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KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

Titel: KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Bleif
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Proto-Onkogene sind normale Gene der Zellen. Sie produzieren Proteine, die Zellen zu Wachstum und Vermehrung anregen. Werden sie durch Mutationen überaktiv, nennt man sie Onkogene. Die zweite Gruppe von Genen wirkt genau antagonistisch. Sie stellen die Bremsen des Zellzyklus her. Diese Tumorsuppressor-Gene fallen fast immer erst dann aus, wenn beide Genkopien in der Zelle durch Mutationen inaktiviert werden. Da die zelluläre Homöostase ein System mit Netz und doppeltem Boden ist und über viele parallele und quervernetzte Signalketten reguliert wird, müssen immer mehrere Elemente der Regulation gleichzeitig ausfallen. Meistens werden die Gaspedale bis zum Anschlag durchgedrückt und gleichzeitig die Bremsen gelockert. Häufig finden wir Mutationen in Schlüsselgenen wie dem tp53-Gen oder dem Retinoblastom-Gen, die bei der Regulation der Zellteilung gleich mehrere Jobs gleichzeitig übernommen haben.
    Ein weiterer, besonderer perfider Typus von Mutationen setzt die Wächter der genetischen Integrität außer Gefecht. Manchmal stehen solche Mutationen von Genen des DNA-Reparatur-Apparats ganz am Anfang der Erkrankung. Es gibt Menschen, die sie bereits in die Wiege gelegt bekommen. Wenn solche Mutationen in Samen- oder Eizellen auftreten und weitervererbt werden, können ganze Generationen von »Krebsfamilien« entstehen, die ein deutlich höheres Krebsrisiko tragen als die Durchschnittsbevölkerung.
    Zur Jahrtausendwende haben Douglas Hannahan und Robert Weinberg
eine Liste von sechs Grundeigenschaften vorgelegt, die eine voll entwickelte Tumorzellekennzeichnen. 86 Neben der Unabhängigkeit von Wachstumssignalen, der Unempfindlichkeit gegenüber Wachstumsbremsen und den defekten Selbstmordprogrammen stehen noch drei weitere Kriterien auf der Liste. Krebszellen können selbst die Neubildung von Blutgefäßen einleiten, um sich mit Nachschub zu versorgen (d. h., sie sind fähig zur Angiogenese). Sie haben die Fähigkeit zur unbegrenzten Teilung, ohne dabei zu altern und irgendwann in das Stadium der Seneszenz überzugehen. Außerdem besitzen sie die Fähigkeit zu migrieren und sich fern ihrer angestammten Heimat neu anzusiedeln.
    Wir haben gesehen, dass eine rasch wachsende Population von Krebszellen entsteht, wenn die ersten drei Kriterien erfüllt sind. Damit ist der evolutionäre Wettlauf eröffnet. Nach darwinistischen Prinzipien gehen aus diesem Wettrennen zunehmend aggressivere und besser angepasste Varianten von Tumorzellen hervor. Diese Varianten haben zusätzliche Mutationen erworben, die sie zur Angiogenese, Invasion und Metastasierung befähigen.
    Am Beispiel des ras-Gens haben wir bis ins molekulare Detail durchexerziert, wie Proteine das Wachstum einer Zelle regulieren und wie Mutationen diese Regelkreise aus dem Gleichgewicht bringen können. Wer diese Prinzipien verstanden hat, weiß im Grunde, wie Krebs funktioniert. Natürlich gibt es hunderte weiterer Krebsgene. Ihre Wirkmechanismen sind aber meist mehr oder weniger freie Variationen des ras-Themas.
    Auch wenn viele Details selbst für die Experten noch unklar sind, wissen wir jetzt im Prinzip ziemlich genau Bescheid. Wir wissen, was Krebs ist und wie er entsteht. Es ist jetzt Zeit, sich anderen, praktischeren Aspekten der Krebserkrankung zu zuwenden. Was stellt der Krebs mit uns und unserem Körper an? Wie können wir uns gegen Krebs wehren?

4. Kapitel
Wettrüsten – Wie setzt sich ein Körper gegen Krebs zur Wehr?
    Donnerstag, 31. Juli 2008
    I ch fühle mich betrogen, verraten und verkauft. Mein Urvertrauen ist weg.
    Vorher war er ich, und ich er; er war meine feste Burg.« Imogen hatte recht. Auf ihren Körper konnte sie sich immer verlassen.
    Dabei wurde er nicht gerade geschont. Sie hatte Medizin und gleichzeitig auch Sport studiert. Sie war eine sehr gute Hockeyspielerin, fuhr exzellent Ski, schwamm mir auf allen langen Strecken davon und hätte auch jetzt noch ohne Probleme auf ihren Händen vom Wohnzimmer in unsere Küche laufen können.
    »Jetzt ist er mir fast ein wenig fremd geworden. Ich habe eine faule Stelle, einen Schimmelfleck. Wie konnte er etwas wachsen lassen, was mich umbringen wird, wenn die Behandlung versagt? Du hast mir lang und breit erzählt, was der Krebs in meinem Körper alles anstellt, aber nimmt der das einfach hin?« Imogens Stimme klang fast ein wenig empört.
    Wir saßen im Schatten eines Rosenbuschs, an die mächtigen Steinquader der alten Schlossmauer 1 gelehnt. Es war das Gemäuer, in dem Friedrich Miescher

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