KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)
Robert Hooke mit Hilfe des neuen Mikroskops feststellte, dass Kork aus unzähligen, regelmäßig angeordneten kleinen Hohlräumen besteht. Diese Hohlräume erinnerten ihn an die kleinen kargen Zellen der Mönche. 3 So fand der Begriff Zelle Eingang in die Biologie. Aber erst 200 Jahre später wurde die grundlegende Bedeutung der Zellen als Atome des Lebens verstanden.
Der Botaniker Matthias Schleiden
(1804–1881) stellte die Behauptung auf, der Organismus sei »ein Aggregat von völlig individualisierten, in sich abgeschlossenen Einzelwesen, den Zellen«. Er bezog seine Erkenntnis allerdings zunächst nur auf Pflanzen und war sich noch nicht bewusst, dass er damit auf ein grundlegendes Organisationsprinzip aller Lebewesen gestoßen war. Schon ein Jahr später dehnte der Zoologe Theodor Schwann (1810–1881) in seinen Mikroskopischen Untersuchungen über die Übereinstimmung in der Struktur und dem Wachstum der Thiere und Pflanzen Schleidens Postulat auf alles aus, was unter der Sonne kreucht und fleucht. Er stellte fest: Das Leben besteht aus Zellen! Der Berliner Arzt und Philosoph Rudolf Virchow kleidete diese Erkenntnis in die griffige Formel omnis cellula e cellula. Das Leben und die Fortpflanzung beruhen auf der Teilung von Zellen.
Damit war das Rätsel des Lebens
natürlich nicht gelöst. Die Suche nach dem Geheimnis wechselte aber den Schauplatz. Der Schlüssel zur Lösung musste im Innern dieser winzigen Gebilde zu finden sein. Unter dem Mikroskop siehteine Zelle denkbar unspektakulär aus. Der Blick durch das Okular zeigt ein mehr oder weniger scharf begrenztes, meist kugeliges oder spindelförmiges Gebilde, das eine weitere Kugel oder einen bohnenförmigen Kern zu enthalten scheint. Mehr Details gibt das Lichtmikroskop auch bei höchster Auflösung kaum preis. Was im Innern der Zellen vor sich geht, blieb bis tief ins 20. Jahrhundert hinein verborgen. Die Zelle war für die Biologie eine Black Box .
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts
glaubten viele an die Präformationstheorie der Fortpflanzung. Nach dieser Vorstellung entsteht ein neuer Mensch durch bloßes Wachstum eines bereits vollständig vorgefertigten, winzigen Menschleins tief in der Eizelle. Schon bei oberflächlicherem Nachdenken ist diese Theorie ziemlich unhaltbar. Ihr zufolge hätten schließlich alle Generationen der Menschheit bereits vorgefertigt im ersten Ur-Ei angelegt sein müssen, ineinander geschachtelt wie eine schier endlose Serie winziger russischer Matroschkas. Die Präformationstheorie hatte keinerlei empirische Basis. Sie birgt so viele Widersprüche, dass sie kaum mehr ist als ein Dokument der Ratlosigkeit damaliger Wissenschaftler. Der Biologie und der Medizin des 19. Jahrhunderts fehlten die Instrumente, um ins Innere der Zelle zu blicken. Was sich dort abspielt, kann man auch mit guten Mikroskopen nicht direkt visualisieren. Erst die neuen Wissenschaften der Zell- und der Molekularbiologie stellten die Techniken zur Verfügung, die uns ins Funktionsgefüge einer Zelle blicken lassen und der Medizin die dritte Beobachtungsebene erschließen: 4 Zellen sind je nach Zelltyp und Umgebung kugelige, kuboide, flache, spindelförmige oder sogar spinnenartig verzweigte Gebilde mit einem Durchmesser von etwa 10 Mikrometern (µm), also dem tausendsten Teil eines Millimeters. Die größte menschliche Zelle ist die Eizelle. Sie ist ungefähr 30 µm groß.
Das Zellinnere ist ein Kosmos für sich.
Die Zelle ist mit einer zähen Flüssigkeit angefüllt, dem Zytoplasma. Es enthält ein unglaublich komplexes Gemisch hunderttausender unterschiedlicher Substanzen. Darunter sind chemisch einfach aufgebaute Stoffe, die auch in der unbelebten Natur zu finden sind. Typische Vertreter dieser anorganischen Moleküle sind gelöste Gase wie Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlendioxid und gelöste Salze wie Natrium-, Kalium- oder Kalzium-Salze, und natürlich Wasser, der Hauptbestandteil aller Zellen. In dieser Lösung schwimmen aber auch unzählige kleine organische Moleküle, also chemische Verbindungen, die nur in Lebewesen vorkommen.
Abbildung 2: Eine unter dem Lichtmikroskop stark vergrößerte weiße Blutzelle.
Diese kleinen organischen Verbindungen werden zum Teil in den Zellen hergestellt und weiter modifiziert. Manche davon, die sogenannten essentiellen Verbindungen, vor allem Vitamine und essentielle Fettsäuren, müssen aber mit der Nahrung aufgenommen werden. Zu diesen kleinen organischen Molekülen zählen Zucker wie Milch-, Trauben- oder
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