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Kreuzberg

Kreuzberg

Titel: Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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Knabe versteht unsere Entführung als kurzen Dienstweg. »Dürfen
wir denn erfahren, für wen wir heute Amtshilfe leisten?«
    » BND «,
knurrt Palitzsch mit verhaltener Wut, »das kann nur der BND sein. Niemand sonst setzt sich so über sämtliche Regelungen oder Gesetze hinweg
wie der Bundesnachrichtendienst.«
    Schmitt-Visselbeck
hat jetzt die kleine Bühne erklommen und steht im Scheinwerferlicht wie ein
aufgeregter Theaterdirektor vor der Premiere.
    »Ich will
vorausschicken, dass dieses Treffen und eine daraus resultierende etwaige
Zusammenarbeit strengster Geheimhaltung unterliegt.«
    »Aber
natürlich. Und wenn wir erwischt werden, müssen Sie leugnen, uns zu kennen.«
    Mir ist
nicht ganz klar, ob Palitzsch das ironisch oder ernst meint; der Satz
jedenfalls ist gut. Kobra, übernehmen Sie!
    »Können wir
jetzt anfangen?«
    »Einen Moment
noch.« Schmitt-Visselbeck greift zu einem kleinen Wandtelefon neben der Bühne
und wählt eine Nummer. Er sagt kein Wort, lauscht nur kurz in den Hörer und
nickt dann zufrieden.
    »Ihre
Dienstausweise sind in Ordnung«, teilt er uns mit, nachdem er den Hörer wieder
eingehängt hat. »Sie werden Ihnen nach dieser Konferenz zusammen mit Ihren
Waffen wieder zurückgegeben.«
    »Die haben
uns wirklich erst gecheckt«, entfährt es Hünerbein, und Palitzsch atmet tief
durch.
    »Ich sage
doch: BND . Na, jetzt bin ich aber gespannt.«
    Schmitt-Visselbeck
macht ein Zeichen in Richtung Projektorraum. Das Licht verlischt. Auf der
Leinwand erscheint ein Schwarz-Weiß-Foto von einer auf dem Dach liegenden,
völlig demolierten schwarzen Limousine unbekannter Bauart. Daneben zwei männliche
Leichen.
    »Dieser
Wagen«, erklärt Schmitt-Visselbeck, »ein Fahrzeug sowjetischer Bauart der Marke
Wolga GAZ  24, ist auf die Botschaft der U d SSR Unter den Linden zugelassen. Ein Diplomatenfahrzeug. Die links und rechts
liegenden Toten hatten ebenfalls russische Diplomatenausweise bei sich, sind
aber vermutlich KGB -Agenten.«
    »Vermutlich«,
erkundigt sich Palitzsch, »bitte, was heißt ›vermutlich‹?«
    »Es gibt
die üblichen Hinweise darauf: Sie gehören nicht zum ständigen Personal der
Botschaft. Ihre Pässe sind neueren Datums, und beide Männer sind erst am
Freitag eingereist. Wir vermuten, dass es sich um untere Ränge handelt, Leute
für nasse Sachen, fürs Grobe. Sie wurden erschossen, ebenso wie der Fahrer des
Wagens.« Er schweigt und sieht uns erwartungsvoll an.
    »Und Sie
wollen«, stellt Palitzsch fest, »dass wir ermitteln, von wem?«
    »Richtig.«
Schmitt-Visselbeck legt die Hände ineinander, wie ein Lehrer, der seinen
Zöglingen eine schwierige Aufgabe stellt. »Wir haben keine Ahnung, was da
passiert sein könnte. Aber da es sich um Sowjetagenten handelt, sind wir
natürlich gefordert. Denn, um es ganz klar zu sagen, von uns und, soweit ich
weiß, auch von den mit uns befreundeten Geheimdiensten wurden diese Männer
nicht umgelegt.«
    »Na prima!«
Hünerbein lehnt sich bräsig zurück. »Das schränkt den Täterkreis natürlich
erheblich ein.«
    Ich sehe
mir das Bild genau an. »Wo ist das?«
    »An der
Heerstraßenbrücke, Spandauer Havel. Zeugenaussagen zufolge wurde der Wagen
zuvor von einem silbergrauen BMW  5er
von der Straße gedrängt. Auch dieses Auto haben wir später gefunden. Im
Grunewald.« Das Bild auf der Leinwand wechselt und zeigt ein zweites Wrack.
»Ausgebrannt.«
    »Wann ist
das passiert?«
    »Gestern
Vormittag«, antwortet Schmitt-Visselbeck, »etwa gegen sieben Uhr dreißig. Auf
der Heerstraße herrschte dichter Berufsverkehr. Mindestens fünf Autofahrer
wollen gesehen haben, wie der BMW erst auf die Gegenfahrbahn
auswich und dann die schwarze Limousine seitlich rammte. Unseren Erkenntnissen
zufolge wurde der Fahrer schon während der Fahrt aus dem BMW heraus erschossen.«
    Harte
Nummer, denke ich. Wie in einem Agententhriller. »Angaben zur Tatwaffe?«
    »Kripps,
bitte!«
    »Unsere
Spezialisten haben die verschossenen Patronen untersucht.« Der Kordanzugträger
blättert in einer schmalen Aktenkladde. »Kaliber sieben Komma sechs fünf
Parabellum mit Rechtsdrall. Diese Munition ist recht weit verbreitet. Wir haben
Vergleichsanalysen herangezogen: Danach könnte es sich bei der Tatwaffe um eine
Browning handeln.«
    Ich merke
auf. Hat er Browning gesagt?
    »Auch diese
Pistole ist ziemlich häufig, zumal es verschiedene Kopien und Lizenzfertigungen
davon gibt«, erläutert Kripps weiter. »Hier scheint es sich aber um das
belgische Original FN HP

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