Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
ihre Mutter freundlich an. Die faltete entschlossen die Hände und ging darauf ein.
    »Morgen suchen wir einen Parfümeur auf. Ich habe da so einige Vorstellungen, Antonia. Weißt du, im Kloster haben wir Duftwasser selbst hergestellt. Das hat mir immer sehr viel Freude bereitet. Wir haben es natürlich nicht für uns verwendet, sondern für Duftbeutel in der Wäsche. Na ja... nicht ganz ausschließlich.«
    »Nur zur höheren Ehre Gottes, ich verstehe. Hat es Herrn Bernsdorf gefallen, Madame?«
    »Kind!«
    »Er hat Ihnen aber gefallen, nicht wahr? Sie haben so hübsche, rosige Wangen bekommen, als wir von ihm sprachen.«
    Die erblühten soeben wieder sehr rosig, aber entschlossen schüttelte Elena den Kopf. »Ich war noch sehr jung, Antonia, kaum älter als du jetzt. Natürlich gefiel mir ein gut aussehender Mann. Aber ich hatte Keuschheit gelobt und mich an dieses Gelübde gehalten.«
    »Natürlich.« Antonias trockener Ton entging zwar Elena, jedoch nicht Waldegg, der ihr mit einem nachdrücklichen Tritt gegen ihr Schienbein signalisierte, dieses Thema nicht zu vertiefen. Sie gehorchte.
    Später, als sie in ihr Zimmer gegangen war, öffnete Antonia das einfache Holzkästchen, in dem sie ihre Erinnerungsstücke aufbewahrte: das perlenbesetzte Kreuz von Pater Emanuel, das Pergament mit dem Bild der heiligen Ursula, das alte Brevier und ein Rosenkranz, Renardets Brief und das Papier mit Elisabeths krakeliger Schrift.
    Ein Dreivierteljahr lebte sie nun schon im Haus der Waldeggs, und äußerlich war von Toni, dem Trossbuben, nichts mehr zu erkennen. Aber in der Stille des Abends wurde die Vergangenheit wieder lebendig, und die Trauer um den Verlust ihrer Mutter überwältigte Antonia.
    »Mama, du wirst immer meine einzige Mutter sein«, flüsterte sie. »Wie kann ich eine andere Frau als Mutter anerkennen? Du hast mich beschützt und genährt, mich so vieles gelehrt. Du warst immer so fröhlich, Mama. Du hast mich verstanden und mir meine Freiheit gelassen. Du hast mich getröstet, wenn ich krank war oder Kummer hatte. Du hast mich so geliebt, Mama.« Antonia streichelte das abgegriffene Brevier. »Den Domherrn als meinen Vater anerkennen, das könnte ich jederzeit. Aber Madame Elena? Sie ist so... so blutleer, so wenig herzlich, so schrecklich vornehm. Und so unaufrichtig! Meine Güte – Keuschheit gelobt und sich immer daran gehalten. Das sagt sie mir, ihrer Tochter, mitten ins Gesicht.«
    In der Nacht aber grübelte Antonia darüber nach, ob nicht Susanne und sie vielleicht Halbschwestern waren. Unangenehm war ihr diese Vorstellung nicht.

Geselle und Meister
     
    Was da an schroffen Ecken saß, das wird gelind geschlichtet; mit Zirkel und mit Winkelmaß, so wird der Bau gerichtet.
    Freimaurerlied
     
     
    David schämte sich ein wenig seines heruntergekommenen Aussehens, als er vor der Tür von Leopold Stark stand. Einen ganzen Monat hatte er gebraucht, um bis nach Dresden zu gelangen, und seine Stiefel waren zerschrammt und ausgetreten, obwohl er sie gründlich gewichst hatte. Seine Hose war an vielen Stellen speckig, der Rock, aus dem er den Staub gebürstet hatte, wies deutliche Spuren der Abnutzung auf, Brombeerranken und Disteln hatten kleine Löcher gerissen, sein Hut hatte durch Sonne und Regen jegliche Form eingebüßt. Nur das Hemd war frisch gewaschen, und sein leuchtendes Weiß ließ sein tiefbraun gebranntes Gesicht besonders dunkel erscheinen. Er wusste nicht, was ihn erwartete, doch wie Paul ihm geraten hatte, klopfte er dreimal an die Eingangstür.
     
    Nicht lange, und ihm wurde geöffnet. Ein Riese füllte den Türrahmen, ein Riese mit einem kugelrunden Gesicht, einem grauen Haarkranz und einem gewinnenden Lächeln.
    »Einen guten Abend wünsche ich Ihnen. Sie sind Leopold Stark?«
    »Der bin ich.«
    »Mein Name ist David von Hoven. Ihre Adresse wurde mir von Paul David Lettow genannt.«
    »Gruß oder Brief?«, war die kurze Frage. Sie verwirrte David.
    »Sicher sendet er Ihnen seine Grüße, Herr Stark. Aber er gab mir auch einen Brief für Sie mit.«
    Das Lächeln vertiefte sich, und der Riese winkte ihn ins Haus. »Kommen Sie herein, Bursche! Geben Sie mir den Brief.«
    David zog das gesiegelte Schreiben aus seiner Tasche, und sein Gastgeber betrachtete es sorgfältig.
    »Paul hat mir unter Androhung schlimmster Folgen verboten, das Siegel zu lösen, und ich habe mich daran gehalten«, versicherte er.
    Der andere brummte etwas und brach das Siegelwachs. Rasch überflog er die Zeilen und

Weitere Kostenlose Bücher