Krampus: Roman (German Edition)
vorsichtig sein. Es ist schwer, auswärtige Polizisten einzuspannen, sofern wir nicht einen Haufen Fragen beantworten wollen. Wenn der Sheriff Jesse schnappt, könnte die Sache brenzlig werden. Wer weiß, was der Kerl alles erzählt, und ein herumschnüffelnder Sheriff Wright ist nun wahrlich das Letzte, was wir brauchen.«
»Solange wir sein kleines Mädchen haben, wird er den Mund halten.«
»Kann schon sein. Deshalb wundert es mich auch, dass er in dieser Sache von gestern Abend mit drinstecken soll. Wahrscheinlich hat ihn jemand reingelegt. Ich werde den Verdacht nicht los, dass die Sache etwas mit den Jungs aus Charleston zu tun hat, um die wir uns gekümmert haben. Die benutzen Jesse, um es uns heimzuzahlen.«
»Mir gefällt das alles nicht«, fauchte der General. »Ganz und gar nicht. Aber auf eins kannst du dich verlassen: Ich werde der Sache auf den Grund gehen.«
Damit sind wir schon mal zu zweit, dachte Dillard. Er versuchte immer noch zu begreifen, was letzte Nacht eigentlich geschehen war. In der einen Sekunde hatte er noch an seinem Radio herumgefummelt, in der nächsten waren auch schon Schüsse gefallen, und Chet war wild schreiend auf ihn zugerannt. Diese Männer, um wen auch immer es sich handelte, hatten Lynyrd getötet … und zwar mit einem Speer. Dann hatten sie den Stoff geklaut und sich davongemacht. Sie hatten einen Boggs getötet.
Das Schlimmste daran war, dass es direkt vor seiner Nase stattgefunden hatte. Jetzt musste er auch noch einen Mord vertuschen. Am meisten störte Dillard jedoch dieser seltsame, als Weihnachtsmann verkleidete Typ. Er hatte ihn umgefahren, ihn frontal gerammt. Die eingedellte Motorhaube seines Wagens war der deutliche Beweis dafür. Dillard wusste nicht mehr genau, was als Nächstes geschehen war. Er rieb sich die schmerzende Beule an der Stirn: Der verdammte Airbag hatte ihn beinahe k.o. geschlagen. Wie dem auch sei, Dillard hatte nicht die geringste Spur von dem Mann gefunden. Als hätte er ihn sich bloß eingebildet. Aber er war da. Ich weiß doch, was ich gesehen habe.
»Was ist mit Lynyrd?«, fragte der General.
»Das liegt bei dir.«
Der General antwortete nicht.
»Wir sollten kein Risiko eingehen«, riet ihm Dillard, »und alle Beweise beseitigen.«
»Ich ertrage die Vorstellung nicht, seine Leiche sang- und klanglos zu entsorgen. Ich kannte den Jungen, seit er ein Baby war.«
»Am besten bringst du ihn dorthin, wohin ich auch die anderen gebracht habe.«
»Ja, ich weiß schon. Es macht mir nur echt zu schaffen.«
»Möchtest du irgendwo auf deinem Grund und Boden ein abgelegenes Plätzchen für ihn suchen?«
»Nein, so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Zu riskant.«
»Was ist mit seiner Schwester? Meinst du, sie wird Stunk machen?«
»Nein«, antwortete der General. »Lynyrd ist sowieso die meiste Zeit weg. Es wird eine Weile dauern, bis es überhaupt jemandem auffällt.«
Sie verstummten beide. Der Schnee fiel jetzt dichter, und Dillard schaltete die Scheibenwischer an.
»Wo ist Jesses Kleine derzeit?«, fragte der General. »Noch bei dir zu Hause?«
»Sie ist bei ihrer Großmutter.«
»Hältst du das für klug?«
»Ich werde sie morgen früh abholen. Sie bleibt immer in meiner Nähe.«
»Ich möchte, dass du sie zu mir bringst, sobald du die Gelegenheit dazu hast.«
Dillard krampfte die Hände um das Steuer. »Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«
»Entspann dich, ich tu ihr nichts. Wofür hältst du mich? Ich will nur sichergehen, dass Jesse sie sich nicht holen kann.«
»Du willst Abigail also bei dir auf dem Schrottplatz behalten? Wirklich? Das soll ja wohl hoffentlich ein Witz sein? Ihre Mutter würde uns beiden die Hölle heißmachen.«
»Mit wem spreche ich? Seit wann lässt Dillard sich von einer Frau sagen, wie er seine Angelegenheiten zu regeln hat, egal von welcher? Anscheinend hat Linda dir mit ihren schönen Augen den Kopf verdreht.«
»Mit Linda wird alles anders.«
Der General schnaubte, und etwas in Dillard sträubte sich. »Du machst dir was vor«, sagte der General. »Merk dir meine Worte: Sobald sie dir das erste Mal dumm kommt, wirst du ihr den Marsch blasen, genau wie Ellen. Wart’s ab.«
Nein, dachte Dillard. Er fuhr an den Straßenrand und blieb mit laufendem Motor stehen. Diesmal nicht. Ich habe den Menschen, die ich liebe, oft genug wehgetan. Von diesem Teufel lasse ich mich nicht mehr reiten, nie wieder. Mit Linda wird es funktionieren. Dafür sorge ich.
»Dillard, hallo? Bist du noch
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