Kreuz des Südens
Gerät gesehen, beim Wichsen.«
»Wichsen und ficken ist nicht dasselbe«, ließ Weed ihn wissen.
Smoke bog auf den Parkplatz der Mills E. Godwin High School ein; sie war nach dem ehemaligen Gouverneur von Virginia benannt, und die Heimat der Eagles. Smoke hielt an und wartete darauf, dass Weed ausstieg.
»Kommst du nicht?«, fragte Weed.
»Ich hab zu tun«, sagte Smoke. »Aber du wirst zu spät kommen.«
»Oh, ich hab ja solche Aaaangst.«
Smoke lachte. »Schau, dass du rauskommst, Schwachkopf.«
Weed stieg aus. Er öffnete die Hintertür, griff nach seinem Rucksack mit Büchern, Heften und den Tomaten- und SenfSandwiches, die er sich gemacht hatte, bevor Smoke ihn abgeholt hatte.
»Nach der Schule bewegst du deinen Arsch genau wieder hierher«, sagte Smoke. »Genau hierher. Dann nehme ich dich mit zum Clubhaus. Da kannst du dann anfangen, deinen Traum zu verwirklichen.«
Weed wusste von dem Clubhaus. Smoke hatte ihm alles darüber erzählt.
»Wir haben Bandprobe«, sagte Weed und zitterte innerlich.
»Hast du nicht.«
»Doch, habe ich. Jeden Montag, Mittwoch und Freitag. Wir üben marschieren, Smoke.« Weeds Blut gefror, und sein Magen zog sich zusammen.
»Heute hast du was anderes vor, Schwachkopf. Um drei bewegst du deinen Arsch hierher.«
Wieder glitzerten Tränen in Weeds Augen, als Smoke davonbrauste. Weed liebte die Band. Er liebte es, auf den Trainingsplatz der Baseballmannschaft zu gehen und mit seinen fünfundvierzig Zentimeter großen Sabian-Becken aus Messing zu marschieren und von der rotweißen SpielzeugsoldatenUniform zu träumen, die er während der Azalea Parade am Samstag tragen würde. Mr. Curry sagte, Sabian wären die Besten, und Weed war verantwortlich dafür, sie sauber und glänzend zu halten, die Lederschlaufen so zu richten, wie sie gehörten, mit geflochtenen Knoten.
Flaggen wehten vor dem stolzen Schulgebäude aus gelben Ziegeln, in dessen Klassenzimmer nun neunzehnhundert Schüler aus der gehobenen Mittelschicht lautstark hineindrängelten und schubsten. Weeds Stimmung wurde besser. Zumindest wohnte sein Vater im richtigen Schulbezirk. Weed hatte einige seiner Kleider und noch ein paar Sachen im Hause seines Vaters untergebracht und gab auch vor, dort zu wohnen. Wenn er nicht auf die Godwin ginge, gäbe es keine Kunst und keine Musik in seinem Leben.
Das letzte Klingeln kündigte den Beginn des Unterrichts an. Weed knallte die Tür zu seinem Schließfach zu und rannte durch leere Gänge mit verschiedenfarbigen Wänden. Aus den Klassenzimmern, an denen er vorbeikam, drang Schwätzen und Gelächter und das Rumsen und Seitenrascheln von Büchern, die auf Tische schlugen und aufgeblättert wurden. Weed hatte eine panische Angst, zu spät zu kommen, und das seit vielen Jahren.
Seine Mutter arbeitete die ganze Zeit und war fast nie zu Hause, oder sie schlief noch und konnte ihn nicht rechtzeitig für die Schule wecken. Manchmal verschlief er, was dann zur Folge hatte, dass er in Panik zur Bushaltestelle raste, ohne Bücher, ohne Brote, kaum angezogen. Für ihn hieß den Bus zu versäumen, das Leben selbst zu verpassen. Dann säße er allein in einem leeren Haus, mit dem Echo von Wortgefechten, die sich seine Eltern geliefert hatten, bevor sie sich trennten, und dem lauten, vor Selbstbewusstsein strotzenden Organ seines nun toten Bruders Twister.
Weed hastete um die Ecke zu den Naturwissenschaften. Am Tisch vor Mrs. Fans Biologieraum, wo Weed eigentlich in dieser Sekunde einen Test schreiben sollte, begann Mr. Pretty gerade seine Gangaufsicht.
»Halt«, rief Mr. Pretty, als Weed vorbeirannte und die Glocke aufhörte zu läuten.
»Ich muss in Mrs. Fans Unterricht«, keuchte Weed.
»Weißt du, wo das ist?«
»Ja, Sir, Mr. Pretty. Genau da.« Weed deutete auf die rote Tür, die weniger als zwanzig Schritte entfernt war, und wunderte sich, was das für eine blöde Frage war.
»Du bist zu spät«, sagte Mr. Pretty.
»Es hat gerade aufgehört zu klingeln«, sagte Weed. »Man kann sie ja fast noch hören.«
»Zu spät ist zu spät, Weed.« »Es war keine Absicht.«
»Du hast bestimmt keine Entschuldigung«, sagte Mr. Pretty, der in der 9. Klasse Westliche Zivilisation unterrichtete.
»Ich hab keine Entschuldigung«, sagte Weed voller Entrüstung, »weil ich nicht zu spät kommen wollte. Aber meine Mitfahrgelegenheit ist gerade erst angekommen. Ich konnte nichts dran ändern. Ich bin den ganzen Weg gerannt, um nicht zu spät zu kommen. Und jetzt halten Sie mich auf, Mr.
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