Krank (German Edition)
zurück. Sonny Burton hatte einen Imbisswagen, verkaufte Chips, Brezeln und so. Zwei Tage, bevor sein Wagen in einer Schlucht gefunden wurde, hatte man ihn als vermisst gemeldet. Sonny lag mit auf der Brust gefalteten Händen unter dem Vorderrad. Und obwohl er tot war, stand sein Mund sperrangelweit offen, als würde er schreien. Auf dem Boden haben wir ein paar Stiefelabdrücke entdeckt. Nach solchen Abdrücken hielt ich vorgestern Ausschau, wie Ihnen ja aufgefallen ist. Wenn mich nicht alles täuscht, kennen Sie sich mit derlei Dingen sehr gut aus.«
Ich nickte. »In einer Gegend wie dieser sind zwei Mordfälle in so kurzer Zeit wahrscheinlich ungewöhnlich, anderenorts bedauerlicherweise eher an der Tagesordnung. Was bringt Sie auf die Idee, dass Burton und der Typ von gestern etwas miteinander zu tun haben?«
»Die Art und Weise, wie die Polizei von den beiden Verbrechen erfahren hat.«
Darüber hatte Cherry kein Wort verloren. »Wie denn?«, fragte ich.
»Die Koordinaten standen auf einer Geocaching-Website. Ja, Sie haben richtig gehört. Der Ort, an dem Sonny Burtons Leichnam lag, war dort samt seiner Koordinaten gelistet. Eine Gruppe Teenager hat ihn entdeckt.«
»Geocaching ist so etwas wie eine Schnitzeljagd mit GPS , oder?«
McCoy nickte. »Das ist gerade der neuste Hype. Irgendwelche Leute verstecken Tauschgegenstände oder ein Logbuch und posten die Koordinaten im Netz. Mit Hilfe eines GPS -Empfängers suchen Sie dann den Cache, hinterlassen dort ebenfalls etwas oder tragen sich ins Logbuch ein. Es gibt große nationale und kleinere regionale Geocaching-Websites. Die Website, auf der Burtons Koordinaten veröffentlicht waren, nennt sich East Kentucky Geofun. Sie wird von einem jungen Burschen in Stanton betrieben, der einen eigenen Server besitzt.«
»Cherry hat doch bestimmt mit ihm gesprochen, oder?«
»Klar. Das ist ein sechzehnjähriger Technikfreak, der keine Ahnung hatte. Die Website ist freigeschaltet, so dass jeder mit einem Internetzugang darauf etwas posten kann – anonym. Ein paar Teenager aus der Gegend haben die neuen Koordinaten gesehen und sind losgezogen. Die dachten natürlich, sie finden einen ganz normalen Cache.«
»Und stattdessen stießen sie auf Burton, auf dessen Brustkorb ein Laster geparkt war. Und so ist es auch bei dem Mann aus der Hütte gelaufen?«
»Nein, nicht ganz«, sagte McCoy. »Obwohl die Unterschiede eher minimal sind, aber … Eine Sache war allerdings komisch. Geocaching-Nachrichten werden in einem Standardformat auf den Websites veröffentlicht: Der Name des Cache, die Koordinaten und ein oder mehrere Namen, je nachdem, wie viele Personen das Cache versteckt haben.«
McCoys Ausführungen hatten mein ungeteiltes Interesse. »Und was war hier anders?«, wollte ich wissen.
Der Ranger zog einen Stapel gefalteter Papiere aus seinem Rucksack. »Ich will Ihnen mal zeigen, wie ein typisches Geocaching aussieht …«
Er strich eine Seite glatt und reichte mir einen Computerausdruck mit Geocaching-Einträgen. Das Format war tatsächlich spartanisch.
Haystack Rock
N XX.XXXXX° W XXX.XXXXX°/Johnny Cache
»Das sind der Name des Cache, die Koordinaten und der Name desjenigen, der den Schatz versteckt hat. Offenbar hat der Autor Sinn für Humor«, erläuterte McCoy. »Und da unten ist der Eintrag, der die Jugendlichen zu Sonnys Leichnam gelotst hat …«
= (8) =
N XX.XXXXX° W XXX.XXXXX°
»Ein kryptisches Symbol und Koordinaten«, meinte McCoy. »Mehr nicht. Der Computer registriert die Veröffentlichung automatisch.«
»Haben Sie eine Idee, wofür die Acht stehen könnte? Ist damit eine Uhrzeit, eine Campingplatznummer oder ein um neunzig Grad gedrehtes Unendlichkeitszeichen gemeint?«
Er zuckte mit den Achseln. »Donna Cherry und ich haben stundenlang gegrübelt, was die Zeichen und Zahlen, einzeln oder zusammen betrachtet, bedeuten könnten … ohne Ergebnis.«
»Arbeiten Sie und Cherry zusammen?«
»Im National Forest fungiere ich quasi als Ordnungshüter, und außerdem kenne ich mich hier in der Gegend besser aus als irgendjemand sonst.«
Ich tippte auf das zweite Koordinatenpaar. »Tauchte das hier auch auf der Geocaching-Website auf, die zu dem Mann in der Hütte führte?«
»Nein, das waren selbstverständlich andere Koordinaten, und die in Klammern stehende Zahl war auch eine andere.«
= (5) =
N XX.XXXXX° W XXX.XXXXX°
Ich starrte auf den Zettel und zuckte mit den Achseln. Auch mir sagten diese Zeichen nichts.
Wir schulterten die
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