Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
einen Einweihungsball geben. Dann hoffe ich, euch alle dabeizuhaben.«
Antonia und Elena gingen mit ihr in die Eingangshalle, Charlotte ließ ihre Zofe rufen, die sie herbegleitet hatte, und entfaltete ihren Sonnenschirm, als sie vor die Türe trat.
»Puh!«, stieß Antonia aus, als sie wieder in den Salon zurückgekehrt waren, und öffnete weit die Fenster. »Quelle odeur!« Sie fügte mit einem Grinsen hinzu: »Odieuse!«
»Nun ja, ihr Parfum ist eine Idee zu aufdringlich. Aber doch nicht wirklich abscheulich.«
»Sagen wir mal, das Ihre, Madame, riecht sauberer. Lavendel, nicht wahr?«
»Ja, Lavendelwasser. Für dich werden wir morgen auch ein Duftwasser aussuchen. Was hältst du davon?«
»Wenn’s sein muss.« Sie hörten die Haustür ins Schloss fallen, und gleich darauf trat Waldegg in das Zimmer.
»Puh!«, schnaufte er und sog missbilligend die Luft ein.
Antonia gluckste: »Nicht wir, nein, nein!«
»Ihr hattet Besuch, meine Lieben?«
»Oh, stell dir vor, Hermann, Charlotte heiratet. Einen Frédéric Kormann.«
»Tatsächlich.«
»In zwei Wochen«, ergänzte Antonia. »Und wir hoffen alle, sie möge nicht schon vorher niederkommen.«
»Aber Antonia, wie kannst du nur so unhöflich sein?«
»Aber Madame, wie können Sie so arglos sein. Man sah es allzu deutlich. Mademoiselle ist prächtig trächtig.«
Der Domherr drückte sich verzweifelt sein Taschentuch an die Lippen und schien mit einem Hustenkrampf zu ringen, Elena hingegen wollte etwas Missbilligendes äußern, aber plötzlich huschte sogar über ihr Gesicht ein Hauch des Verstehens. »Na ja, sie hat sich sehr bemüht, ihren Shawl möglichst geschickt um sich zu legen. Trotz der Hitze. Ich gestehe, es verwunderte mich. Wie entsetzlich!«
»Wieso? Er heiratet sie doch. Hoffen wir nur, er ist auch der Vater des Kindes.«
»Antonia!«
Waldegg hatte sich zum Fenster gedreht, und seine Schultern zuckten verdächtig.
»Tut mir leid, Madame. Ich weiß, sie ist Ihre Freundin. Sie werden Gründe haben, sie zu mögen. Aber solche wie sie habe ich zur Genüge kennengelernt. Ich kann’s ja nicht ändern, dass sich derart odiöse...«
»Antonia, mein Kind, stille!«, bat der Domherr erstickt.
»Ja, ist gut, Herr Waldegg.«
»Sei so nett und bring das Teetablett in die Küche.«
»Ja, natürlich, Madame.« Erleichtert verließ Antonia den Salon, und mit schepperndem Teegeschirr stellte sie das Tablett auf den Küchentisch. Jakoba war dabei, eine Beerencreme zu rühren und lächelte sie an.
»Na, alles gut gelaufen, Fräulein Antonia?«
»Diese Charlotte hat die ganzen Törtchen weggeputzt. Aber sie muss ja auch für zwei essen.«
»Muss sie?«
»Tut sie.« Antonia stippte ihren Finger in die kühle Creme und leckte ihn ab. »Köstlich!«
Jakoba klapste ihr spielerisch auf die naschhafte Hand und meinte: »Ihre Zofe behauptet, sie heiratet.«
»Mhm. Den Wohlfahrtskommissär.«
»Ganz schöner Erfolg für das gnädige Fräulein.«
»Sie kennen sie schon lange, Jakoba. Gehört sie auch zu Madames Gelübden?«
Die Köchin gab ein verächtliches Prusten von sich. »Wenn man so will.«
»Madame hält sie für eine anständige Dame.«
»Sie offenbar nicht, Fräulein Antonia?«
»Nein, ich halte sie für ein parfümiertes Bettschätzchen.«
Jakoba stellte die Rührschüssel hin und setzte sich zu Antonia an den Tisch.
»Achten Sie ein bisschen auf Ihre Mutter, Fräulein Antonia. Charlotte kann sie viel zu leicht um den Finger wickeln.«
»Erzählen Sie mir von ihr.«
»Das sollte ich wohl tun. Sie sind viel zu scharfsinnig, als dass man Ihnen etwas verheimlichen kann, Fräuleinchen. Also es war im Januar 1796. Ihre Mutter lebte noch in Sankt Mauritius, kümmerte sich um die drei alten Schwestern dort. Sie hatte Besorgungen in der Stadt gemacht und tauchte an diesem eisigen Morgen mit einem fremden Mädchen in meiner Küche auf. Sie hatte das Geschöpf in einem Schmutzhaufen am Straßenrand in der Nähe vom Dom gefunden. Angeblich hatten französische Soldaten ihre Eltern umgebracht und sie geschändet. Wir kümmerten uns um sie – sie mochte so vierzehn, fünfzehn Jahre alt gewesen sein, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass sie völlig heruntergekommen war. Sie, Fräulein Antonia, waren in einem weitaus schlechteren Zustand, als Sie zu uns kamen.«
»Mhm.«
»Die Franzosen haben sich hier in Köln durchaus anständig benommen. Sie haben nicht gewütet, schon gar keine Bürger umgebracht. Ja, einen Soldaten, der beim Plündern
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