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Krank für zwei

Krank für zwei

Titel: Krank für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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vor.«
    »Ich auch nicht«, meinte Gertrudis lapidar. »Aber wie Sie wissen, läßt die Mordvariante gelegentlich Rückschlüsse auf den Täter zu. Und auf sein Motiv.«
    Nicht schon wieder diese Leier. Die hatte sie schon bei früheren Fällen draufgehabt. Nach einem Artikel in der Zeitschrift Psychologie aktuell verstand Gertrudis sich als Fachfrau für dieses Thema. Um mir die Problematik näherzubringen, hatte sie mir einmal den Tod eines Haustyrannen erläutert, der von seiner Frau mit dem Staubsaugerschlauch erwürgt worden war, weil er sich permanent über irgendwelche Fuseln auf dem Teppich beschwert hatte.
    »Es ist nicht auszuschließen, daß Dr. Peulers Mörder aus dem Umfeld des Krankenhauses kommt«, dozierte die Amateurermittlerin. »Die Tatsache, daß der Täter so schnell und unbemerkt entkommen konnte, spricht dafür, daß er als Mitarbeiter des Krankenhauses lediglich ein paar Schritte zu gehen hatte, um an seinem Arbeitsplatz unbemerkt zu bleiben.«
    »Das ist eine Möglichkeit, die mir ganz und gar nicht behagt«, erklärte ich. »Ganz zufällig werde ich nämlich morgen operiert, und die Vorstellung, daß Dr. Peulers Mörder irgendwie an diesem Akt beteiligt sein könnte, ist nicht gerade verlockend.« Schwester Gertrudis ließ sich von meinen Bedenken nicht aus dem Konzept bringen.
    »Und genau jetzt tut sich für mich ein Problem auf.« Widerwillig lauschte ich Schwester Gertrudis, die jetzt erst richtig in Fahrt kam. »Wenn der Mörder tatsächlich dem Krankenhauspersonal entstammte, hätte er oder sie doch viel bessere Möglichkeiten für diesen Mord gehabt. Welche, die auch zu seinem Berufsbild passen.« Ich verstand nicht recht. Aber Gertrudis setzte ihre Ausführungen bereits fort.
    »Niemand kann so dezent töten wie ein Mediziner. Ein Arzt hat doch alle Möglichkeiten: Eine Spritze mit tödlichem Inhalt oder eine vergiftete Akupunkturnadel. Eine Schwester könnte ein Schmerzmittel zu hoch dosieren oder eins der stationseigenen Skalpelle mal selbst in die Hand nehmen.«
    »Das Skalpell wäre wohl weniger unauffällig«, grunzte ich. »Außerdem sind all diese Mordarten bestenfalls bei einem Patienten anwendbar, nicht aber beim Chef oder Kollegen.«
    »Kommt aufs Geschick an«, erklärte Schwester Gertrudis und strich sich den Ärmel ihrer Tracht glatt. »Ein liebevoll zurechtgemixter Medikamentencocktail, wenn der Chef mal Kopfschmerzen hat, oder die ausgetauschten Herztabletten sind allemal dezenter als ein über den Schädel gehauenes Reisesouvenir. Insofern können wir das medizinische Personal ausschließen. Ich sage Ihnen: Die hätten anders gemordet.«
    »Von mir aus«, gab ich zu. »Von mir aus hätte das Krankenhauspersonal dezentere Mordmöglichkeiten gehabt, wenngleich Ihre These vom Medikamentencocktail bei Kopfschmerzen ziemlich schwimmt. Aber haben Sie nicht eben erklärt, der Täter wolle sowieso nicht dezent sein.« Ich sah, wie Schwester Gertrudis das Gesicht in Falten zog. »Der Täter hat eine Botschaft hinterlassen. Er möchte für Aufsehen sorgen, er möchte verstanden werden. Das sind Ihre Worte.«
    »Ich fürchte, Sie haben recht!« Schwester Gertrudis rutschte seufzend auf ihrem Stuhl ein wenig tiefer. »Aber es wäre so schön gewesen, wenn man das medizinische Personal als Verdächtige hätte ausschließen können. Das hätte den Täterkreis doch deutlich eingeschränkt.«
    »Sicher, es hätte den Täterkreis auf alle nicht-medizinisch arbeitenden Menschen eingegrenzt, die zur Tatzeit gerade in der Stadt waren«, erläuterte ich zynisch.
    »Mit Ihnen machen die Ermittlungen keinen Spaß«, erwiderte Gertrudis beleidigt.
    »Mit mir sind Ermittlungen überhaupt nicht durchführbar«, widersprach ich vehement. »Ich bin krank. Morgen wird mir mein Blinddarm entfernt. Ich brauche meine Ruhe.«
    »Aber Sie sind Tatzeuge!« rief Gertrudis erregt. »Na ja, nicht ganz. Aber Sie sind einer der ersten gewesen, die das Opfer gefunden haben.«
    »Alles, was ich weiß, habe ich der Polizei bereits mitgeteilt«, erklärte ich mit Nachdruck. »Für alles Weitere sind die Leute zuständig, die dafür bezahlt werden. Und dazu gehöre ich nun mal nicht.«
    »Sie waren schon einmal kooperativer«, rügte mich Gertrudis.
    »Ich war auch schon mal gesünder.«
    Schwester Gertrudis seufzte abgrundtief. »So belastbar wie früher sind die jungen Leute heute ja nicht mehr. Na ja«, Schwester Gertrudis blitzte mich an, »dann halten sie während Ihrer Gesundung wenigstens die Augen

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