Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kraut und Rübchen - Landkrimi

Kraut und Rübchen - Landkrimi

Titel: Kraut und Rübchen - Landkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
Vom Netzwerk:
ob er mich nun endgültig in die Verrücktenecke packen würde.
    »Jedes Tier, das zu mir in die Praxis kommt, checke ich auf irgendeine Kennzeichnung. Dein Herr Hoppenstedt hat zwar eine Tätowierung im Ohr, aber die ist so verblasst, dass kein Mensch sie mehr lesen kann. Du solltest ihm einen Chip einsetzen und ihn bei Tasso registrieren lassen. Wenn ihr beide hier in Kleinhaulmbach bleibt, wird er sicher noch öfter die Gegend erkunden.«
    »Mach ich. Versprochen.«
    »Okay. Ich mache dir auch einen Sonderpreis.« Er grinste kurz, wurde dann aber wieder ernst. »Wärst du sonst länger geblieben?«
    »Ich denke.«
    »Gut.« Er kam zu mir, umarmte und küsste mich. Seine Hände wanderten über meinen Rücken.
    »Nix da«, murmelte ich und wand mich aus seinem Griff. »Ich habe noch etwas vor.« Ich nahm Handtasche und Autoschlüssel, schob Alex aus der Tür und schloss hinter uns beiden ab. Herr Hoppenstedt maunzte lauten Protest durch die geschlossene Tür.
    »Und was, wenn ich fragen darf?«
    »Darfst du.« Ich ging vor ihm her auf mein Auto zu und stieg ein. »Ich fahre nach Heunestadt und statte dort jemandem einen Besuch ab.«
    »Heunestadt?«
    »Richtig. Ich begebe mich jetzt in die Höhle des Löwen und werde versuchen, die Lage zu sondieren. Froböss kennt mich noch nicht, also weiß er nicht, welche Einstellung ich zu der ganzen Problematik habe. Mal sehen, was er so rauslässt.«
    »Ich muss dir noch was sagen.« Alex hielt die Autotür einen Spaltbreit offen.
    »Wenn ich wieder zurück bin. Ich muss jetzt los, sonst treffe ich in der Firma niemanden mehr an.« Ich schloss die Tür und winkte ihm durch die geschlossene Scheibe.
    »Katharina, es ist –«
    »Später. Ich komme bei dir vorbei, wenn ich wieder da bin.«
    Ich starrte ihr hinterher, rührte mich nicht von der Stelle, war wie gelähmt und fühlte mich dabei wie ein Stück Vieh vor dem Schlachter, das Messer an den Rippen. Ein letzter Atemzug, bevor mich der Schmerz durchfuhr. Tief in meiner Brust. Er kroch durch den Leib nach oben bis zum Hals. Mir schwindelte, ich suchte Halt am Türrahmen, fiel in mich zusammen. Hinter meinem Brustbein riss und zerrte es an mir, brannte wie Feuer. Angst strich mir Schweiß über die Haut. Margarete sah auf. Sie kam zu mir. Mit ihren fünf Jahren verstand sie nicht, was mit mir passierte.
    »Lauf und hol die Magd«, flüsterte ich und kämpfte gegen den Druck in meiner Brust an. Ich schloss die Augen. Es war nicht das erste Mal, dass mein Herz mir den Dienst versagen wollte, dass es muckte und sich auflehnte gegen zu große Last. Aber meist war das bei der Arbeit geschehen, wenn ich zu schwer gehoben, zu hart das Korn geschlagen oder zu schnell gelaufen war, um ein verirrtes Schaf wieder zur Herde zu bringen. Jetzt hatte ich nicht meinen Körper angestrengt, sondern nur meine Seele.
    Ich hatte Angst. Vor dem, was die Frau des zweiten Frobössbauern anrichten würde, wenn sie das Reden anfing.
    Die Magd kam gelaufen, half mir auf und wollte mich in meine Kammer bringen. Ich wehrte sie ab.
    »Ich muss zuerst in die Kräuterstube«, wies ich sie an. Sie fragte nicht, sondern half mir mit langsamen Schritten und untergefassten Armen dorthin. Ich suchte das Fläschchen mit der Weißdorntinktur, hob den Verschluss ab und trank einen großen Schluck davon. Es würde schnell helfen, wenn der Schmerz in meiner Brust nicht mein letzter sein sollte, sondern nur eine Warnung. Ich setzte mich, lockerte meinen Kragen, atmete langsam und bedächtig. Die Magd sah mich besorgt an, und auch Margarete stand mit weit aufgerissenem Mund vor mir. Der Schmerz veränderte sich. Wurde dumpfer, verebbte langsam, und der Schraubstock um meine Leibmitte lockerte sich. Die Tinktur half. Ich würde jetzt nicht sterben. Noch hatte ich Zeit, die Dinge zu tun, die ich tun musste.
    »Bring mich in mein Bett«, befahl ich der Magd.
    Ich schlief, bis Johannes und Katharina wieder vom Feld zurückkehrten, und versicherte ihnen, dass es mir besser ging. Sie wollten an meinem Lager wachen. Ich schickte sie fort. Um zu überdenken, was ich tun wollte, brauchte ich Stille und Ruhe.
    »Bringt mir das Lederbuch, das ich am letzten Markttag gekauft habe, und den Bleistift«, bat ich sie. Ich würde aufschreiben, was geschehen war in meinen Jahren auf diesem Hof. Die Taten, die Gedanken, die Gefühle. Für mich, für Katharina und für die, die es später lesen und darüber urteilen würden.
    Es dauerte eine ganze Nacht und den nächsten Tag, bis ich

Weitere Kostenlose Bücher