Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
muss aber lange her sein. Da hast du doch noch in den Windeln gesteckt.«
»Ich war vierzehn. Da kann man sich schon verlieben.« Sie erzählte von ihrer Begegnung mit dem Mann am Pranger. »Ich wusste damals nicht, dass er mit Waldegg verwandt ist«, schloss sie. »Es hätte ja sowieso nichts genützt. Danach kam Sebastien in unser Haus, und meine Neigung wandelte sich. Ach, ich habe nie Glück mit den Männern! Er war eben nicht für mich bestimmt.«
»Nein, er ist verheiratet.«
»Und jetzt ist Philipp hinter mir her. Aber ich kann mich einfach nicht in ihn verlieben, obgleich meine Großmutter ihn für eine passende Partie hält.«
»Vermutlich kann man das nicht auf Wunsch.«
»Nein, es muss einem passieren. Ach... Man sieht jemanden, und dann ist dieser Funke plötzlich da.« Schwärmerisch schlug Susanne die Augen auf, dann aber wurde sie wieder ganz pragmatisch. »Antonia, du musst mehr in Gesellschaft gehen. Du hockst immer nur hier im Haus herum...«
»Hocke ich gar nicht. Ich gehe fast jeden Tag auf den Markt und mit dem Domherrn spazieren, ich komme zu dir und suche die Schneiderin auf.«
»Aber Männer triffst du dabei nicht. Nein, ich weiß, was notwendig ist. Pass auf, im nächsten Monat geben meine Großeltern einen Hausball. Das ist die Gelegenheit für dich, andere Leute kennenzulernen. Aber vorher musst du tanzen lernen. Das wird ein Spaß! Ich will gleich Herrn Waldegg fragen, ob er es erlaubt.« Sie war aufgesprungen, bevor Antonia sie hindern konnte.
»Glaubst du, es ist richtig, Antonia jetzt schon der Gesellschaft vorzustellen?«, fragte Elena, als sie bei der abendlichen Mahlzeit zusammensaßen.
»Natürlich. Hast du Zweifel an ihrem Benehmen?«
Elena erlaubte sich ein zartes Lächeln in Richtung ihrer Tochter und schüttelte den Kopf. »Sie wird wohl immer unkonventionell bleiben, aber das muss nicht von Nachteil sein. Ich dachte nur – wie sollen wir sie vorstellen?«
»Darüber, meine Lieben, wollte ich heute mit euch reden«, erklärte Waldegg. »Ich habe mich kundig gemacht, wie die Gesetzeslage ist. Ich würde nämlich gerne David und Cornelius als meine Söhne anerkennen.«
Elena sog schockiert den Atem ein und ließ die Gabel sinken. »Hermann, hältst du das für ein passendes Thema in Antonias Gegenwart?«
»Unbedingt, Elena. Antonia sind die Sünden der Väter kein Geheimnis. Davon abgesehen gehört sie zu unserer Familie, also wird sie in diese Dinge mit einbezogen.«
»Wenn du es für richtig erachtest...«
»Erachte ich. Oder ist dir das Thema unbehaglich, Antonia?«
»Nein, Herr Waldegg.«
»Nun gut. Also, mit David dürfte es kein besonderes Problem geben. Ich habe ihn immer als meinen natürlichen Sohn bezeichnet, habe aber damals Abstand davon genommen, ihn offiziell anzuerkennen, da Isabetta wünschte, Cattgard möge sein Vater werden. Ihr Gatte allerdings hat keinerlei Schritte unternommen, ihn anzuerkennen, und nun ist diese Ehe geschieden. Wenn du nicht dagegen bist, Elena, würde ich den rechtlichen Vorgang jetzt einleiten.«
»Ich weiß, es ist dir ein Bedürfnis, Hermann. Tu es also.«
»Danke, meine Liebe. Kommen wir zu dem zweiten, weitaus diffizileren Punkt. Cornelius! Er ist mein leiblicher Sohn, ist aber in der ehelichen Gemeinschaft seiner Eltern geboren und damit bedauerlicherweise ein Resultat eines Ehebruchs. Was noch schlimmer ist, seine Mutter ist meine Cousine, und damit gerät sein Fall, wenn man es sehr streng betrachtet, sogar in die Nähe der Blutschande.«
»Mein Gott, Hermann!«
»Ja, liebes Weib, ich weiß. Ich war ein verantwortungsloser Sünder. Und die Folgen sind nur schwer auszumerzen. Denn Kinder aus Ehebruch und Blutschande können nicht anerkannt werden, bestimmt das Gesetz. Also gibt es nur einen Ausweg, und auch der ist nicht ohne Delikatesse. Ich könnte Cornelius adoptieren.«
»Ist das denn möglich?«
»Durchaus. Unsere neue Rechtsordnung, der vortreffliche Code Civil, sagt zwar aus, dass nur Volljährige an Kindes statt angenommen werden können und auch nur von Personen, die das fünfzigste Lebensjahr überschritten haben. Diese beiden Kriterien sind jedoch erfüllt.«
»Aber seine Eltern? Er hat doch noch Eltern, nicht wahr?«, wollte Antonia wissen.
»Sie leben noch, aber sein Vater hat sich von ihm losgesagt und ihn enterbt.«
»Wo liegt denn dann die Delikatesse in diesem Fall?«
»In der Tatsache, dass der Adoptierende keine ehelichen Kinder haben darf. Würde ich also David anerkennen, könnte
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