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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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erwischt wurde, haben sie sogar öffentlich erschossen.«
    »Ich dachte...«
    »Sie haben uns Dinge fortgenommen, das ist richtig. Zwar könnte man die Kontributionen auch als Diebstahl bezeichnen. Aber alles das lief immer ganz amtlich. Nein, Ausschreitungen gab es keine, und darum glaubte ich dem Mädchen nicht. Ich hörte mich also um. Damals hatte man im Dom die Pferde untergestellt und Futter gelagert. Die Soldaten, die dort ihren Dienst taten, vergnügten sich gerne mit willigen Mädchen.«
    »Da erzählen Sie mir nichts Neues.«
    »Ich weiß. Mit Charlotte haben sie sich auch vergnügt. Ein so auffällig rothaariges Mädchen hinterlässt Eindruck. In ihrem Fall sogar einen schlechten, denn sie verstand es, ihren Freiern heimlich die Taschen zu leeren. Darum hatte man sie an diesem Morgen mit einer Tracht Prügel aus dem Dom gejagt.«
    »Das ergibt viel mehr Sinn, Jakoba. Aber Sie haben sie trotzdem im Kloster behalten?«
    »Ich habe versucht, der gnädigen Frau die Augen zu öffnen, aber sie wollte nicht sehen und nicht hören. Charlotte ist anpassungsfähig und kann ungemein einnehmend sein, wenn sie etwas erreichen will. Und, Fräulein Antonia, die gnädige Frau hatte wohl auch das Bedürfnis, sich um ein junges Mädchen zu kümmern. Sie wissen ja, wie sie ist. Als wir Ende des Jahres endgültig das Kloster verlassen mussten, nahm sie Charlotte zu ihrem Cousin Lindenborn mit, und dort schlüpfte die kleine Schlange sehr schnell in die Rolle einer unverzichtbaren Gesellschafterin der Dame des Hauses. Ich schätze mal, deren Haushalt war die behaglichste Unterkunft, die das Mädchen je gekannt hatte. Ihre Frau Mutter hingegen wurde von den Lindenborns als arme Verwandte behandelt und ziemlich schikaniert. Ich war damals schon Köchin beim Domherrn, und als die alte Irmtraut der Sache nicht mehr gewachsen war, habe ich ihn gefragt, ob er Ihrer Mutter die Stelle als Haushälterin geben könnte. Der Herr Waldegg hatte die gnädige Frau immer gerne leiden mögen. Na ja, lange hat’s auch nicht gedauert, und sie haben geheiratet. Charlotte ist bei Lindenborns geblieben. Und jetzt hat sie sich einen Magistrat geangelt. Man muss ihr Geschick bewundern.«
    »Sie hat furchtbar flinke Augen. Sie gefielen mir nicht.«
    »Charlotte wird immer versuchen, etwas über andere Leute herauszufinden, um es dann irgendwann für sich zu nutzen. Sie sehen Ihrer Frau Mutter inzwischen ein wenig ähnlich, Fräulein Antonia. Mag sein, dass ihr das aufgefallen ist.«
    »Der Coiffeur hat es ebenfalls bemerkt.«
    »Er ist ein Mann, der Gesichter genau studiert. Aber bedenken Sie, es ist kein schändliches Geheimnis, das Sie da hüten. Es wäre ein Leichtes, sich zu Ihrer Verbindung zu bekennen.«
    »Ich werd darüber nachdenken.«
    Beim gemeinsamen Abendessen plauderte Elena lebhaft über den Besuch, danach aber zog sie sich früh zurück. Antonia mochte an dem hellen Abend jedoch noch nicht in ihr Zimmer gehen. Hermann Waldegg hatte sich in die Bibliothek zurückgezogen, um dort eine der Zeitschriften zu lesen, die er abonniert hatte, und sie setzte sich auf einen gepolsterten Hocker neben ihm. Er ließ die Blätter sinken.
    »Du bist ein bezaubernder Anblick, mein Kind. Viel hübscher als dieser Artikel über den beschämenden Frieden von Tilsit.«
    »Äußerlich fast schon ein Dreiviertelweib.«
    »Ein vollkommenes junges Mädchen, Antonia.«
    »Ah, pah! Innerlich bin ich weiterhin rau und ungehobelt. Aber ich habe heute mit Erfolg das erste Mal in meinem Leben auf dem gesellschaftlichen Schlachtfeld gekämpft. Mit Stricknadeln, nicht mir Säbeln.«
    »Tropfte Blut?«
    »Wenig nur, und nicht das meine. Die Höflichkeit ficht mit scharfen Klingen, stellte ich fest. Und Mademoiselle Charlotte birgt den einen oder anderen Dolch im Gewande.«
    »Du schätzt sie nicht?«
    »Sie doch auch nicht, Herr Waldegg.«
    »Nein, ich auch nicht. Aber Elena betrachtete sie als ihre Freundin, also sage ich nichts dazu. Ich nehme an, du hast bei Jakoba deine Erkundigungen eingezogen.«
    »Natürlich. Ich muss gestehen, damit erhält die Nachricht ihrer Verehelichung einen besonders pikanten Reiz.«
    »Woraus ich schließen sollte, dir ist der zukünftige Gemahl kein Unbekannter?«
    »Nein, Herr Waldegg, das ist er nicht.«
    »Magst du mir berichten, wie du zu seiner Bekanntschaft kamst?«
    »Möglicherweise wird es das Bild des vollkommenen jungen Mädchens wieder vernichten.«
    »Dann richten wir es anschließend wieder her. Erzähle!«
    Antonia

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