Kramp, Ralf (Hrsg)
verlief wenig später nach rechts auf die Straße, die zur Kirche führte.
Wulf zuckte mit den Schultern und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Viertel nach elf war es inzwischen. Er marschierte zügig weiter.
»Guten Morgen, mein Name ist Wulf«, grüßte er kurz darauf den stämmigen Wirt, der allein im Laden hinter der Theke stand und die Biergläser wischte.
Ein Paar buschige Augenbrauen zierten sein sympathisches Gesicht, ein dezentes Bierbäuchlein zeugte davon, dass er seinen Job ernst nahm. Wulf zückte seinen Dienstausweis.
»Ach, Sie sind der Kommissar, der den Tod vom Konzen untersucht. Ich bin der Erwin. Furchtbare Sache. Chippy war vorhin kurz hier und meinte schon, dass Sie noch ein paar Fragen zu klären hätten. Das klingt nach Krimi. Ein Krimi in Strohn. Hatten wir noch nicht.«
»Und ich hatte heute noch keinen vernünftigen Kaffee. Kann ich einen Becher ordern?«
»Kommt.«
»Prima.« Wulf setzte sich ächzend an die Theke. Sein Hemd war hinten schon durch. »Ich hab tatsächlich ein paar Fragen. Nur wegen des Ablaufs. Wer hat denn gestern Abend alles mitgeknobelt?«
»Wir waren zu fünft. Ich, Hans Konzen und unser Bürgermeister, Heinrich Schwehden. Dann Bernie Olbrück und Paul Jacobs, den nennen wir alle den Strotzbüsch-Paul. Da kommt der Paul nämlich her. Aus Strotzbüsch.«
»Ist das ein fester Knobelclub?«
»Nein, das findet sich immer neu. Wer da ist, knobelt mit. Der Sheriff, äh, so nennen wir unseren Bürgermeister, der ist eigentlich mehr fürs Kartenspielen, aber der hat auch ein paar Runden mitgemacht. Bis der Konzen dann ja plötzlich gehen musste. Mit Milch?«
»Auf jeden Fall. Und Zucker, das volle Programm. Wieso musste der Konzen denn plötzlich gehen?«
»Wegen des Telefonanrufs.«
Kriminalhauptkommissar Wulf zwang sich zur Ruhe. Hier galt es offensichtlich, jeden Fakt einzeln zu erfragen. Keine Hektik. Eins nach dem anderen. »Was war das denn für ein Telefonanruf.«
»Viertel vor zehn hat jemand den Konzen angerufen. Ganz kurzes Gespräch, aber dann hat er sofort gezahlt und ist gegangen. Ist das wichtig?«
»Alles ist wichtig!«
»War natürlich doof.«
»Was?«
»Na, da hat sich die Knobelrunde gleich aufgelöst. Strotzbüsch-Paul war blau wie der Maihimmel und hat überhaupt nichts mehr ordentlich auf die Kette gekriegt. Der Sheriff hatte heute Morgen eine wichtige Besprechung, und Bernie Olbrück muss immer um zehn zu Hause sein, sonst macht seine Anja Stress. Da gingen sie also gleich alle. Und alleine knobeln macht keinen Spaß, Herr Kommissar.«
Das mochte Wulf wohl glauben. Nachdenklich nippte er am Kaffee. Da gingen sie also gleich alle … Hm. Und dieser Telefonanruf? Wulf leerte den Kaffee. »Kann ich zahlen?«
»Na, das hoffe ich doch!«
Wulf schlenderte mit seinem Handy am Ohr die Hauptstraße des Ortes entlang. In diesen Teil der Eifel hatte es ihn dienstlich noch nie verschlagen. Schön war es hier. Und so sauber. Geradezu lieblich. Die Anlagen gepflegt, die Häuser meist weiß gestrichen. Er hatte mehrmals den Urlaub im Allgäu verbracht, da sah es genauso aus. Es fehlten nur im Hintergrund die Alpen. Andererseits waren es ja gerade die Berge, die einem die feine Fernsicht raubten.
Endlich meldete sich am anderen Ende der Leitung sein Kollege. »Chippy? Bist du noch in der Gerichtsmedizin? Gut. Hatte Hans Konzen ein Handy dabei? Ja? Schön. Guck es dir an! Ich muss wissen, wer den Konzen gestern Abend angerufen hat. So ab 21.35 Uhr. Danke. Hau rein!«
Er schob das Handy ins schweißfeuchte Hemd und stellte erfreut fest, dass er das
Vulkanhaus
erreicht hatte. Auch ein schönes Gebäude. »Einhaus« hieß der Baustil, wenn er sich richtig erinnerte. Von früher. Alles unter einem Dach. Menschen, Tiere im Stall, Futter. Jetzt wurde die rechte Gebäudehälfte als Café benutzt, und links befand sich das berühmte
Vulkanmuseum
.
»Was darf es sein?«, fragte eine Kellnerin.
»Eine Schorle, bitte, und eine Kleinigkeit zu essen.«
»Möchten Sie mal eine Lavabombe probieren?«
»Bombe? Das klingt nach jeder Menge Kalorien«, unkte Wulf.
»Und wenn Sie nur
eine
Bombe essen?«, kniff die Kellnerin ihm ein Äugchen.
»Nehme ich«, entschied Wulf und reckte sich. Sein Blick fiel über die Dorfstraße. Und wieder auf die weiße Kalklinie. Da musste er auch noch mal nachhaken, was die denn bedeutete.
Plötzlich fiel ein Schatten auf sein Gesicht.
»Guten Tag, Herr Kommissar«, grüßte ein Mann mit fliederfarbenem Pullover. »Mein Name
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