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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
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nicht begeistert. Auf dem Weg zur Tür lobte ich noch mal ihre Arbeiten. Und hatte einen unerwarteten Geistesblitz.
    »Da wäre noch etwas, Miss Bascomb«, meinte ich. »Das Geräusch, das das erste Fahrzeug machte. Meinen Sie, Sie könnten es für mich malen?«
    Ein Lächeln huschte über ihr runzliges Gesicht, als würde mein Anliegen sie amüsieren.
    »Warum nicht? Lassen Sie mich meine Sachen holen.« Sie ging zu einem Schrank und kehrte mit einem Blatt Papier und einer Schachtel mit bunter Malkreide zurück.
    »Meine Tochter … sie lebt oben in Louisville … besorgt mir die Kreide immer in einem Laden für Künstlerbedarf«, erzählte sie, nahm auf dem Schaukelstuhl Platz und legte den Papierbogen auf einen der Klapptische. Schließlich durchforstete sie ihr Gedächtnis, bewegte die Lippen zu den Tönen, die sie in ihrem Kopf abgespeichert hatte, wählte die passenden Farben aus und begann zu zeichnen.
    Zwei Minuten später reichte sie mir ihr Werk. Auf dem Blatt war eine stark geschwungene Linie zu sehen mit einem bemerkenswerten Farbverlauf: Gelb ging in Grün und am Blattrand in Blau über. Ich schaute aus dem Fenster und erblickte hundert Meter weiter die Brücke, auf der Cherry vom Gas gegangen war. Nach der Überquerung der Brücke hatte das Fahrzeug, für das wir uns interessierten, bestimmt an Tempo zugelegt, jedenfalls soweit die von Schlaglöchern übersäte Piste es erlaubte, und auf fünfunddreißig, wenn nicht gar vierzig Kilometer pro Stunde beschleunigt. Die Farben auf Miss Bascombs Zeichnung wechselten – entsprechend den Geräuschen, die sie gehört hatte – ziemlich abrupt.
    »Standardschaltgetriebe«, meinte ich, woraufhin Cherry mich sprachlos anstarrte.

Kapitel 27
    Cherry setzte mich vor meiner Hütte ab, wo wir beide ausstiegen. »Tja, Ryder, das war’s dann wohl«, rief sie mir mit verkrampftem Lächeln über das Autodach zu. »Tut mir leid, dass aus Ihrem Urlaub ein Arbeitsaufenthalt geworden ist. Und ich habe Sie wirklich nicht angerufen, nur um das noch mal klarzustellen.«
    »Das weiß ich«, meinte ich.
    »Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Ihre Gesellschaft. Ich wünschte nur, wir hätten mehr Zeit gehabt und … »
    Ich drehte mich zur Hütte um. Irgendetwas stimmte nicht – Mix-up war verschwunden.
    »Was ist, Ryder?«
    »Mix-up. Wo steckt er? Mix-up!«, brüllte ich in Richtung Wald. »He … Mr. Mix-up. Komm her, Junge!«
    Keine Spur von meinem Hund. »Komisch«, sagte ich zu Cherry. »Normalerweise haut er nicht ab.«
    Sie klatschte in die Hände und rief: »Hierher, Mix-up!«
    Ich stimmte mit ein. Gemeinsam schritten wir die Auffahrt ab und riefen nach meinem vierbeinigen Gefährten. Ich beschloss, im Wald nach ihm zu suchen, und versprach ihr, sie zu informieren, sobald ich ihn gefunden hatte. Ich pfiff, klatschte in die Hände, schlug mit einem Holzlöffel auf seinen Metallfressnapf. Auf diese Weise gelang es mir sonst immer, ihn anzulocken. Zuerst marschierte ich eine Meile flussaufwärts, kehrte um, lief in die entgegengesetzte Richtung und machte so lange weiter, bis meine Hand vom Schlagen weh tat und meine Stimme heiser wurde.
    Entgegen meiner Erwartung kam Mix-up nicht fröhlich bellend aus dem Unterholz gelaufen.
    Mit dem Pick-up klapperte ich die in der Nähe gelegenen Straßen ab, sprach jeden Passanten an und verteilte meine Handynummer für den Fall, dass mein Hund irgendwo aufkreuzte.
    »Wie sieht Ihr Hund denn aus, Mister?«
    »Ganz anders als alles, was Ihnen bislang unter die Augen gekommen ist. Er ist ein Mischling, wie er im Buche steht.«
    Auf einer Veranda saß ein dickleibiger Mann in einem Overall mit ZZ -Top-Bart, der gerade sein Gewehr reinigte. Ich stieg aus, erzählte ihm meine Geschichte und drückte ihm einen Zettel mit meiner Nummer in die Hand.
    »Sie wissen aber, dass sich in den Wäldern Bären herumtreiben, oder?«, sagte er und spuckte Kautabak übers Geländer.
    Ich nickte. »Sind sie eine Gefahr für ihn?«
    Er dachte kurz nach. »Nee. Eigentlich sind Bären nicht gerade wild auf streunende Hunde …«
    Gott sei Dank, dachte ich.
    »Kojoten allerdings schon.«
    Mit klopfendem Herzen setzte ich meine Suche fort, gerierte mich eine gute Stunde lang wie ein religiöser Eiferer und verteilte Zettel mit meiner Handynummer. Als ich auf einem Seitenstreifen ein pelziges Etwas ausmachte, wurde mir mulmig. Ich hielt an, stellte erleichtert fest, dass es sich um ein totes Reh handelte, und gab wieder Gas. Hin und wieder bremste

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