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KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

Titel: KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Bleif
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einer einzelnen Tumorart gibt es Kriterien, die der Pathologe im Rahmen der feingeweblichen Untersuchung identifizieren kann und die einen Einfluss auf die Neigung zur Metastasierung haben. Die Pathologen begutachten die Struktur der Tumorzellen und die Architektur des Tumorgewebes und teilen die Tumoren nach bestimmten Kriterien in Kategorien zwischen G1 und G4 ein. Dieses Kategorisierungsprinzip wird das Grading eines Tumors genannt. Je mehr sich der Krebs morphologisch von seiner Ursprungszelle entfernt und verändert hat und je höher der Anteil der Tumorzellen ist, die sich aktuell im Stadium der Zellteilung befinden, desto höher ist das Grading und desto entdifferenzierter der Tumor. Eine höheres Grading geht einher mit schnellerem Wachstum und oft mit der Tendenz zur früheren Metastasierung. Bei manchen Tumoren, wie zum Beispiel den Sarkomen, hat das Grading neben der Tumorart und dem Tumorstadium eine wichtige Bedeutung für die Prognose und die Festlegung der geeigneten Behandlungsstrategie.
    Unterschiedliche Tumorarten
haben nicht nur unterschiedlich ausgeprägte Tendenzen zur Metastasierung, sie zeigen dabei auch unterschiedliche Vorlieben für die Organe, in denen sie sich vorzugsweise einnisten. Dabei spielt die Topographie des Ursprungstumors und der drainierenden Blutgefäße sicher eine wichtige Rolle. Bevor das venöse Blut ins rechte Herz mündet, um dort vom Herzen über die Arterien wieder im Körper verteilt zu werden, muss esdie feinen Verästelungen der Lungenkapillaren passieren. Tumorzellen können in diesem Geäst hängen bleiben. Tatsächlich sind die Lungen einer der bevorzugten Orte für die Ansiedlung von Metastasen. Die meisten Organe des Bauchraums wie der Magen, große Abschnitte des Darms, die Milz und die Bauchspeicheldrüse schicken ihr venöses Blut zuerst durch das Kapillarsystem der Leber, bevor es weiter in die Lungen und schließlich ins Herz fließt. Daher ist die Leber der Ort, wo der Darmkrebs bevorzugt seine Metastasen bildet.
    Beruht der Rest auf purem Zufall?
Diese Frage trieb Stephen Paget schon vor über 120 Jahren um. Paget war damals ein junger Chirurg am West London Hospital. Auch der Suche nach Antworten auf sein Problem hatte er eine wahre Herkulesarbeit hinter sich gebracht und sich durch die Fallberichte von 735 Patientinnen gearbeitet, bei denen sich der Brustkrebs bereits im Körper ausgebreitet hatte. Paget stellte bei der Durchsicht der Fälle gewisse Regelmäßigkeiten fest, die der damals gängigen Lehrmeinungen von der zufälligen Verteilung der Krebszellen über den Körper eindeutig widersprachen.
    Die Metastasen schienen deutliche Präferenzen für ganz bestimmte Organe zu haben. Daraus leitete er eine Hypothese ab, die sich lange Zeit nur geringer Zustimmung erfreuen durfte. Paget schrieb: »Wenn Pflanzen Samen verteilen, werden diese Samen in alle beliebigen Richtungen verteilt. Aber sie können nur dort überleben und gedeihen, wo sie auf den passenden Boden fallen.« 71 Genau dieses Verhalten postulierte er auch für Krebszellen. Ob und wo eine im Blutkreislauf zirkulierende Krebszelle zur Metastase wird, sei nicht nur von der Zelle, sondern auch vom Milieu des Zielorgans abhängig.
    Es dauerte fast 100 Jahre, bis Ian Hart und Isaiah Fidler Pagets Vermutung experimentell bestätigen konnten. Die beiden Wissenschaftler verpflanzten Gewebe von Nieren, Eierstöcken oder Lungen unter die Haut von Mäusen. Dann injizierten sie Zellen von schwarzem Hautkrebs in den Kreislauf der Mäuse und stellten fest, dass die Krebszellen eine eindeutige Präferenz für Lungen- und Eierstock-Gewebe zeigten, während sie das Nierengewebe verschmähten. 72
    Auch beim Menschen sind die Vorlieben vieler häufiger Krebsarten wie dem Prostatakarzinom und vielen Typen von Brustkrebs nicht nur von den biologischen Eigenschaften der Tumorzellen abhängig, sondern auch von den lokalen Verhältnissen in den Geweben, in denen sich die Krebszelle einnisten möchte.

Fazit – Krebs entsteht nicht über Nacht
    Warum Krebs als Erkrankung der Gene verstanden werden muss, habe ich dargelegt. Lange, gewundene Pfade liegen zwischen der Genmutation und dem Ausbruch einer Krebserkrankung. Mehr als nur eine Genmutation ist notwendig, um das Kontrollsystem einer Zelle auszuhebeln. Sobald aber mehrere Gene betroffen sind, die das Gleichgewicht von Zelltod und Zellteilung steuern, kann die Situation aus dem Ruder laufen.
    Die relevanten Gene kann man in zwei Hauptgruppen einteilen:
Die

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