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KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

Titel: KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Bleif
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oder auch bei der Blasenbilharziose gehäuft zur Entstehung bösartiger Tumoren kommen kann. 59 Bei diesen Krebserkrankungen geht die chronische Entzündung der Entartung der Zellen voraus und scheint sie zu begünstigen.
    In normalen Organen übt das Stützgewebe eher eine disziplinierende Wirkung auf die Zellen des Organs aus. Im Tumor scheint es unter Umständen genau umgekehrt zu sein. Tumorzellen programmieren Stützzellen für ihre Zwecke um. Solche veränderten Fibroblasten tragen wiederum zur Expansion und auch zur weiteren Veränderung der Tumorzellen bei. Viele Details dieses Prozesses sind noch unverstanden, aber Krebszellen und Stromazellen scheinen sich gegenseitig in einer fatalen Rückkopplungsschleife anzustacheln.
    Stromazellen produzieren Wachstumsfaktoren, aber auch Proteine, die die Beweglichkeit der Tumorzellen erhöhen. Dabei werden auch Zellen des Immunsystems, vor allem bestimmte Typen von Fresszellen (Makrophagen), in den Tumor gelockt. Die Pathologen finden sie häufig in großer Zahl im bösartig veränderten Gewebe. Eigentlich sollte man ihnen eine domestizierende Rolle zuschreiben, leider scheint aber manchmal das Gegenteil der Fall zu sein. Bei bestimmten Tumorarten neigen die Tumoren, die Makrophagen in großer Zahl enthalten, zur schlechteren Prognose. 60 Makrophagen können Substanzen produzieren, die die Beweglichkeit von Tumorzellen erhöhen und ihnen die Invasionen in gesunde Gewebe auch über Barrieren hinweg ermöglichen. Auch die Beweglichkeit (Motilität) der Tumorzellen hängt also nicht nur von den genetischen Veränderungen in der Tumorzelle, sondern auch von den Einflüssen der Umgebung ab.
    Krebszellen, die autonom sind
und ohne ihre angestammten Zell-Zell- oder Zell-Matrix-Kontakte überleben, die lokal migrieren und sich über Gewebegrenzen hinwegsetzen können, sind in besonderem Maße gefährlich. Es besteht die Gefahr, dass sie in Blut- oder Lymphgefäße einbrechen und mit dem Strom des Blutes oder der Lymphe im Körper verteilt werden. Sie bleiben dann in den feinen Verästelungen des Kapillarsystems anderer Organe stecken. Treffen sie dort auf ein nicht allzu lebensfeindliches Milieu, können sie die Gefäße verlassen und Tochtergeschwülste (Metastasen) bilden. Damit wäre ein zweiter Rubikon überschritten, und der Krebs hätte sich von einem lokalen Problem in eine Erkrankung verwandelt, die den gesamten Körper betrifft.
    Ähnlich wie Menschen sind auch Zellen keine genetischen Automaten. Ihr Verhalten und ihre Eigenschaften werden zum guten Teil durch das Milieu geprägt, in dem sie aufwachsen. Am Ende dieses Kapitels werde ich zeigen, dass – wie im richtigen Leben – das Milieu eine ambivalente Rolle spielen kann. Es kann Kräfte zum Bösen, aber auch zum Guten freimachen.

Über die Metastasen
    Wie ich schon erklärt habe, kann Krebs einen zweiten Rubikon überschreiten. Dieser Grenzübertritt ist vielleicht das gefürchtetste Ereignis im Verlauf einer Erkrankung. Die meisten Krebspatienten sterben nicht an den Schäden, die der Ursprungstumor anrichtet, sondern an den Folgen der Metastasierung. Es gibt zwei unterschiedliche Wege, die eine Zelle auf ihrer Reise durch den Körper nehmen kann. Der erste der beiden Wege führt durch ein Zwischenreich. Dieses Zwischenreich sind die dem Tumor benachbarten Lymphknoten. Solange die Tumorzellen dort verweilen, ist der Krebs noch eine regionale Erkrankung und keine Krankheit des gesamten Organismus.
    Man muss sich das Lymphsystem
als weitverzweigtes System von Röhren vorstellen, die alle Gewebe des Körpers durchziehen. Im Bereich ihrer fein verästelten Ursprünge nehmen sie die Flüssigkeit wieder auf, die zusammen mit Nähr- und Baustoffen aus den Kapillaren des Blutgefäßsystems ins Gewebe übergetreten ist. Die Lymphgefäße drainieren nicht nur die Gewebe, sie nehmen auch allerlei Zellschrott mit, der über die Mündung des lymphatischen Systems schließlich in die obere Hohlvene fließt. Auch Bakterien, die bei einer Verletzung ins Gewebe gelangt sind, werden mit der Lymphe abtransportiert. Das Lymphsystem hat nicht nur eine Transportfunktion, es ist auch ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems.
    In gewissen Abständen fließen die Lymphbahnen durch Filterstationen. Diese Filter sind die Lymphknoten, kleine ovale Körper von einigen Millimetern Durchmesser und umgeben von einer Kapsel und angefüllt mit verschiedenen Typen von Lymphozyten. Diese Zellen haben die Aufgabe, Fremdkörper wie etwa

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