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Kreutzersonate / Eine Frage der Schuld

Kreutzersonate / Eine Frage der Schuld

Titel: Kreutzersonate / Eine Frage der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Lew u. Tolstaja Tolstoi
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Selbstsicherheit! Und diese Brillanten in ihren Ohren, wie schön sie glänzen, genauso schön wie ihre wundervollen, lebhaften Augen!»
    Er musste daran denken, wie seine Frau abends mit aufgelöstem, goldig schimmerndem dunklem Haar, das ihr auf die entblößten Schultern fiel, vor dem Spiegel stand, wenn sie sich auskleidete, wie sie sich nach ihm umblickte, wenn er ins Schlafzimmer trat, und mit dem Gedanken, dass der Augenblick nahe war, erhob er sich froh, um den soeben eingetroffenen berühmten Schriftsteller in Empfang zu nehmen, der diese Freude auf sich bezog.
    Anna erhob sich ebenfalls vom Diwan, um den namhaften Gast zu begrüßen. Die seidengefütterte Schleppe ihres grauen, mit weichem Pelz gleicher Farbe besetzten Tuchkleides rauschte, als sie auf den Gast zutrat und ihn freundlich willkommen hieß.«Ich weiß, es fällt Ihnen schwer, Sie lesen nicht gern in Gesellschaften, und deshalb bin ich Ihnen ganz besonders dankbar», sagte sie und bat ihn, neben ihr Platz zu nehmen.
    Bald begann auch die Lesung. Die von der Berühmtheit
vorgetragene Erzählung beeindruckte alle sehr; einige lobten sie zaghaft, andere dankten dem Schriftsteller. Doch niemand vermochte seinen Eindruck stärker zu vermitteln als Anna. Während sie ihm eine Hand reichte, wischte sie sich mit der anderen die Augen. Er erkannte, wie tief ihr zu Herzen gegangen war, was er selbst unter Tränen geschrieben hatte, und erwiderte wärmstens ihren Händedruck.
    Als die Gäste allmählich auseinandergingen, mit dem Gefühl, im Hause der Fürstin Prosorskaja einen hochinteressanten und anregenden Abend verbracht zu haben, hielt Anna einen sehr jungen Mann mit ausgeprägt armenischem Aussehen zurück und sagte zu ihm:«Sie haben versprochen, mir Modell zu sitzen. Kommen Sie morgen, und danach fahren wir alle mit den Kindern zum Schlittschuhlaufen. Abgemacht?»
    «Ich bin sehr glücklich, Fürstin, und werde Ihnen zu Diensten stehen.»
    «Keine Sorge, die Sitzungen werden sehr kurz sein, und Sie dürfen dabei reden. Ich brauche Ihren Gesichtstyp für ein Bild, das mir vorschwebt! Also auf Wiedersehen.»
    Als Anna mit ihrem Mann allein war, fragte er sie spöttisch:«Was ist denn das für ein Einfall, diesen Grünschnabel zu malen?»

    Anna lachte laut auf.«Ein Grünschnabel mit einem sehr charakteristischen Gesicht, wie ich es brauche; ich möchte von ihm unbedingt eine Studie anfertigen.»
    «Und weshalb das gemeinsame Schlittschuhlaufen? »
    «Deshalb, weil er aus Ergebenheit die Kinder in Sesseln übers Eis fahren wird und ich selbst ungestört laufen kann.»
    Was war bloß so Argwohn erweckend, befremdlich und leichtsinnig an Annas fröhlichem Ton? Der Fürst konnte sie nicht verstehen. Er hatte sie nie zuvor in einer großen Gesellschaft gesehen, ihr Erfolg und ihr neues, lebhaftes Wesen erschreckten ihn. Seine Frau beanspruchte in letzter Zeit sein ganzes Denken. Sie schien ihm immer mehr zu entgleiten, und zugleich gestaltete sie ihr Stadtleben so, dass er sich zu Hause nie langweilte und nicht mehr nach Zerstreuungen suchte.
    Am nächsten Morgen brachte man Anna einen Brief von einer alten Bekannten, die sie angelegentlich bat, ihre Tochter zu einem Ball zu begleiten. Dies war einer der ausgelassensten Bälle, eine Krankheit hinderte sie daran, hinzugehen, das Mädchen aber sollte nicht um sein Vergnügen kommen. Anna, die trotz Einladung
nicht vorgehabt hatte, an dem Ball teilzunehmen, überlegte es sich jetzt anders und sagte zu.
    Bis zuletzt ließ sie ihren Mann im Unklaren über ihre Absicht hinzufahren; sie wusste, dass es ihm nicht gefallen würde, wollte jedoch die Tochter ihrer alten Freundin nicht betrüben.
    An diesem Abend hatte der Fürst Gäste, denen er seine Aufsätze vorlas. Anna kannte alle diese langweiligen Betrachtungen, die sie so viele Male hatte umschreiben müssen und die so viele ihr unverständliche, ausgefallene wissenschaftliche Begriffe enthielten. Sie war bei der Lesung nicht zugegen und verbrachte stattdessen den Abend mit den Kindern. Unwillkürlich kamen ihr Bechmetew und die gemeinsamen Abende auf dem Dorf in den Sinn, und ein unerträgliches Gefühl der Einsamkeit und Traurigkeit befiel sie. Nachdem sie die Kinder zu Bett gebracht und sich von ihnen verabschiedet hatte, machte sie sich fertig für den Ball. Gegen zwölf Uhr stand sie in einem silbrigen Kleid mit altertümlichen Blonden 19 und hellen Rosen, gepudert und strahlend in ihrer Schönheit, vor dem Trumeau 20 . Das Dienstmädchen ging

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