Kraut und Rübchen - Landkrimi
Haus mit einem Haufen Viecher dazu?
»Sie müssen zweimal am Tag gefüttert werden, solange sie noch im Stall stehen. Dazu kommt das Ausmisten.« Sie schob die letzten Krümel über den Teller und trank ihr Glas aus. »Heute Abend zum Beispiel kann ich das nicht machen. Ich dachte ja, Sie bleiben hier, und da hab ich mir …« Sie verstummte und hob entschuldigend die Schultern.
Ich ließ die Gabel sinken und schloss für einen Moment die Augen. Ein Haus, das im Schlamm versinkt, poröse Wände, eine schwangere Ziegenherde und eine Art Tagebuch, in dem von Mord die Rede ist. Nichts davon fand sich auf der imaginären Wunschliste, die ich mir für mein neues Leben auf dem Land gebastelt hatte.
Mila Seidenmacher stand auf und stellte ihren Teller und das leere Glas in die Spüle.
»Ich muss dann auch mal. Bleiben Sie ruhig sitzen. Ich kenne den Weg.« Sie ging durch den Flur, und ich hörte, wie sie die Wohnungstür zuzog.
Ich seufzte und stützte meinen Kopf in beide Hände. Ziegen füttern. Klar. Ich, die keine Ahnung von nichts hatte. Ich blickte auf und schob den Stuhl zurück. Mila Seidenmacher musste mir zumindest noch sagen, was die Viecher zum Abendessen bekamen. Ich ging ihr hinterher. Vielleicht erwischte ich sie noch. Mit Schwung stieß ich die Tür zum Eingangsflur auf.
Mila hockte auf dem Boden, eine Hand gegen die Wand gestützt, mit der anderen tastete sie das Innere des Hohlraums ab. Sie fuhr zusammen, als sie mich sah. Sie räusperte sich.
»Ganz schönes Kaliber, dieses Loch.« Sie nickte zur Bestätigung ihrer eigenen Worte. »Und hier«, sie zog ein Bündel trockenen Strohs aus der Tiefe der Wand, »das ist vermutlich in allen Zwischenräumen im Haus so. Kein Wunder, dass Marion im Winter so viel heizen musste. Da isoliert nichts mehr.« Sie stand auf, wischte ihre Hände aneinander ab und schob sich an mir vorbei nach draußen. »Stellen Sie mir die Kuchenhaube einfach vor die Tür, bevor Sie fahren.« Sie zeigte auf das nächste Haus, das in fünfzehn Metern Entfernung stand, wandte sich ab und trabte die Stufen hinunter. Im Gehen zog sie ein Päckchen Zigaretten aus der Hosentasche und zündete sich eine Zigarette an.
Ich runzelte die Stirn. Ein bisschen überstürzt, der Aufbruch. Was hatte sie an dem Loch zu schaffen gehabt? Vielleicht hatte sie wirklich nur nach dem Schaden sehen wollen. Vielleicht aber auch nicht. Ich drehte mich auf dem Absatz um, ging wieder ins Haus und zog das Buch unter meinem Pullover hervor. Jetzt hatte ich sie doch nicht nach den Ziegen gefragt. Egal. So schwer konnte das nicht sein. Die Viecher erwarteten sicher kein Vier-Gänge-Menü.
»Herr Hoppenstedt, du kannst dich ruhig noch ein Weilchen unter der Anrichte aufhalten«, wandte ich mich an das tierische Familienmitglied im Haus. »Wir fahren heute doch nicht zurück.«
Bittersüßer Nachtschatten , Solanum dulcamara – breitet sich als Kletterpflanze bis zu zehn Meter aus. Alle Teile der Pflanze enthalten Steroidalkaloide und Saponine, ein Gift, das sich auf das zentrale Nervensystem auswirkt und durch Atemlähmung zum Tod führen kann. Früher sprach man den Pflanzen Schutzwirkung gegen Teufel und Zauberei zu.
Drei
Dunkles, abgewetztes Leder. An einigen Stellen so brüchig, dass kleine Stückchen der obersten Schicht abbröckelten. Ich betrachtete das Buch vor mir auf dem Tisch und strich behutsam mit der Hand darüber, bevor ich es aufschlug. Diesmal nicht mittendrin, sondern auf der ersten Seite. Gelbliches Papier knisterte. Mein Handy vibrierte und tanzte über den Tisch. Eine unterdrückte Nummer.
»Rübchen.«
»Katharina?«
»Ja.« Es war Björn.
»Sag mal, was fällt dir eigentlich ein, hier alles stehen und liegen zu lassen und einfach abzuhauen?«, tönte es aus dem Hörer. Verblüfft starrte ich mein Handy an, bevor ich mich wieder fing.
»Ist das der Grund, warum du mit unterdrückter Nummer anrufst? Weil du mich zusammenfalten willst und Angst hast, ich gehe nicht ran, wenn ich sehe, dass du das bist?« Wenn er beim ersten Satz so einen Ton anschlug, musste er sich nicht wundern, wenn ich zurückbiss.
»Jetzt lenk nicht vom Thema ab. Wo bist du?«
»Woher weißt du, dass ich weg bin?«
»Dein Schreibtisch ist leer.«
»Und daraus schließt du, dass ich weg sein muss. Da du mir ja so wunderbare Aufgabengebiete verpasst hast, die die Möglichkeit einer Recherchetour definitiv ausschließen.«
»Red doch keinen Unsinn. Du hast neue Kompetenzen und mehr Entscheidungsfreiheiten
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