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Kreuzberg

Kreuzberg

Titel: Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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mich
nimmt …«
    Wir kriegen
uns kaum noch ein und bemerken daher auch Kriminaloberrat Dr. Edmund
Palitzsch nicht, der mit einem zweiten Herrn hereingekommen ist, sich erst
verblüfft unser Herumgealbere ansieht und sich dann mit einem lauten » SCHLUSS JETZT! «
Gehör verschafft.
    Augenblicklich
halten wir inne. Wie kleine Schuljungs, die vom Lehrer zur Ordnung gerufen
werden. Es ist schon was dran, wenn es heißt, dass Männer nie erwachsen werden.
    »Was ist
denn der Grund für die Freude?« Palitzsch schreitet uns ab wie ein General
seine Truppe und sieht jedem von uns in die Augen. Vor Beylich schließlich
bleibt er stehen. »Egon: Irgendwelche Ergebnisse?«
    »In der
Tat, Edmund.« Beylich tritt vor unsere Pinnwand. »Aller Wahrscheinlichkeit nach
ist die Tochter des Blumenhändlers doch nicht entführt worden.«
    »Ach!«
Palitzsch saugt geräuschvoll Luft durch seine Nase an. »Aller
Wahrscheinlichkeit nach. Was heißt das? Ist sie nur zu zehn Prozent tot? Zu
vierzig Prozent entführt? Zu fünfzig wieder zu Hause, oder was?«
    Bevor er
nun einen Vortrag darüber hält, dass die Wahrscheinlichkeit nichts mit
kriminalistischer Ermittlung und schon gar nichts mit Fakten zu tun hat,
springe ich Beylich bei.
    »Das
Entführervideo wurde in einer Theaterkulisse aufgenommen. Das Haus ist frei
zugänglich, und bis vor Kurzem hat Fatma dort auch noch für ein Stück geprobt.«
    »Dann ist
sie von ihren Theaterkollegen entführt worden, oder was?«
    »Eben
nicht«, schnauft Hünerbein. »Sie sollte verheiratet werden. Mit Chaleb Kahali.
Dem Sohn des Recip Kahali. Mit Hüseyin verband ihn eine langjährige
Feindschaft, die letztlich beiden nur geschadet hat.«
    »Das haben
Feindschaften so an sich«, erwidert Palitzsch streng. »Und?«
    »Ja, sie
haben das Kriegsbeil begraben. Und dies sollte besiegelt werden durch die
Hochzeit der beiden Kinder. Chaleb und Fatma.« Hünerbein sinkt hinter seinen
Schreibtisch. »Und wie ich aus meiner Unterhaltung mit dem alten Kahali
heraushören konnte, schienen die nicht sonderlich begeistert von ihren
Eheaussichten zu sein.«
    »Eine Zwangsheirat
also?«
    »So
ähnlich. Fatma jedenfalls hat sich aus dem Staub gemacht.«
    »Damit
passt alles zusammen«, bekräftigt Beylich. »Die Tochter täuscht die Entführung
vor. Zusammen mit ihren Freundinnen kapert sie den Mercedes und haut ab.«
    »Den Schlüssel
hat sie ihrer Mutter vorher aus dem Nachtschrank geklaut«, fügt Hünerbein
hinzu. »Jetzt musste der Wagen nur noch irgendwie aus dieser schwer gesicherten
Garage raus. Also haben sie die Entführung inszeniert.«
    »Aber die
Mutter hat doch ausgesagt, dass ihr der Autoschlüssel zusammen mit der
Handtasche in der Markthalle gestohlen wurde.«
    »Dann eben
da.« Hünerbein hebt die Schultern. »Vielleicht steckt die Mutter ja auch mit
drin. Sie wollte ihren Mann ohnehin verlassen, hat Tickets für vier nach London
gekauft.«
    »Haben Sie
sie dazu befragt?«
    »Noch
nicht.«
    »Ja, worauf
warten Sie dann?« Palitzsch ist außer sich. »Na los! Gehen Sie! Nehmen Sie die
Mutter ins Verhör, aber zack, zack! Bevor die uns alle nach London abhauen.«
    »Das hat
doch nichts mit unserem Mordfall zu tun«, mault Hünerbein. »Zumindest nicht
direkt.«
    »Also nur
indirekt, oder wie? Wissen Sie das sicher oder nur sehr wahrscheinlich?«
Palitzsch ist unerbittlich. Er scheucht Hünerbein regelrecht aus dem Büro.
»Heute Abend kriege ich Ihren Bericht dazu«, ruft er ihm nach, »aber nur die
Fakten, bitte!«
    Dann nimmt
er sich Beylich vor. »Egon, du fährst mit der Spurensicherung zur
Heerstraßenbrücke. Nimm Matuschka mit. Vielleicht haben die Engländer was
übersehen, und ihr findet noch was. Anschließend fahrt ihr auf den Parkplatz im
Grunewald, wo der ausgebrannte BMW gefunden wurde. Jedes
Detail ist wichtig, ich will den BND nicht enttäuschen, klar?
Wir kriegen raus, was da passiert ist. Abmarsch!«
    Auch
Beylich und Matuschka verlassen das Büro.
    »Na,
Kollege Knoop«, wendet sich Palitzsch nun mir zu, »was macht Ihr
Browning-Mann?«
    Ich zeige
ihm das Phantombild. »Das ist er. Es gibt aber nichts in unserer Datei zu
diesem Antlitz. Ansonsten warte ich auf die Unterlagen, die uns der  VS abgenommen hat und die uns der BND zurückbringen will.«
    »Und so
lange drehen Sie Däumchen?«
    Mitnichten,
will ich antworten und auf den Aktenstapel vom Banküberfall am Mehringdamm
hinweisen, doch Palitzsch lässt mich nicht zu Wort kommen.
    »Es gibt
ein Grundprinzip der

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