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Krank für zwei

Krank für zwei

Titel: Krank für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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gehört. Schlechte Nachrichten verbreiten sich ja bekanntlich am schnellsten.«
    »Sie hat mich angerufen. Gestern Abend. Sie wollte mit mir sprechen.«
    »Wie bitte?«
    »Wir haben einen Termin vereinbart. Heute mittag wollten wir uns treffen. Ich sollte zu ihr kommen, und ich war auch da. Ich war schon ganz verwundert, weil sie nicht zu Hause war. Eine Viertelstunde lang habe ich vorm Haus gewartet, dann bin ich gefahren. Ich habe gedacht, sie hat es sich anders überlegt.«
    »Woher kannten Sie Frau Peuler denn überhaupt?«
    »Ich arbeite auch hier in der Klinik. Daher kenne ich ihren Mann. Bei einem Vortrag habe ich sie dann mal zufällig privat getroffen. Nachher haben wir noch zusammen etwas getrunken und uns dabei ganz gut unterhalten.«
    »Und warum wollte Frau Peuler mit Ihnen reden? Einfach nur so, um ihre Trauer abzuladen?«
    »Natürlich, vor allem deshalb. Sie suchte ein Gespräch, um die Situation besser bewältigen zu können. Darüber bin ich sehr froh.«
    Ich nickte.
    »Aber da war noch mehr.« Der jungen Frau stiegen wieder die Tränen in die Augen. »Sie wollte mir etwas erzählen. Sie sagte, sie habe so ein komisches Gefühl.«
    »Ein komisches Gefühl? Was meinte sie damit?«
    »Ich weiß es nicht. Aber sie meinte, sie könne sich gar nicht erklären, warum jemand ihren Mann habe umbringen wollen. Er sei doch so ein lieber Mensch gewesen.«
    »Aha.«
    »Sie könne das alles nicht verstehen, und deshalb müsse sie immer an diese alte Geschichte denken.«
    »An die alte Geschichte? Was meinte sie damit?«
    »Das habe ich auch gefragt als ich sie am Telefon hatte. Aber dann hat sie ganz furchtbar geweint, richtig geschluchzt hat sie. Und sie hat gesagt, sie könne jetzt nicht mehr. Morgen werde sie mir alles erzählen. Und dann hat sie aufgelegt.«
    Meine Gesprächspartnerin mußte jetzt auch wieder weinen. Sie zog ein zerfleddertes Taschentuch aus der Hosentasche und putzte sich damit die Nase.
    »Wenn ich gestern einfach hingefahren wäre«, schluchzte sie jetzt. »Dann würde Eva Peuler vielleicht noch leben.«
    »Das alles war nicht absehbar«, versuchte ich sie zu beruhigen. »Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen.«
    »Aber sie hätte mir die Sache sicherlich schon gestern erzählt. Und dann hätten wir Maßnahmen ergreifen können. Sie hat doch einen Verdacht gehabt.« Die Stimme der jungen Frau war jetzt völlig außer sich.
    »Sie hatten für heute einen Termin. Kein Mensch konnte ahnen, daß vorher noch etwas passieren würde.«
    »Ich habe noch überlegt, aber ich dachte, sie müsse sich sowieso erst beruhigen. Und dann –« Die Frau schluchzte hemmungslos heraus. Ich setzte mich neben sie und versuchte sie zu trösten.
    »Sie müssen mit der Polizei sprechen«, sagte ich irgendwann, als sie sich etwas beruhigt hatte. »Sie müssen mit der Polizei sprechen und denen alles erzählen. Außerdem sollten Sie sich Hilfe suchen.« Ich erinnerte mich an ein Schild, das ich vor kurzem in der Cafeteria entdeckt hatte. »Es gibt hier im Haus eine Krankenhausseelsorgerin. Ich meine, Sie können gerne weiter mit mir sprechen, wann immer Sie wollen. Aber wenn Sie etwas anderes suchen, dann wenden Sie sich doch einfach an sie. Sie ist geschult. Sie kann Ihnen sicher helfen, damit Sie sich nicht weiter Vorwürfe machen.«
    Auf einmal sah mich die junge Frau aus ihren verweinten Augen überrascht an.
    »Die Krankenhausseelsorgerin? Aber das bin ich doch selbst.«
    +
    Im Zimmer setzte er sich auf einen Stuhl und versuchte, sich zu beruhigen. Er hatte ja nur einmal schauen wollen. Schauen, ob es da irgend etwas Interessantes gab. Die beiden Patienten aus 344 hatten davon erzählt. Daß plötzlich so ein Knilch vor der Balkontür gestanden hatte. Und daß er sich angeblich ausgeschlossen hatte. Aber natürlich wußten die Patienten, daß nebenan kein normales Patientenzimmer war. Nebenan war das Zimmer vom Chefarzt. Und in diesem Zimmer hatte doch vor kurzem ein Mord stattgefunden. Da war es einfach seltsam, daß plötzlich dieser Mann von dort herübergekrabbelt kam.
    Deshalb hatte er nur mal schauen wollen. Schauen, was das für einer war. Und dann hatte er auf einmal die Locke gefunden! Sie hatte in der Schublade seines Nachtschränkchens gelegen. Ganz obenauf. Er hatte es gar nicht glauben können. Wie war dieser Mann an die Locke gekommen? Und warum hatte er sie verwahrt? Was wollte er damit? Er hatte der Versuchung nicht widerstehen können und die Locke an sich genommen. Dann hatte er fieberhaft

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