiterten Anspruchsfeld ging die Rechnung irgendwann nicht mehr auf. Die Erwartungen der Eltern und der Lehrer gingen einigermaßen in die gleiche Richtung. Doch je mehr sie diese Erwartungen erfüllen wollte, desto mehr wurde sie von ihren Mitschülern als Streberin bezeichnet und abgelehnt. Das führte dazu, dass sie auf einmal alle Lust am Lernen verlor und in ihren Leistungen extrem abfiel. Das Bild, das sie von sich hatte, war nicht aufgegangen. Es hatte sie anfangs angetrieben, dann aber ausgelaugt und ihr alle Kraft genommen. Die Erwartungen der Eltern und der Mitschüler waren zu widersprüchlich. Sie sah keine Chance, beide Erwartungen gleichzeitig zu erfüllen: ein Zustand, der sie innerlich erschöpfte.
Zerrissen von Erwartungen anderer
Von ähnlich destruktiver Kraft ist das Bild: »Hoffentlich erfülle ich alle Erwartungen, die an mich gestellt werden.« Wenn ich die Erwartungen meiner Umgebung erfülle, dann bin ich beliebt und werde anerkannt. Insofern ist das Bild, alle Erwartungen zu erfüllen, auch ein guter Antrieb. Aber zum einen können die Erwartungen zu hoch werden. Sie werden zu einem Druck, der auf mir lastet, und ich habe das Gefühl, ich schaffe es nicht, all diese extremen Erwartungen zu erfüllen. Das lähmt mich und raubt mir die Energie. Bei anderen sind die Erwartungen widersprüchlich. In der Firma sind die Erwartungen der Mitarbeiteranders als die Erwartungen des Chefs. So gerate ich wieder in einen Konflikt. Mein Bild zerreißt mich innerlich. Denn ich kann nicht beide Erwartungen gleichzeitig erfüllen. Und viele, die versuchen, die Erwartungen ihres Chefs und ihrer Arbeitskollegen zu erfüllen, kommen in Konflikt mit den Erwartungen, die die Familie an sie hat.
Dieses Zerrissenwerden durch die verschiedenen Erwartungen kann man in verschiedenen Berufsgruppen gerade bei engagierten Menschen erleben. Bei Lehrern etwa, die zwischen den Vorgaben der Ministerialbürokratie, den Ansprüchen und Erwartungen ehrgeiziger Eltern und den Bedürfnissen der Schüler hin- und hergerissen sind. Ich erlebe diesen inneren Zustand vor allem auch bei Priestern, die ich begleite. Sie arbeiten nicht unbedingt mehr als vor 30 Jahren. Aber wenn sie mehrere Pfarreien versorgen sollen, sehen sie sich den verschiedensten Erwartungen ausgesetzt. Die eine Pfarrei erwartet, dass er sie als Lieblingspfarrei behandelt, die andere hat die gleiche Erwartung. Oft genug sind auch die Erwartungen innerhalb einer Pfarrei verschieden. Da gibt es die konservativen und progressiven Gruppen. Und alle erwarten vom Pfarrer, dass er
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