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Krank für zwei

Krank für zwei

Titel: Krank für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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hätte, es hatte keinen Zweck. Der Kopf tat einfach zu weh. Trotzdem ließ ihn der Fall natürlich nicht los. Was war mit Wolkov? Er war abgehauen, klar. Verdächtiger konnte man sich praktisch überhaupt nicht machen. Aber warum hätte der Typ die Frau seines ehemaligen Chefs umbringen sollen? Wußte Frau Peuler etwas über ihn, das ihm hätte gefährlich werden können? War er durchgeknallt, geistig verwirrt, ohne daß ihm das auf Anhieb anzumerken war? Während er darüber nachgrübelte, schlief Max schon wieder ein. Kastner hatte wirklich ganze Arbeit geleistet.

35
    Ich sah die Frau erst, nachdem ich schon eine Weile in der Bank gesessen hatte. Sie hatte sich in der letzten Reihe im rechten Seitenflügel niedergelassen, und ich nahm sie eigentlich nur deshalb wahr, weil sie sich die Nase putzte. Jedenfalls dachte ich das zuerst. Beim zweiten Hinschauen merkte ich, daß die Frau weinte. Nicht laut und schluchzend, sondern still und ausdauernd weinte sie in sich hinein. Die Frau war jung. Ich überlegte, was sie so traurig machte. Nun, wir befanden uns im Krankenhaus. Da waren schlechte Nachrichten nun mal an der Tagesordnung.
    Ich blickte nach vorne und versuchte mich zu konzentrieren. Die Kapelle war mir für diesen Zweck am geeignetsten erschienen. Jetzt aber kam ich nicht zur Ruhe. Der Schneewittchen-Gedanke ging mir durch den Kopf. Alexa hatte vermutet, daß jemand sein Schneewittchen rächen wollte. Aber wer sollte das sein? Ein Patient vielleicht. Jemand, der hier im Krankenhaus sein Kind verloren hatte. Was aber, wenn Schneewittchen selbst Rache genommen hatte? Schneewittchen konnte eine ehemalige Freundin sein, eine Geliebte von Peuler. Jemand, der diese Ehe komplett zerstören wollte und deshalb beide Ehepartner ums Leben gebracht hatte.
    Hinten rechts hörte ich, wie die Dame sich die Nase schneuzte. Ich zwang mich, mich nicht umzublicken. Die Locke. Die Locke lag wie ein dicker Klumpen in meiner Magengrube. Alexa hatte vollkommen recht gehabt. Wie hatte ich das Haar nur für mich behalten können? Verdammt noch mal. Ich war Beamter. Jedenfalls bislang. Wenn ich nicht wegen Unterschlagung von Beweismaterial aus dem Staatsdienst gekickt wurde. Blöderweise hatte ich Hauptkommissarin Oberste telefonisch nicht erreicht. Kein Wunder. Sie hatte mit Sicherheit wegen des zweiten Mordes genug zu tun. Als ich auch beim zweiten Mal noch nicht mit der Chefin hatte sprechen können, hatte ich dem Polizeimeister auf der Wache den Fall geschildert. Gut, ehrlich gesagt, hatte ich eine ziemlich abgespeckte Version zum besten gegeben. Eine Version, in der ich nicht ganz so schlecht ausgesehen hatte wie in der Realität. Der Polizist hatte versprochen, die Informationen so schnell wie möglich an Frau Oberste weiterzuleiten. Die würde sich dann sicherlich noch bei mir melden. Oh ja, davon war ich überzeugt. Marlene Oberste, die heute schon bei mir gewesen war und der ich die schwarze Locke unrechtmäßig verschwiegen hatte, würde gleich bei mir auf der Matte stehen. Da war ich mir ganz sicher. Trotzdem redete ich mir ein, daß ich nicht aus reinen Fluchtgedanken in dieser Kapelle saß, sondern aus Gründen der Kontemplation. So nannte man das doch, wenn man zu sich selbst und so manch anderem finden wollte, oder nicht? Schon wieder ein Geräusch von rechts hinten. Ich schaute mich um. Die Frau saß noch immer da. Sie hatte zu weinen aufgehört und starrte nun wächsern vor sich hin. Leise stand ich auf und ging langsam auf sie zu. Erst als ich unmittelbar vor ihr stand, blickte sie mir ins Gesicht.
    »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«
    Die Frau schaute zunächst durch mich hindurch. Dann schüttelte sie den Kopf.
    »Nein, nein. Vielen Dank.« Ihre Stimme war so leise, daß sie kaum zu verstehen war.
    Ich lächelte der Frau aufmunternd zu und drehte mich um. Es war falsch gewesen, sie anzusprechen. Ich war hier schließlich nicht in der Schule.
    »Sie haben Dr. Peuler gefunden, nicht wahr?«
    Ich drehte mich um. Tatsächlich, die Frau hatte mich angesprochen. Mit verschwommenen Augen sah sie mich an. Ich nickte.
    »Und Sie sind Lehrer am Elli, stimmt’s?«
    Ich nickte wieder und überlegte krampfhaft, woher die Frau mich kannte. Keine Chance. Als Lehrer war man nie sicher. Vielleicht die Mutter eines Schülers.
    »Haben Sie schon von dem zweiten Mord gehört? Von dem Mord an Frau Peuler?«
    Ich setzte mich in die Bank unmittelbar vor der Frau und drehte mich zu ihr nach hinten.
    »Ja, ich hab’ davon

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