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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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auf seinem Schoß gesessen, ihm alle sechs Teen Tigers gezeigt und ihm ihre jeweiligen Superkräfte erklärt. Sie hatte aufgezählt, welche sie am liebsten mochte und welches Zubehör man unbedingt haben musste. Anschließend stellte sie klar, dass es für ein Mädchen in ihrem Alter so gut wie unmöglich war, zu essen, zu schlafen oder auch nur zu atmen, ohne mindestens eine dieser großartigen Puppen zu besitzen.
    Eine Minute später hatte Jesse die gesamte Tigermädchenbande auf dem Esstisch aufgereiht, außerdem ein rot getigertes Auto und zwei Blisterpackungen mit Zubehör. Man musste kein Genie sein, um zu erkennen, dass all diese Sachen unmöglich auf einmal in den Sack gepasst haben konnten. Der Sack erzeugt sie irgendwie. Dann traf ihn die Erkenntnis: Der Sack erzeugt alles, was ich mir wünsche! Er riss die Augen auf und vergaß für einen Moment zu atmen. Tatsächlich? Hat mir der Himmel tatsächlich einen Zaubersack in den Schoß fallen lassen? Er sprang auf, schloss die Tür ab und spähte verstohlen durch die Windschutzscheibe hinaus. Der Kranken- und der Streifenwagen waren noch da, aber die Nachbarn waren heimgegangen, mit Ausnahme von Phyllis, die ohne Punkt und Komma auf den Fahrer des Rettungswagens einredete.
    Jesse zog die Jalousien vor und ließ sich vor dem Sack auf einen Stuhl plumpsen. Seine Hand verharrte über der Öffnung. Er schloss die Augen, stellte sich einen Diamantring vor und griff hinein. Da! Seine Hand schloss sich um ein Samtkästchen, und mit angehaltenem Atem zog er es aus dem Sack. Seine Finger zitterten so sehr, dass er das Kästchen erst beim dritten Versuch aufbekam. »Jaaaaa!«, sagte er, während er den Ring ins Licht hielt.
    Dann verblasste sein Lächeln.
    Es war bloß ein Spielzeugring – nichts als Plastik und bemaltes Aluminium.
    »Verflixt noch mal!« Er schüttelte den Kopf. »Habe ich vielleicht was falsch gemacht?« Er warf den Ring über die Schulter, schloss die Augen erneut und konzentrierte sich diesmal auf eine Armbanduhr. Er dachte explizit an die goldene Rolex, die er kürzlich beim Pfandleiher gesehen hatte. Auf dem Ziffernblatt der Uhr, die er aus dem Sack zog, stand zwar tatsächlich Rolex, aber es handelte sich trotzdem um ein Spielzeug. »Ach, komm schon! Komm!«
    Drei Blechringe, vier Plastikuhren und einen großen Haufen Spielgeld später sah er es ein: Der Sack erschuf nur Spielzeug.
    Jesse ließ sich an der Wand zu Boden sinken. »Mist.« Er lehnte den Kopf gegen die Vertäfelung und starrte zu den Wasserflecken an der Decke empor. »Anscheinend geht es eben nie nach meiner Nase.« Mit einem Mal holten ihn all die Ereignisse dieses langen, sonderbaren Abends ein, und er wollte nur noch ins Bett kriechen und für immer dort bleiben. Er schielte in Richtung Schlafzimmer. »Da steht wahrscheinlich inzwischen ein Schneemann drin.« Er seufzte, nahm das Sitzkissen vom Stuhl, schob es sich hinter den Kopf und blieb auf dem Boden liegen. Von draußen drangen die Lichter des Rettungswagens durch die Jalousien. Sein Blick wanderte zu den Puppen, und er rang sich ein Lächeln ab. »Jede Einzelne von diesen kleinen Herumtreiberinnen habe ich … jede Einzelne.« Er rief sich Abigails Gesicht vor Augen, und sein Lächeln wurde breiter. »Dieses eine Mal ist dein Vater kein Verlierer, meine Kleine. Dieses eine Mal ist dein Vater ein Held.« Er schloss die Augen. »Abigail, mein Schatz … halt dich fest, der Weihnachtsmann steht vor der Tür.«

    ***

    »Na also. Endlich kehren sie zurück … meine Belznickel!«
    Krampus drückte das Ohr nicht länger an den Stein und blickte den Schacht empor. Er zerrte an seinen Ketten wie ein Hund vor der Fütterung. So hell, wie das Licht über ihm war, musste inzwischen der Morgen angebrochen sein. Er sah, wie ihre Schatten sich näherten.
    Der schmale Schacht reichte fast zwanzig Meter in die Tiefe. Krampus rang die Hände, während sie herabkletterten. Wo ist er? Mit Blicken suchte er die Gestalten seiner Belznickel nach dem Sack ab.
    Makwa, der große Shawnee, landete als Erster, auf allen vieren. Seine Kleidung aus Bärenfell und Bocksleder war zerfetzt und beschmutzt, die Haut blutig zerkratzt. Als er sich erhob, packte Krampus ihn bei den Schultern.
    »Habt ihr ihn?«
    Makwa schob seine Kapuze zurück und schüttelte den Kopf. »Nein.«
    In der Zwischenzeit ließen sich drei weitere Belznickel herunter: die Brüder Wipi und Nipi, die ebenfalls dem Indianervolk der Shawnee angehörten, und Vernon, der kleine

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