Kramp, Ralf (Hrsg)
wohnlich gemacht. Als wir ankamen, ziemlicher Gestank durch vergammelte Matratzen und Decken. Alles rausgeworfen und gut durchgelüftet. Jetzt nur noch entspannen, schmökern, gut essen und ausschlafen, vor allem ausschlafen. Auf der Herfahrt in der Nähe einige vielversprechende Restaurants ausgemacht. Vielleicht grillen wir auch hin und wieder, mal sehen.
19.09.2010
Unruhige Nacht gehabt. Bin gut eingeschlafen, war müde nach der Fahrt, dazu die gute Luft. Aber dann kurz nach eins aufgewacht. Über uns Schritte gehört. Als ob da einer hin und her schlurft. Bin sofort aus dem Bett, mit der Lampe über die Holztreppe nach oben gestürmt. Aber da war nichts. Ins Dachgeschoss kam ich nicht. Keine Leiter da. Mein Schatz verstört, wollte wissen, warum ich so herumpoltere. Hab ihr von den Schritten erzählt. Sie sagt, ich bin die Einsamkeit eben nicht gewohnt. Um vier Uhr das gleiche Spiel. Danach nur noch herumgewälzt. Mein Schatz dagegen hat geschlafen wie ein Engel.
21.09.2010
Zwei Tage lang das ganze Haus auf den Kopf gestellt. Extra Leiter für den Dachboden organisiert. Alle Türschlösser und Fenster kontrolliert. Keine Spur eines Einbruchs. Und doch läuft hier nachts einer rum. Höre ihn ganz deutlich. Schlafe überhaupt nicht mehr. Liege nur noch da und warte, bis es wieder los geht. An Erholung nicht zu denken. Im Gegenteil, bin am Ende meiner Kräfte. Schrecke inzwischen auch tagsüber beim kleinsten Geräusch hoch. Mein Schatz versucht mich zu beruhigen. Sie meint, entweder ich bilde mir die Schritte nur ein, oder es gibt eine ganz harmlose Erklärung. Bin sicher, dass da jemand ist. Jede Nacht!
22.09.2010
Ha! Kurz nach Mitternacht meinen Schatz wachgerüttelt. Jetzt hat sie es endlich auch gehört. Wieder alles abgesucht. Nichts gefunden. Sie meint, das hört sich gar nicht nach Schritten an. Aber es ist keine Einbildung. Das steht jetzt wenigstens fest. Haben uns ganz eng aneinander gekuschelt. Endlich mal wieder zwei, drei Stunden geschlafen.
In der Wirtschaft am Marktplatz gutbürgerlich zu Mittag gegessen. Ganz behutsam zwei Einheimische am Nachbartisch gefragt wegen der Geräusche. Die meinten, das könnten Siebenschläfer sein. Nagetiere, etwas kleiner als Eichhörnchen, klettern sehr gut, kommen überall rein und sind nachtaktiv. Wusste gar nicht, dass es die in Wirklichkeit gibt. Mein Schatz kennt sie. Sehen sehr süß aus, sagt sie, Fellknäuel mit großen, dunklen Knopfaugen. Egal. Die Viecher müssen weg. Sonst werde ich noch wahnsinnig. Gleich nach dem Essen in den Kramladen hier im Ort. Wollte zehn Rattenfallen, die mit dem Bügel, zack und hin. Aber mein Schatz hat aufgeschrien. Siebenschläfer stehen unter Naturschutz und wie ich so grausam sein könnte zu so einem putzigen Geschöpf. Also Lebendfallen gekauft, für den fünffachen Preis. Eigentlich Schwachsinn. Am Abend aufgestellt, mit Banane als Köder. Gilt als Geheimtipp für die Jagd auf Siebenschläfer.
23.09.2010
Gleich früh die Fallen kontrolliert. Natürlich Fehlanzeige. Dafür stinkts im ganzen Haus widerlich süßlich nach faulender Banane.
25.09.2010
Ausbeute nach zweieinhalb Jagdtagen: eine mickrige Hausmaus. Deren Trippelschritte sind selbst aus nächster Nähe kaum zu hören. Als Täter scheidet sie hundertprozentig aus. Anfangs war ich ja irgendwie erleichtert wegen der Erklärung mit dem Siebenschläfer, oder wie das Biest auch immer heißt. Aber richtig geglaubt hab ich’s doch nie. Über uns geht nachts irgend jemand, der verdammt viel schwerer sein muss. Am Ende ist es einer aus dem Dorf, der noch einen Schlüssel hat und versucht, uns zu vertreiben. Kann mir sein Grinsen richtig vorstellen.
27.09.2010
Wissen nicht mehr weiter. Mein Schatz ist inzwischen genauso verängstigt wie ich. Vielleicht sollten wir zur Polizei. Aber die lachen uns doch nur aus, die Zugezogenen aus der Stadt. Besser wir wechseln in eine Pension, wenigstens vorübergehend. Als ich das heute vorschlug, hat mir mein Schatz so einen flehenden Blick zugeworfen. Wäre ihr sicher am liebsten. Doch dann wäre das Haus für uns erledigt, dann kämen wir garantiert nicht zurück. Nein, noch gebe ich nicht auf. Ganz egal, wer uns da terrorisiert, heute Nacht sollen sie mich kennenlernen. Neben dem Brennholzlager im Keller das Notwendige entdeckt.
noch 27.09.2010 und Nachträge
Fällt mir immer noch schwer darüber zu berichten.
Bin ganz normal zu Bett gegangen. Hab mich aber gleich wieder angezogen, nachdem mein Schatz eingeschlafen war.
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