Kreativ fotografieren
Fotos oft etwas zu schmal und eng an (Abb. 5.8), weshalb ich dann gerne auf ein 3:2-Format hoch (Abb. 5.2) beschneide.
Auch das Quadrat (Abb. 5.4) hat seine Berechtigung und stellt oft einen angemessenen Rahmen dar. Nicht umsonst gehört es in der analogen Fotografie mit Mittelformat zu den Standardformaten.
Natürlich gibt es auch die Option Bilder absolut frei und ohne ausgewogenes Seitenverhältnis zu beschneiden. Ich mache davon gelegentlich, wenn auch selten, Gebrauch. Ich finde, dass Aufnahmen auf ein Format mit aufeinander bezogenen Proportionen einfach besser wirken. Ob das auch für Sie zutrifft, ob Sie Bilder frei beschneiden, oder ob Sie auch der Regel folgen, dass Bilder im Sucher komponiert werden müssen und danach nicht mehr beschnitten werden dürfen, müssen Sie selbst herausfinden und entscheiden. Am Ende ist es eine Frage der Philosophie, und weniger von richtig oder falsch.
Abb. 5.8 | 3:2 Hochformat
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Drittel-Regel oder Goldener Schnitt?
Der Goldene Schnitt ist ein Verhältnis, an dem sich von den Baumeistern der Antike über die Künstler der Renaissance bis zu den Produktdesignern der Gegenwart viele Gestalter orientiert haben. Er lässt sich aus dem Quadrat konstruieren (Abb. 5.9), findet sich im Pentagramm (Abb. 5. 10) und lässt sich in vielen, in der Natur vorkommenden Proportionen nachweisen. Kein Wunder also, dass der Goldene Schnitt auch in der Fotografen-Szene in aller Munde ist.
Genau genommen, besagt der Goldene Schnitt, dass eine Strecke so geteilt wird, dass sich die kürzere Strecke zur längeren exakt gleich verhält, wie die längere zur Gesamtstrecke (Abb. 5.11).
So mathematisch exakt muss der Fotograf das allerdings gar nicht wissen. In der Fotografie stellt der Goldene Schnitt einen relativen Begriff dar, der eigentlich gleich bedeutend mit der so genannten Drittel-Regel verwendet wird. Das heißt, wenn ein Fotograf von der Bildkomposition im Goldenen Schnitt spricht, ein anderer von einer Bildaufteilung nach der Drittel-Regel, meinen im Grunde beide dasselbe. Man könnte es auch noch etwas allgemeiner ausdrücken und einfach von einer asymmetrischen Bildgestaltung sprechen – im Gegensatz zur symmetrischen Bildgestaltung.
Abbildung 5.12/5.13 zeigen ein Motiv, das symmetrisch im Bildausschnitt ausgerichtet wurde. Symmetrische Ausrichtung führt meist zu einer statischen Bildwirkung, was oft als langweilig empfunden wird.
Bei Abbildung 5.14/5-15 habe ich die Bildkomposition asymmetrisch mittels Drittel-Aufteilung ausgerichtet, also die Drittel-Regel angewendet. Diese Aufteilung macht das Bild deutlich interessanter, als alles auf Mitte zu stellen.
Etwas moderater wirkt die Ausrichtung anhand der Linien des Goldenen Schnitts (Abb. 5.16 und 5.17). Allerdings ist der Unterschied zwischen Drittel-Regel und Goldenem Schnitt äußerst gering. So gering, dass er sich in der Praxis beim Fotografieren eigentlich nicht unterscheiden lässt.
Tatsächlich spricht man oft sogar dann noch von einer Bildkomposition nach den Regeln des Goldenen Schnitts, wenn die Proportionen überhaupt nichts mit den Seitenverhältnissen zu tun hat (Abb. 5.18). Zwar führt der Goldene Schnitt (oder eine in Fotografien kaum davon unterscheidbare Drittelung) sehr oft zu spannenden Ergebnissen, doch manchmal führt ein sehr viel deutlicheres Verschieben der Achsen zu einer noch ansprechenderen Bildaufteilung. Die Frage ist also nicht Drittel-Regel oder Goldener Schnitt, sondern eher symmetrisch oder asymmetrisch.
Abb. 5.9 | Goldener Schnitt aus Quadrat
Abb. 5.10 | Goldener Schnitt im Pentagramm
Abb. 5.11 | Streckenverhältnis im Goldenen Schnitt
Abb. 5.12 | Zentriert bzw. symmetrisch
Abb. 5.13 | Statische Wirkung
Abb. 5.14 | Drittel-Regel, asymmetrisch
Abb. 5.15 | Dynamische Wirkung
Abb. 5.16 | Goldener Schnitt, asymm.
Abb. 5.17 | Dynamische Wirkung
Abb. 5.18 | Goldener Schnitt?
Symmetrisch oder asymmetrisch?
Manchmal, wenn Kollegen Fotos kommentieren, habe ich den Eindruck, dass das vernichtende Urteil »… ist nicht im Goldenen Schnitt komponiert« allzu reflexartig kommt. Asymmetrische Komposition macht die meisten Bilder tatsächlich spannender und dynamischer. Doch man sollte daraus kein Dogma machen.
Doch welche Motive werden besser symmetrisch und welche besser asymmetrisch komponiert? Eine wichtige Entscheidungshilfe liefert die Blickrichtung der Modelle.
Abb. 5.19 |
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