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Kreuzberg

Kreuzberg

Titel: Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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mit aufgesetztem
Schalldämpfer zu handeln. Entsprechende Spuren an den Patronen weisen darauf
hin, dass der Gasdruck durch spiralig angeordnete Lamellen reduziert wurde,
eine Besonderheit, die nur bei Schalldämpfern für Brownings der Fabrique
Nationale d’Armes de Guerre in Herstal zu finden ist. Nach allem, was wir
bislang herausgefunden haben, wurden drei Schüsse abgegeben. Alle aus derselben
Waffe.«
    »Ja«,
Schmitt-Visselbeck nickt ernst, »wir haben es hier offenkundig mit einem gut
ausgebildeten Täter zu tun. Einem echten Profi. Er erledigte die Russen mit
drei gezielten Kopfschüssen. Die hatten keine Chance. Das war quasi eine
Hinrichtung.«
    Mir ist
ganz kalt. Denn offenkundig bin ich in Swantje Steffens Wohnung nur knapp einem
eiskalten Killer entkommen. Ich bin mir sicher, dass es derselbe Mann war, der auch
die Russen auf dem Gewissen hat – zumal uns der Swantje-Steffens-Fall vom
Verfassungsschutz abgenommen wurde, also ebenfalls geheimdienstlich relevant zu
sein scheint. Beide Fälle gehören zusammen. Zweifellos.
    Auf der
Leinwand erscheint eine Tatortskizze. Sie zeigt die Lage des Autowracks und der
beiden Leichen. Dazu sind Reifenspuren eingezeichnet.
    »Der zweite
Wagen«, erklärt Schmitt-Visselbeck, »also der BMW , kam hier zum Stehen. Die
Schüsse auf die beiden Russen sind ungefähr von hier abgegeben worden.«
    »Fußspuren?«,
erkundigt sich Hünerbein.
    »Keine
verwertbaren«, bedauert Schmitt-Visselbeck. »Die Engländer haben nur Fotos
gemacht, bevor sie den Tatort bereinigt haben. Dabei wurden sämtliche
relevanten Spuren vernichtet.«
    »Wieso
haben denn die Engländer den Tatort bereinigt?« Palitzsch ist außer sich. »Ohne
zu ermitteln!«
    »Es handelt
sich um ein Fahrzeug der sowjetischen Botschaft, dass im britischen Sektor
angegriffen wurde. Von wem, sei dahingestellt, aber die Briten wollen
diplomatische Verwicklungen unbedingt vermeiden.« Schmitt-Visselbeck hebt die
Hände. »Der Fall muss also äußerst diskret angegangen werden. Gerade jetzt, wo
wir nicht wissen, wie das in Moskau weitergehen soll. Womöglich steht uns eine
neue Eiszeit bevor.«
    »Dann
wissen die Russen noch gar nicht, dass ihnen ein Diplomatenfahrzeug abhanden
gekommen ist?«
    »Ich
vermute, inzwischen werden sie den Wagen vermissen. Aber was genau passiert
ist …« Schmitt-Visselbeck schüttelt den Kopf. »Die Engländer waren
schneller. Nach der Tatortbereinigung bat uns der MI 6,
zügig verdeckte Ermittlungen über den Vorfall anzustellen. Deshalb sind Sie
hier.«
    Nur dass
wir jetzt allein anhand dieser Fotos ermitteln müssen. Wie sehr ich Damaschke
vermisse: Erst wenn sie fehlen, merkt man, wie wichtig Spurensicherer wirklich
sind.
    »Könnte
dieses …«, Palitzsch sucht nach einem geeigneten Wort, »… Vorkommnis
in Zusammenhang mit dem Putsch in Moskau stehen?«
    »Das liegt
durchaus im Bereich des Möglichen. Genau wissen wir es aber nicht.«
    »Und der BMW «,
fragt Hünerbein, »gibt’s da irgendwas? Zulassungsrelevante Daten oder so?«
    »Der BMW war ein Mietwagen«, meldet sich Kripps erneut zu Wort, »ausgeliehen von einem
Dave Davids. Er ist uns schon früher aufgefallen. Arbeitet mit gefälschtem
amerikanischen Pass. Wir wissen aber nicht, wer dahintersteckt.«
    »Wobei ist
er Ihnen denn schon mal aufgefallen?«
    Kripps
zögert mit der Antwort, sieht unsicher zu seinem Chef.
    »Dave
Davids ist eines dieser typischen Pseudonyme«, erklärt Schmitt-Visselbeck, »wie
sie in Geheimdienstkreisen gern benutzt werden. Es gibt sie als Adam Adams,
John Johnsons und Mike Myers zu Hunderten. Dazu der entsprechende amerikanische
Pass, der besonders gut gefälscht werden kann, und im Ausland guckt ohnehin
keiner so genau hin. Ideal, um sich Autos zu mieten oder unauffällig in
irgendwelchen Hotels absteigen zu können. Genauso funktioniert auch Dave
Davids.«
    »Wir suchen
also nach der Nadel im Heuhaufen«, stellt Palitzsch fest.
    »Und nach
einem vierten Mann«, setzt Hünerbein hinzu.
    »Wieso einem
vierten Mann?«
    »Im Wagen
sitzen ein Fahrer und zwei Männer fürs Grobe«, knurrt Hünerbein, »da fehlt
meiner Meinung nach noch einer. Denn warum sollte irgendwer zwei niedere KGB -Chargen
und ihren Chauffeur erledigen? Am Tage und im Berufsverkehr? Das sieht mir sehr
nach Eile aus. Da muss es um etwas gegangen sein.«
    »Aber um
was?« Palitzsch starrt grübelnd auf die Leinwand.
    »Um einen
vierten Mann«, wiederholt Hünerbein. »Jemand, der wichtig ist.« Er sieht
Schmitt-Visselbeck

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