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Kreuz des Südens

Kreuz des Südens

Titel: Kreuz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sehen kann. Dann sind wir frei, und alles ist klar.«
    »Und wie?«
    »Das wirst du schon sehen.« »Und Dog und die anderen?«
    »Ich will sie nicht in meiner Nähe haben«, sagte Smoke. »Dass keiner von euch sich auch nur in der Nähe der Azalea Parade rumtreibt.«
    »Ich versteh diesen ganzen Mist nicht, nur wegen so 'ner beschissenen kleinen Parade, die nach 'nem Busch heißt.«
    Divinity war noch nicht besänftigt.
    »Baby, ich werde dort der König sein«, sagte Smoke.
    »Was hast du denn vor? Auf einem Festwagen daherrollen?«
    Er konnte es nicht ausstehen, wenn sie sarkastisch wurde. Er knallte die Wodkaflasche auf den Boden, griff nach dem Revolver, ließ die leere Trommel einrasten und feuerte trocken auf den Fernseher.
    »Halt's Maul!«, sagte er mit diabolischem Tonfall und klang so wie immer, wenn es über ihn kam. »Du tust genau, was ich sage, Schlampe.«
    »Das tue ich doch immer«, entgegnete Divinity etwas unterwürfiger.
    »Ruf ja nicht mehr an, und komm bloß nicht hier vorbei. Die anderen wissen doch nicht, wo ich bin, oder?«
    »Ich hab ihnen nichts gesagt. Ich bin also abserviert?«
    »Für zwei Tage.«
    »Und dann sind wir wieder gut?«
    »So gut, wie's wird«, sagte er.
    Brazil lief nur kurz ins Haus, und als er zum Wagen zurückkam, hatte er eine Lebensmitteltüte dabei mit etwas drin. Er machte ein merkwürdiges Gesicht.
    »Was ist das?«, fragte West.
    »Wirst schon sehen«, antwortete er. »Ich will jetzt nicht darüber sprechen.«
    »Ist da ein Körperteil drin, oder was?«
    »So ähnlich«, sagte Brazil.
    West hatte von der Sache mit Ruby Sink gehört. Sie hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Jeder im Police Department hatte gewusst, dass Miss Sink Brazils Vermieterin gewesen war, und als West die Wahrheit erfuhr, hatte sie ein schlechtes Gewissen. Sie kam sich dumm und ignorant vor. Brazils so genannte Freundin war eine einundsiebzigjährige Dame gewesen, die ihm ein Reihenhaus vermietet hatte. West fühlte sich absolut schrecklich und überlegte schon seit Stunden, was sie ihm sagen sollte.
    Sie steuerte den Wagen durch den Stadtteil Fan. Alles war geschlossen, selbst das Robin Inn. Sie parkte vor ihrem Stadthaus, stellte den Motor ab, blieb aber sitzen. In der Dunkelheit blickte sie Brazil an. Es versetzte ihr einen Stich, als sie im Licht der Straßenlaterne die klaren Konturen seines Gesichts sah.
    »Ich weiß alles«, sagte sie. Er schwieg.
    »Ich weiß von Ruby Sink. Sie war deine Vermieterin. Die Vermieterin, von der ich dachte, du hättest ein Verhältnis mit ihr gehabt.«
    Brazil sah sie an, völlig verblüfft.
    »Ein Verhältnis?«, sagte er. »Wie kommst du denn da drauf?«
    »Das Gerücht machte vom ersten Tag an im Department die Runde«, antwortete West. »Man erzählte mir, du hättest was mit deiner Vermieterin. Dann hab ich gehört, wie du mit ihr telefoniert hast, und... na ja, irgendwie klang es für mich plausibel.«
    »Warum? Weil ich nett zu ihr war, wenn sie mich angerufen hat?«, fragte Brazil aufgebracht. »Weil sie einsam war und mir immer Plätzchen vorbeibrachte und Kuchen und alles Mögliche?« Seine Stimme bebte. »Und die sie immer vor meiner Haustür abgestellt hat, weil ich verdammt noch mal nie zu Hause war und nie Zeit für sie hatte!«
    »Es tut mir Leid, Andy«, sagte West zärtlich. »Das erinnert mich alles an meine Mutter.« Er begann zu heulen. »Nie rufe ich sie an, weil sie immer so verdammt betrunken ist, weil ich es einfach nicht aushalte und die schrecklichen Sachen, die sie sagt, nicht hören will. Ach, ich weiß nicht. Ich weiß einfach nicht.«
    West rückte zu ihm rüber und legte ihre Arme um ihn. Sie hielt ihn an sich gepresst, um ihn zu beruhigen. Ihr wurde heiß, und ihre Chemie erwachte zum Leben. »Ist ja gut, Andy«, sagte sie, »alles wird gut.« Sie wollte ihn für immer festhalten, aber plötzlich empfand sie die Absurdität der Situation, und der Zauber des Augenblicks war verflogen. Sie musste an ihr Alter denken, wie begabt er war, und an alles, was ihn so außergewöhnlich und so besonders machte. Vermutlich umarmte er sie nur, weil er so traurig war, nichts weiter. Sein Herz schlug vermutlich nicht so heftig wie ihres. Bestimmt war er sich der Berührung ihrer Körper nicht so sehr bewusst wie sie. Abrupt ließ sie ihn los. »Wir sollten besser reingehen«, sagte sie.
    Niles hatte sie längst gehört, noch bevor sie überhaupt an ihn dachten. Als seine Besitzerin und Klavierspieler hereinkamen, wartete er bereits an

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