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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 4
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»Da komm!«
    Sunshine ließ sich nicht lange bitten, drängte hinaus, setzte ein Bein in die Freiheit und schob Jost beiseite. Die Nachbarpferde steckten die Köpfe aus ihren Boxen und verfolgten neugierig, was sich da mitten in der Nacht auf ihrem Reiterhof abspielte.
    Jost zog dunkle, wollene Kniestrümpfe, Größe 48, aus seinem Rucksack, um sie Sunshine über die Hufen zu ziehen, damit die Hufeisen auf dem Hof keinen Lärm machten. Aber Sunshine machte es Jost nicht leicht, schlug ihm mit dem Schweif ins Gesicht und zappelte mit den Beinen, ließ sich aber mit einem weiteren Zuckerstück ablenken. Während sie kaute, warf Jost eine derbe Wolldecke auf ihren Rücken. Ein Zucken ging über ihr Fell, sie trippelte zur Seite. »Ruhig, ganz ruhig«, flüsterte er, streifte seinen Rucksack über und führte das Pferd vom Hof. Dumpf klopften ihre Hufe auf dem Moßweg. Erst als das Hotel Calluna außer Sichtweite war, schaltete Jost seine Stirnlampe ein.
    Er redete die ganze Zeit auf Sunshine ein, erklärte ihr, wohin die Reise ging. »Du wirst sehen, Sunshine, das wird ein tolles Abenteuer. Und dann beginnt ein ganz neues Leben für dich.« Er lachte leise auf. »Und für mich erst!«
    Unbeeindruckt von diesen Aussichten trottete Sunshine neben ihm her, sie hatte einen seltsamen Gang, schien Probleme mit den Strümpfen zu haben. Als die geteerte Straße in den weichen Boden des Eifelsteigs mündete, zog Jost die Strümpfe von ihren Hufen und warf sie hinter sich ins Gestrüpp.
    »Jetzt geht’s los!«, sagte er und versuchte aufzusitzen. Aber Sunshine hatte vergessen, dass sie eine fügsame Stute war, scheute, scharrte, trippelte hin und her und wehrte sich. Jost, der sich mit Pferden auskannte, der ein erfahrener Reiter war, ein Pferdewirt, ein Reitlehrer sogar, ließ nicht locker, und schließlich gelang es ihm, sich aufzuschwingen.
    Sunshine sprang sofort los, aber er hielt sie zurück. »Brrrrrrr.« Sie antwortete mit einem Schnaufen. Nach ein paar Schritten ließ er die Stricke locker und sie fand bald ihren Rhythmus. »Lauf!«
    Es war ein gutes Gefühl, den warmen Körper unter sich zu spüren, den Geruch von Stall einzuatmen, auf die wehende Mähne zu sehen und zu fühlen, wie die losen Stricke durch die Hände glitten. Jost hatte lange nicht mehr auf einem so teuren Pferd gesessen, viel zu lange.
    Den Schildern folgend ging es leicht bergauf über den Eifelsteig durch den Wald, und auf seinen Schenkeldruck hin wechselte Sunshine in den Trab. Er ritt im Leichten Sitz, den Oberkörper fast parallel zum Pferdehals, um den Ästen, die tief über den Waldweg hingen, zu entgehen. Das Licht der Stirnlampe mäanderte umher, strahlte mal die nackten Fichtenstämme an, mal die Baumspitzen, und dann das Reh, das plötzlich mit leuchtenden Augen mitten auf dem Weg stand.
    Sunshine scheute, rammte die Vorderhufe in den Boden, als habe sie den Teufel gesehen, und stand wie Fels. Jost fiel auf ihren Hals, wäre beinah vornübergestürzt. Das Reh hastete davon, Äste knackten, ein Vogel schrie auf. Jost klopfte beruhigend ihren Hals. »Pssst. Sunshine, alles ist gut.«
    Südlich von Neroth konnten sie den Eifelsteig verlassen und auf der Landstraße über Ober- und Niederstadtfeld an der Kleinen Kyll entlang, auf festem, ebenem Boden reiten.
    »Haaalt«, kommandierte Jost an einer geeigneten Stelle, stieg ab und führte Sunshine ans steinige Ufer, ließ die Stricke locker, damit sie trinken konnte. Aber sie betrachtete nur ratlos den plätschernden Bach, der im Schein der Lampe glitzerte, und wusste nichts damit anzufangen. Jost stieg mit seinen Gummistiefeln ins Wasser, bückte sich, schöpfte eine Handvoll des kalten Wassers, hielt es ihr unters Maul und sprach ihr gut zu. Aber sie wandte ihren Kopf ab und suchte lieber nach ein paar Grashalmen, die sie abrupfen konnte.
    Es gab Pferde, die noch nie einen Bach gesehen hatten und nur aus Eimern trinken konnten, das wusste auch Jost. Einen Eimer konnte er Sunshine nicht bieten, aber in seinem Rucksack hatte er eine Flasche Wasser, eher für sich selbst als für Sunshine gedacht.
    Gerolsteiner Medium servierte er der verschnupften Dame, da sagte sie nicht nein, und schlabberte das edle Wasser aus dem Flaschenhals wie ein Fohlen. Die Flasche war in Nullkommanix leer. Jost trank Bachwasser aus der bloßen Hand, und sie beobachtete ihn dabei und schüttelte den Kopf.
    Es war nicht mehr weit bis Schutz und Bleckhausen, wo sie die Landstraße wieder verließen und wo Sunshine auf

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