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Kraut und Rübchen - Landkrimi

Kraut und Rübchen - Landkrimi

Titel: Kraut und Rübchen - Landkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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murmelte ich, als ich das Päckchen zu fassen bekam und aus dem Hohlraum zog.
    Ein Ledereinband kam zum Vorschein, nachdem ich das alte Einschlagpapier entfernt hatte. Eine Kladde, etwas schmaler als ein kleines Schulheft, aber deutlich dicker. Ich drehte das Buch um. Außen war nichts darauf geschrieben. Ein dünnes Lederbändchen war zweimal um den Einband gewickelt und zu einer Schleife gebunden worden. Ich runzelte die Stirn. Was konnte das sein? Das Buch roch muffig, und an einigen Stellen war das Leder brüchig. Ich strich über die trockene Lederhaut, schob die Enden des Bändchens hin und her. Warum hatte ich Skrupel? Das Buch hatte in der Wand des Hauses gesteckt, das ich geerbt hatte. Es war also genau betrachtet mein Eigentum, und ich konnte damit machen, was ich wollte. Trotzdem kam es mir vor, als ob ich in etwas sehr Privates eindringen würde, zu dem ich eigentlich kein Zugangsrecht hatte. Ich löste das Band und schlug das Buch wahllos an einer Stelle auf. Eine altertümliche Handschrift füllte die Seiten, und ich hatte Mühe, sie zu entziffern. Lange her, dass ich so eine altmodische Schreibschrift hatte lesen müssen. Es dauerte einen Moment, bis die Worte einen Sinn für mich ergaben.
    Sie wollte nicht, dass er litt. Deswegen war die Auswahl der Mittel von besonderer Bedeutung. Einen schnellen, von allen Schmerzen befreiten Tod kann man auf vielerlei Weisen herbeiführen. Die Natur deckt uns den Totentisch dazu. Ich brachte ihr das Säcklein, sprach die Anweisungen, und als sie am nächsten Tag in Witwentracht bei mir erschien, wusste ich, dass mein Vorhaben wieder einmal geglückt war.
    »Katharina?« Mila Seidenmacher versuchte, die Tür zu öffnen, vor der ich hockte. Ich klappte das Buch zu, schlug es in das Papier ein und stopfte es unter meinen Pullover. Ich fühlte mich ertappt wie ein kleines Schulmädchen. »Ist irgendwas?«, fragte sie durch den Spalt.
    »Nein, nein. Alles okay.« Ich trat einen Schritt von der Tür weg. »Ich habe mir nur kurz das Loch angeschaut, das Herr Hoppenstedt und ich verbockt haben. Ich hoffe, ich kann es reparieren, bevor die ersten Käufer zur Besichtigung kommen.«
    Hatte ich da gerade wirklich von einem Mord gelesen? Oder sogar von mehreren? »… dass mein Vorhaben wieder einmal geglückt war.« Das konnte doch nicht sein. Was war das für ein Buch, das ich in der Wand meines Hauses gefunden hatte? Am liebsten hätte ich sofort nachgesehen, aber Mila drückte sich an mir vorbei, öffnete die Haustür und griff um die Ecke. Als ihre Hand wieder zum Vorschein kam, hielt sie darin einen Teller mit einem kleinen Kuchen unter einer Plastikhaube.
    »Tadaa.« Sie nahm die Haube ab und hielt mir den Kuchen unter das Gesicht. Sofort zog mir ein verführerischer Duft nach Aprikosen in die Nase, und ich merkte, wie hungrig ich war. Ich folgte ihr in die Küche, zog einen der Holzstühle vom Tisch weg und setzte mich.
    Das Buch musste warten, bis Mila wieder verschwunden war. Das war etwas, was ich nicht an die große Glocke hängen wollte. Wer weiß, wer das geschrieben hatte. Wenn es nun Marion gewesen war?
    »Streusel mit Aprikosen und Schmandcreme«, sagte Mila Seidenmacher. Sie nahm ein Messer, teilte den Kuchen in vier Stücke und legte jeweils eins auf die beiden Teller. »Kaffee ist keiner da, aber ich habe noch etwas von Marions Gundermann-Giersch-Sirup gefunden.« Sie hielt eine kleine Flasche hoch, in der eine grün-gelbliche Flüssigkeit schwappte. »Marion nannte es immer ihre Unkrautlimonade. Schmeckt super mit frischem Wasser.«
    Ich hatte Mühe, mich auf das, was sie sagte, zu konzentrieren, nickte nur und aß einen Bissen vom Kuchen.
    »Wenn Sie das Haus verkaufen wollen«, sagte Mila und legte ihre Gabel hin, »was soll dann mit den Ziegen passieren?«
    »Welche Ziegen?« Ich nahm einen Schluck von dem Kräutergetränk und ließ es mir über die Zunge laufen. Eindeutig zu süß für meinen Geschmack, aber die Lakritznote gefiel mir.
    »Marions kleine Herde. Sie hat drei Ziegen und einen Bock. Er heißt Ludwig. Eines der Weibchen ist auf jeden Fall trächtig, bei den anderen beiden ist es noch nicht sicher.« Sie griff wieder nach ihrer Gabel und stach auf ihr Kuchenstück ein. »Ich habe sie in den letzten Wochen versorgt, aber es ist auf Dauer schon ein bisschen viel für mich.«
    Entgeistert sah ich sie an. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Eine Ziegenherde passte nun definitiv nicht in meine Pläne. Wer kaufte schon ein altes heruntergekommenes

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