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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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goldgesäumtes Kleid. Behutsam nahm sie ihm das Buch aus der Hand und stellte es wieder ins Regal. »Du brauchst nicht die Lehren eines toten Heiligen, um dein Herz zu offenbaren.«
    »Manchmal vergesse ich es«, antwortete Nikolaus. »Die Spiele der Götter wecken die Sehnsucht nach einfacheren Zeiten.«
    Sie berührte ihn an der Hand. »Deine Mildtätigkeit dient nicht dazu, die Götter zu erfreuen. Sie liegt in deiner Natur.«
    »Das ist wahr. Ich kenne keine größere Freude, als Hoffnung und Frohsinn zu verbreiten. Doch gefällt es mir nicht auch, meinen Namen in Liedern zu hören und zu sehen, wie mein Abbild in aller Welt gefeiert wird? Ja, das tut es. Ich muss gestehen, dass es mich nach derlei Dingen verlangt, dass ich nicht von Herzen zufrieden bin, solange nicht alle meine Lieder singen.«
    »Mildtätigkeit ist deine Eitelkeit. Und wenn schon? Niemand hat es dir auferlegt, ein Heiliger zu sein. Mildtätigkeit ist edel an sich, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dient.«
    »Mit Sicherheit weiß ich nur eines: dass ich meine schmerzliche Vergangenheit nur dann vergesse, wenn ich um die Welt fliege, Geschenke verteile und den Bedürftigen helfe. Jenseits dessen, jenseits der Götter und meines Platzes in ihren gewaltigen Plänen, spielt nichts eine Rolle.«
    »Er ist auf dem Weg.«
    »Krampus?«
    Sie nickte. »Die Knochen künden davon.«
    »Ich wusste, dass er kommen würde.«
    »Vermutlich ist es bald so weit.«
    »Ich bin bereit.« Sankt Nikolaus nahm sein Breitschwert aus der Ecke des Zimmers zur Hand und legte es auf den Tisch. »Haben die Knochen irgendwelche anderen Geheimnisse preisgegeben?«
    »Nein. Fürchtest du ihn?«
    »Er kann mich nicht verletzen. Dafür haben die Götter gesorgt.«
    »Warum sehe ich dann Sorgenfalten auf deiner Stirn?«
    »Der Sack macht mir Kummer. Krampus könnte ihm Schaden zufügen. Ich weiß nicht, ob ich jemals etwas Vergleichbares finden werde.«
    »Dann musst du dafür sorgen, dass er nicht entkommt.«
    »Das wird er nicht. Nicht dieses Mal. Dieser letzte Verrat Lokis wird mit ihm sterben.«

Kapitel 11
    Dunkle Künste

    W ährend Krampus den Sack weit aufhielt, blickte Jesse hinein und sah wirbelnde und strudelnde Finsternis darin. Der Herr der Julzeit nickte, woraufhin Makwa erst mit dem einen und dann mit dem anderen Fuß hineinstieg. Dann rutschte er bis zur Hüfte in den Sack. Krampus zog ihm den Stoff über den Kopf, und mit einem Mal war der große Mann verschwunden. Die Brüder Wipi und Nipi taten es ihm nach, ohne zu zögern und ohne dass es eines Befehls bedurft hätte. Isabel war als Nächste an der Reihe, gefolgt von Vernon, der Krampus zwar mit einem Blick tiefster Verachtung bedachte, aber wortlos in den Sack stieg.
    Krampus blickte zu Chet und dem General hinüber. Letzterer wich einen Schritt zurück, und die Angst war seiner Miene deutlich anzusehen. Er schüttelte den Kopf. »Oh nein, da gehe ich nicht rein.«
    »Nichts als eine große Klappe, was?«, sagte Jesse höhnisch. »Ich habe mir schon immer gedacht, dass du ohne deine Sippe im Rücken nichts auf dem Kasten hast.«
    Der General schien seine Worte gar nicht zu hören. Er starrte bloß den Sack an.
    Jesse schubste ihn beiseite und trat vor, bereit, die Sache hinter sich zu bringen. Der Met wärmte ihm das Blut und machte ihn wagemutig und ein bisschen verrückt. Er mochte das Gefühl. Also steckte er einen Fuß in den Sack und holte tief Luft – das Atmen fiel ihm nach wie vor ein wenig schwer, aber der Schmerz hatte deutlich nachgelassen. Dann steckte er den anderen Fuß hinein.
    Krampus legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Zeit, die Dinge in Ordnung zu bringen.«
    »Ich hoffe nur, dass wir wegen dir nicht umgebracht werden«, sagte Jesse, während er sich in dem Sack duckte. Einen Moment lang spürte er nichts unter seinen Füßen. Er hatte weniger das Gefühl, zu fallen, sondern kam sich eher so vor, als würde er durch einen Schlauch aus Samt rutschen. Im nächsten Moment saß er auf dem Hintern in weichem Dreck und Heu. Er blinzelte, und die Welt wurde wieder scharf. Es war Nacht, die Luft war kühl. Jesse war noch nie an der Küste gewesen, aber er wusste, dass das, was er da roch, das Meer sein musste. In der Ferne hörte er das Geräusch von Wellen, die sich an Felsen brachen, und stand auf.
    »Runter mit dir«, flüsterte Isabel, packte ihn am Arm und zog ihn in einen Verschlag.
    Im Innern kauerten die Belznickel an der Wand, neben einem alten grünen Schlitten. Sie spähten

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