Krampus: Roman (German Edition)
die Sprechtaste. »Schieß los, Noel. Was ist denn jetzt schon wieder los?«
»Code sechzehn, möglicherweise Code dreizehn. Zwei Tatorte.«
»Noel, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du für die Polizei von Goodhope arbeitest und nicht für das Police Department in New York? Spar dir deinen Polizeischulblödsinn und rede mit mir wie ein normaler Mensch, kapiert? Du willst mir also mitteilen, dass es heute Nacht zwei Einbrüche gegeben hat?«
»Zehn-vier, Chief.«
Dillard verdrehte die Augen. »Könntest du mir vielleicht auch sagen, wo?«
»Einen in der Second und einen in der Beech Street. Die Einbrüche ereigneten sich um etwa zwei, null, null Uhr. Der dritte Einbruch fand kurz darauf im Anwesen am Ende der Madison Street statt.«
»Madison Street? Wohnt da nicht Doktor Ferrel?«
»Bestätigt. Doktor Ferrel meldete Vandalismus. Der Täter hat seinen Fernseher eingedrückt.«
Das brachte Dillard zum Lächeln. Seiner Meinung nach war Doktor Ferrel ein aufgeblasener Wichtigtuer. Der Mann redete mit ihm wie mit einem Zehnjährigen und quatschte ihn ständig auf seine versnobte Art darüber voll, was er essen, trinken und sogar denken sollte. Wenn es nach ihm ging, dann verdiente jemand, der die Feinheiten des Flugangelns für ein angemessenes Gesprächsthema bei einer Prostatauntersuchung hielt, dass man seinen Fernseher eindrückte.
»Wirklich eine Schande«, sagte Dillard. »Wahrscheinlich mal wieder so ein Spinner auf Meth. Hast du eine Täterbeschreibung?«
»Zehn-vier. Eine Gruppe männlicher Afroamerikaner, maskiert und bunt kostümiert.«
Dillard fuhr aus seinem Sessel hoch. Das klang nach Jesses Truppe. »Wie viele? Wie waren sie bewaffnet? Gab es Verletzte?«
»Keine Meldungen über Waffen. Ich bin mir nicht sicher, wie viele es waren. Niemand wurde verletzt. Und, Chief … das Seltsame ist, dass nichts als gestohlen gemeldet wurde. Es handelt sich lediglich um Nötigung und Vandalismus.«
Das ergibt keinen Sinn, dachte Dillard. Warum sollten sie einbrechen, ohne etwas zu stehlen? Was zum Teufel wollen die?
»Außerdem … hat der Sheriff angerufen.«
Der Polizeichef versteifte sich. Sheriff Milton Wright war ein rechtschaffener Kerl, der dafür bekannt war, bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Goodhope herumzuschnüffeln. Dillard hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Mann mitsamt seiner neugierigen Nase aus seiner Stadt und damit aus seinen Angelegenheiten herauszuhalten. »Was wollte unser guter Freund Sheriff Wright denn?«
»Uns darüber informieren, dass wir die Augen offenhalten sollen. Anscheinend sind bei ihm mindestens ein halbes Dutzend ähnlicher Meldungen eingegangen. Jedes Mal Einbruch und Nötigung. Die Beschreibungen passen auf unsere Verdächtigen.«
»Leck mich am Arsch«, sagte Dillard und nahm dabei den Finger von der Sprechtaste. »Was zum Geier läuft da?« Er schaltete das Mikrofon wieder ein. »Noel, ich übernehme das Haus in der Second.« Weil er nicht die geringste Lust hatte, mit jemandem zu sprechen, der ihm schon mal den Finger in den Hintern gesteckt hatte, fügte er hinzu: »Du kannst dich um den guten Doktor kümmern. Verstanden?«
»Zehn-vier, Chief. Bin unterwegs.«
Dillard ging nach oben, um sich anzuziehen. Er suchte sein Handy und rief den General an, aber niemand ging ran. Normalerweise wäre das nicht weiter schlimm gewesen, dennoch war er zunehmend beunruhigt. Er zog sich fertig an, schnallte seinen Gürtel um, steckte die Pistole ins Halfter und ging zur Tür. »Irgendwas stimmt hier nicht«, sagte er kopfschüttelnd. »Und zwar ganz und gar nicht.«
***
Jesse sah zu, wie sich hinter ihnen die dunkle Bergflanke vor die Lichter von Goodhope schob. Sie flogen nach Osten, tief ins Bergland, nachdem sie in über drei Dutzend Häusern im ganzen östlichen Boone County die frohe Julbotschaft verkündet hatten. Die meisten Besuche waren reibungslos verlaufen, zumindest soweit man das erwarten konnte, wenn man mit einem Trupp bunt gekleideter Teufel bei fremden Leuten ins Haus eindrang. Als die Nacht sich dem Morgen zuneigte, schliefen die meisten Hausbewohner tief und fest, was die Sache sehr viel einfacher machte. Jesse, Vernon und Isabel drängten Krampus dazu, die Schlüssel zu benutzen und sich hineinzuschleichen, anstatt anzuklopfen. Wie sich herausstellte, war das besser für alle Beteiligten.
Bald waren die drei nahezu perfekt darin, die schlafenden Eltern ausfindig zu machen und mit Hilfe des Schlafsands dafür zu sorgen, dass sie
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