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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 4
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ob
du
Erfahrung mit Geiselnahmen hättest! Da lachen doch die Hühner!« Petra stemmte beide Hände auf die Hüften. »Mir reicht’s, das mach ich nicht mit. Geld von Banken stehlen ist eins, aber Menschen bedrohen – nee, ohne mich. Ich ergebe mich. Ich hab die Nummer von der Heidi. Vielleicht besucht die mich im Frauenknast. Wär ja irgendwie werbewirksam.«
    Paul ließ sich vollends auf den Steinboden gleiten. Seine eigene Cousine fiel ihm in den Rücken. Sie hatte ja nicht Unrecht: Immer dieses Leben auf der Flucht, das befriedigte ihn auch nicht mehr. Und richtig lukrativ war es ohnehin nicht.
    »Ich will aber Geisel sein!«, verlangte Kevin patzig.
    »Sie können doch nicht einfach das Handtuch werfen«, meinte die hagere Filzträgerin, die sich schon mal prophylaktisch die Lippen nachzog, damit sie gut aussah, wenn sie als Erste nach draußen lief und ihr entsetztes Gesicht in die Kamera hielt.
    Die Mutter von Kevin versetzte ihrem Mann einen Ellbogenstoß in die Rippen. »Ich finde auch, dass Sie sich nicht einfach so ergeben sollten«, stotterte der.
    Die Geiseln sahen ihre Geiselnehmer auffordernd an.
    »Na, wenn Sie meinen«, sagte Paul Pieper und stand auf. »Aber Sie müssen uns bei der Flucht behilflich sein.«
    »Ich glaube, Sie sollten uns fesseln, damit es echter wirkt«, erklärte die Hagere.
    Thea Greif schüttelte nur den Kopf, sagte aber nichts. Verrückte muss man gewähren lassen.
    »Wir haben aber nichts zum Fesseln dabei«, zögerte Paul. Er verspürte das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen. Schließlich war er jetzt nicht einfach nur ein Krimineller, er war Model für einen Künstler. »Das war ja alles so nicht geplant. Wissen Sie, ich bin nämlich kein Gewalttäter, ich ...«
    »Geben Sie die Sanitäter und die Verletzten frei!«, meldete sich da die Megafonstimme von draußen.
    »Wir sollten dann los«, sagte Petra.
Abgang
    »Wir kommen jetzt mit dem Verletzten raus«, rief Petra durch die geöffnete Eingangstür.
    Sie hatten Kevin den Kopf mit Mullbinden umwickelt und noch etwas roten Likör auf ihn geschüttet. Stolz wie Bolle lag Kevin auf der Trage. Sie mussten ihm die Wärmedecke fast ganz über den Kopf ziehen, damit man sein Grinsen nicht sah. Neben ihm unter der Decke lag das zusammengerollte Doppelporträt von Paul Pieper. Zur Erinnerung.
    Pieper zog die Baseballmütze etwas tiefer ins Gesicht und schob die Trage zum Rettungswagen.
    »Oh Gott, ein Kind!«, flüsterte einer der Polizisten betroffen. »Diese Schweine!«
    »Aus dem Weg«, herrschte Petra.
    Sie fuhren exakt in dem Moment los, als ein Mannschaftswagen der schnellen Eingreiftruppe vorfuhr, aus dem durchtrainierte, bis an die Zähne bewaffnete Männer in Kampfanzügen und Springerstiefeln heraushechteten.
    Als sie am
Kleinen Landcafé
vorbeikamen, winkten ihnen von innen die Geiseln zu. Die Hagere puderte sich die Nase.
    Kevin winkte zurück.
    »Wir lassen dich gleich raus, wenn wir um die Ecke sind«, versprach Petra.
    Kevin verschränkte die Ärmchen. »Nix, ihr habt mir ein Eis versprochen. Ich will erst mein Eis, damit das klar ist! Sonst schreie ich!«
    Paul Pieper seufzte. Er würde umsatteln, definitiv. So ein Leben als Krimineller machten seine Nerven nicht mehr mit. Er würde nach Kapstadt auswandern und Weinbauer werden. Jawoll.
    »Vanilleeis, ich will Vanilleeis!«, erklärte Kevin pampig.
    Wie gut, dass die SIG Sauer leergeschossen ist, sonst ..., dachte Paul Pieper. Das heißt, er glaubte, er hätte es nur gedacht, aber offenbar war ihm dieser Gedanke tatsächlich über die Lippen gekommen.
    Petra versetzte ihm nämlich eine Kopfnuss. Und was für eine.
    »Aua!», brummte er.
    Ja, definitiv: Von Kerpen würde es für ihn direkt nach Kapstadt gehen. Für immer!
    »Dauert das noch lange?«, verlangte Kevin ungnädig zu wissen.
    Paul Pieper trat aufs Gas.

Terroir
    C HRISTIAN R IEDEL
    Ich halte meine Nase ins Weinglas. Ich soll Pfirsiche riechen. Ich rieche Wein. Abende wie diese gehören eben zu einer Ehe dazu. Nadja kann sich ihren Chef ja nicht aussuchen. Wie er da sitzt und das Weinglas gegen das Licht hält. Wie ein Arzt, der eine Röntgenaufnahme betrachtet. Dabei schwadroniert er über die französische Küche. Immerhin koche sein Würmchen ganz passabel, sagt er. Würmchen. So nennt er seine Frau, und ich kann nicht anders, als mir sein Esszimmer als einen Tatort vorzustellen. Ich sehe unseren Gastgeber Richard Schmidt, Herausgeber des
Eifeler Boten
und selbsternannten Weinkenner, mit dem Gesicht in

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