Krampus: Roman (German Edition)
fragst du?«
Anstatt zu antworten, drehte sie sich um und ging den Hang hinauf, wobei sie die große Schaufel hinter sich herzog. Vor dem Haus ließ sie die Schaufel stehen, stieg die Stufen zur Veranda hoch und verschwand im Innern.
»Die kochen da drin«, sagte Chet, wobei er auf einen Generator und mehrere tragbare Propangaskanister vor dem Kellerfenster deutete.
»Kochen?«, fragte Isabel.
»Meth«, sagte Jesse.
Sie schien es immer noch nicht zu kapieren.
»Drogen«, fügte Jesse hinzu. »Schlimme Drogen.« Er nahm das Haus genauer in Augenschein, und was er sah, gefiel ihm nicht. Das Feld schien seit Jahren nicht bestellt worden zu sein, der Mais vom letzten Herbst war eingetrocknet und nicht geerntet. Die Vinylverkleidung der Außenwände war zum großen Teil abgefallen und lag in gewellten Haufen auf dem Boden. Darunter waren Teerpappe und verwittertes Holz zum Vorschein gekommen. Vor die Fenster waren Plastiktüten und -planen geklebt, von denen sich mehrere gelöst hatten und im leichten Wind flatterten. Abgestorbenes Gestrüpp und Brombeersträucher waren über die Jahre hinweg dichter an das Haus herangerückt und hatten sich um die Veranda geschlungen. Der Wohnwagen stand etwa zwanzig Meter abseits des Hauses. Auf einer Seite waren die Aufsetzklötze weggerutscht, weshalb der Anhänger Schlagseite hatte wie ein krängendes Schiff. Durch die zerbrochenen Fenster erwiderte nur Dunkelheit Jesses Blick.
Eine ungute Atmosphäre hing über der ganzen Szenerie. Es war nicht nur die Verwahrlosung, sondern etwas Übles, Widerwärtiges. Jesse konnte sich nicht erinnern, jemals etwas Derartiges verspürt zu haben. Er fragte sich, ob es mit seinen geschärften Sinnen zu tun hatte, mit Krampus’ Blut in seinen Adern. Wie dem auch sei, er war nicht sonderlich erpicht darauf, dort hinaufzugehen. Er warf einen Blick zu Krampus und erkannte, dass der Herr der Julzeit es ebenfalls spürte.
»Offenbar ist es schon ein bisschen her, seit hier jemand nach dem Rechten gesehen hat«, sagte Jesse.
»Junkies«, meinte Chet nur und spie aus. »Die nehmen Meth, Crank, und schniefen tun sie wahrscheinlich auch. Alles, was sie in die Finger kriegen. Da verwette ich meinen Arsch drauf.«
»Das ist mal ein Preis, den keiner gewinnen will«, bemerkte Jesse.
Chet zog eine missmutige Miene. »Als Arschgesicht bist du ein Naturtalent, was?«
»Jemand sollte nach dem kleinen Mädchen sehen«, meinte Isabel.
»Es gibt keinen Grund für uns, da hochzugehen«, sagte Chet. »Dort erwartet uns nichts Gutes. Methköche sind gefährlich, Methjunkies ebenfalls, und mit Leuten, die beides auf einmal sind, will man in etwa so viel zu tun haben wie mit Nitroglyzerin.«
Isabel wartete nicht auf weitere Ausführungen, sondern ging allein den Hang hinauf. Sie verfolgten, wie sie auf die Veranda stieg und das Haus betrat.
»Ich sage doch, wir haben da nichts verloren«, brummte Chet.
Krampus stieß einen Seufzer aus. »Anscheinend ist meine kleine Löwin anderer Meinung.« Er setzte sich in Bewegung. »Kommt.«
Zitternd und verängstigt kroch ein Hund unter der Veranda hervor, als sie sich näherten. Jesse konnte jede Rippe an seinem Leib zählen. Krampus rieb dem Tier über den Kopf, und es wedelte mit dem Schwanz. Sie gingen um einen rußgeschwärzten Lehnstuhl und einen Haufen verbrannter Decken herum und stiegen die Treppe hoch. Die Eingangstür stand halb offen, im Haus war es dunkel. Krampus trat als Erster ein, und sie folgten ihm. Jesse fiel auf, dass er nicht als Einziger nervös war. Er und Vernon hielten beide ihre Vorräte an Schlafsand umklammert, und die Shawnees hatten ihre Messer gezogen.
Es fiel gerade genug Morgenlicht in die schmuddeligen Schatten, damit sie erkennen konnten, dass es im Eingangszimmer einmal gebrannt hatte. Die Wandverkleidung und der Großteil der Decke waren rußgeschwärzt, und der Geruch von feuchtem, verkohltem Holz hing noch in der Luft. Ein Mann lag halb zugedeckt auf einem Sofa an der gegenüberliegenden Wand. Seine Lider hingen schwer über den trüben Augen. Mit zuckenden Händen kratzte er sich das von wunden Stellen übersäte Gesicht. Er schien nicht einmal zu bemerken, dass ihn ein Rudel Juldämonen anstarrte.
Krampus trat auf ihn zu und versetzte ihm einen Stoß in die Rippen. Der Mann blickte zu ihm auf und schien ihn einen Moment lang wahrzunehmen. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer entsetzten Grimasse. Er stöhnte, wälzte sich herum und drückte das Gesicht ins
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