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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
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gedulden sollte, und verschwand im Raum nebenan. Eine Minute später kehrte er mit einem Fernglas auf einem Stativ zurück und streichelte es liebevoll.
    »Das hier ist ein Bushnell’s. Damit erkennt man eine Mücke aus einer Entfernung von hundert Schritten.«
    Ich tat so, als bewundere ich seinen Feldstecher. »Und das Pärchen ist nicht ausgestiegen?«
    »Während ich die beiden beobachtete, musste ich ein-, zweimal pinkeln gehen, was bei mir ein bisschen dauert, wegen der Prostata. Und ab und an konnte ich sie auch gar nicht sehen, weil sie, wie ich mir dachte, ähm, sie …«
    »Den Akt des Beischlafs vollzogen«, kam ich ihm zu Hilfe. »Und ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigten.« Ich griff nach seiner dürren Hand und schüttelte sie. »Gott segne Mitbürger wie Sie, Sir.«
    Da blähte er sich noch mehr auf. »Einmal habe ich sogar beobachtet, wie eine Horde Mexikaner auftauchte, und sofort die Polizei verständigt.«
    »Wirklich, Sir?«
    »Sie hatten sich auf einem mit Maiskolben beladenen Traktoranhänger versteckt. Das war mitten in der Nacht, und ich hatte gehofft, das zu sehen, was Sie eben beschrieben haben. Der Traktorfahrer ist abgestiegen, hat die Plane weggenommen, und dann kamen drei Mexikaner aus dem Mais gekrochen. Als die Bullen auftauchen, haben sie gerade gegessen und irgendeinen Schnaps getrunken.«
    Ich salutierte anerkennend und war schon im Begriff zu gehen, als ich abrupt innehielt. Irgendetwas nagte an mir, ohne dass ich es greifen konnte. Im Geiste ging ich noch mal Paltrys Schilderung durch und malte mir aus, wie die Mexikaner aus einem Berg Maiskolben krabbelten. Bauernhöfe. Abgelegen. Auf Farmen gab es Traktoren und … Heu .
    Ich fischte mein Handy aus der Tasche und rief Harry Nautilus, meinen Partner in Mobile, an. »Ich denke, ich weiß jetzt, wie Bobby Lee Crayline entwischt ist«, sagte ich.
    »Das ist Ewigkeiten her, Carson. Wieso hast du dafür sechs Monate gebraucht?«
    »Dein Humor kann mir echt gestohlen bleiben, Harry. Und ja, es ist schon seltsam, ich weiß. Der Bauer hieß doch Oakes oder so ähnlich. Genau, Farley Oakes …«
    Nachdem ich ihm meine Theorie dargelegt hatte, meinte Harry: »Glaubst du allen Ernstes, es hat sich so abgespielt?«
    »Falls es so gelaufen ist, gibt es zwei mögliche Erklärungen: Entweder wurde Oakes erpresst oder er hat freiwillig mitgemacht. Hm, ich tendiere eher zu Beihilfe.«
    »Er konnte einfach so wegfahren?«, hakte Harry nach. »Dieser Farmer?«
    »Das war zugegebenermaßen dumm, aber alle haben sich auf die toten Wachmänner und das Motorrad konzentriert, mit dem Crayline ihrer Meinung nach geflohen ist.«
    »Ich will mal sehen, was Babe Ellis und Sandhill von deiner Idee halten«, meinte Harry. »Könnte durchaus Spaß machen. Was machen deine Ferien?«
    »Im Moment bin ich gerade auf der Suche nach einem Leichnam, der aus einem Bestattungsinstitut verschwunden ist.«
    »Findest du dort keine Freizeitbeschäftigung, die eher zu einem Urlaub passt? Gibt es keine hübschen Frauen in der Gegend?«
    »Eine schon. Und sie unterstütze ich gerade bei der Suche …«
    »… nach dem Leichnam, der aus dem Bestattungsinstitut verschwunden ist. Klar doch.«
    *
    Cherry lehnte am Kotflügel, als ich auf sie zukam. »Und?«, fragte sie mit hoffnungsvoller Miene.
    »Dank dem alten Lustmolch weiß ich nun womöglich, wie ein Psychopath namens Bobby Lee Crayline auf der Fahrt ins Gefängnis ausgebüchst ist.«
    »Und wie hilft uns das hier weiter?«
    »Gar nicht.«
    Wir stiegen in ihren Dienstwagen und bogen auf den Mountain Highway. Östlich von Stanton zog Cherry einen Block hervor, überflog ihre Notizen und fuhr eine Rampe hinunter.
    »Wohin soll’s gehen?«, fragte ich.
    »Wir machen noch einen kurzen Abstecher zu diesem Haus an dem Weg, der zu Tandee Powers’ Tatort führt. Vielleicht treffen wir diesmal jemanden an. Neulich hatten wir ja leider kein Glück.«
    Ich erinnerte mich an das kleine Haus, das für meinen Geschmack zu weit von der Straße entfernt lag, als dass die Bewohnerin etwas hätte hören können.
    »Sie sagten, Sie kennen die Bewohnerin?«
    »Eine ältere Dame. Hm, wer weiß? Vielleicht ist sie inzwischen gestorben. Wie ich bereits erwähnte, ist sie Anfang achtzig. Das wird nicht lange dauern, und danach bringe ich Sie nach Hause, damit Sie in aller Ruhe packen können.«
    Ein Blick auf Cherry führte dazu, dass ich kurz an meinem Entschluss zweifelte, doch wenn ich blieb, würde ich nur noch tiefer in dieses

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