Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
himmelblauen Frack und hatte seine zu Seitenlocken aufgerollten Haare gepudert. Er duftete wie ein Körbchen Mimosen, was Antonias Haltung nicht zuträglich war.
Endlich hatten sie die Figur, die sich Pantalon nannte, zu Ende geführt und durften sich setzen.
»Mademoiselle, Sie nicht. Ihren Schritten fehlt es noch an Eleganz. Nehmen Sie Ihren Platz ein!« Monsieur sprach ausschließlich französisch mit einem, wie er glaubte, Pariser Einschlag.
Wieder musste Antonia, diesmal mit einem der verschüchterten Jünglinge als Partner, die vorgeschriebene Figuren der Quadrille durchtanzen und wurde dabei immer wieder von Monsieurs Stöckchen gepiekst. Dieses Stöckchen war ihr nachgerade verhasst.
In der nachfolgenden Pause wurden Erfrischungen hereingebracht und François Joubertin reichte Antonia mit einer anmutigen Verbeugung einen Teller mit Gebäck. Sie vollführte einen ebenso graziösen Knicks, als sie es annahm.
»Ich weiß nicht, ich weiß nicht, Mademoiselle, ich habe das Gefühl, dass ich Ihnen schon einmal begegnet bin. Verzeihen Sie, das ist eine ziemlich plumpe Phrase, aber Ihr Gesicht kommt mir wirklich bekannt vor. Ich kann es allerdings nicht recht einsortieren. Helfen Sie einem vergesslichen Dummkopf wie mir?«
Das war das Letzte, was Antonia wollte. Sie erinnerte sich an den schmucken Sekretär im Wohlfahrtsbureau nämlich ebenfalls. Als sie ihn in der vergangenen Woche zum ersten Mal bei der Tanzstunde begegnet war, hatte sie sich dennoch gefreut, denn seine Hilfsbereitschaft dem jungen Mann gegenüber, der Toni einst war, hatte sie sehr für ihn eingenommen. Seine Eltern gehörten zu Bernsdorfs engem Bekanntenkreis, und er war auch im Salon ein angenehmer und charmanter Partner.
»Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht dienen, Monsieur Joubertin. Aber vielleicht habe ich eine Doppelgängerin?«
»Oder Sie schleichen nachts umher und besuchen mich in meinen Träumen?«
»O la la!«
Er lachte. »Sie geben sich unergründlich, das macht Sie interessant. Aber ich will nicht weiter nachforschen, schönes Geheimnis. Werde ich Sie auf Bernsdorfs Ball treffen?«
»Um mich dort nicht allzu sehr zu blamieren, versuche ich ja gerade, die Mysterien der Quadrille zu erkunden. Doch ich fürchte, so unbegabt, wie ich mich aufführe, werde ich mir eine Krücke zulegen und mühsam in den Saal hinken.«
»Ich weiß nicht, was unseren Maestro der Trippelschritte so sehr an Ihnen stört. Ich finde Sie überhaupt nicht unbegabt. Aber es könnte sein, dass er Ihrem freimütigen Blick nicht gewachsen ist. Er scheint mir sehr stolz auf seinen silberbetressten Aufputz zu sein. Verstecken Sie Ihre Augen gelegentlich hinter Ihrem Fächer, Mademoiselle.«
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist weniger der Frack als der Duft nach Mimosen.«
»Ein Hauch zu betäubend, ich gebe es zu, und einem kernigen Mannsbild wie ihm nicht recht angemessen.« François freute sich an den lachenden Augen seiner Gesprächspartnerin, die ihn über dem Limonadenglas zuzwinkerten. »Sie hingegen bevorzugen Verbenen und Zitronellen, Mademoiselle, und wenn ich Sie bei der Tour de main umrunde, dann fühle ich mich regelrecht erfrischt wie nach einem Glas sprudelndem, kühlem Champagner.«
Antonia ließ ihren Fächer aufschnappen und schenkte ihm über den Rand ein kokettes, leicht übertriebenes Wimpernflattern. Er drückte sich die Hand aufs Herz und stöhnte: »Sie sind mein Untergang, schönes Geheimnis.«
Resolut klappte sie den Fächer wieder zu und meinte: »Es ist ja unverantwortlich, wie diese weiblichen Mittelchen auf Männer wirken. Reißen Sie sich zusammen, Joubertin! Seien Sie ein Mann, und helfen Sie mir durch die nächste Tour. Monsieur le Mimosa bläst zum Appell.«
François stutzte, lachte auf und stellte dann fest: »Den harschen Befehlston beherrschen Sie also auch. Sie sind sehr wandlungsfähig, meine Liebe.«
Sie nahmen ihre Plätze ein, und die Gouvernante begann, auf dem Klavier zu klimpern. Pantalon, Éte, Poule und Pastorelle absolvierten sie fehlerlos, begleitet von den tadelnden Bemerkungen des Tanzlehrers und seinem korrigierenden Stöckchen. Beim Finale patzte Antonia leider zwei Mal hintereinander. Das Stöckchen fuhr schmerzhaft auf ihre Schulter, verfing sich in der Rüsche des Ausschnitts und entblößte den Ansatz ihres Busens. Mit einem schnellen Griff hatte die den Stock gepackt, zerbrach ihn mit einem Knacken und schleuderte ihn dem Tanzlehrer vor die Füße.
»Stecken Sie sich das Ding in ihren
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