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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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himmelblauen Arsch, Sie altjüngferliche Primadonna der Schmiergass. Ich bin es leid, mich von Ihnen kujonieren zu lassen. Sie sind selbst auch nicht anmutiger als ein pickeliger Internatszögling, und Sie benehmen sich wie der parfümierte Furz eines gepuderten Ziegenbocks!«, herrschte sie ihn in ihrem ordinärsten Landser-Französisch an.
    Mit offenem Mund starrte Monsieur Chèvrefeuille sie an, wurde rot und wieder blass, drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Salon. Die Tänzer hingegen verfolgten seinen Abgang irritiert, und Susanne fragte: »Was hast du gerade gesagt?«
    François Joubertin allerdings war schlicht auf die Knie gesunken und fragte, mit vor Ehrfurcht bebender Stimme: »Mademoiselle, ich lege Ihnen mein Herz und meine Hand zu Füßen. Wollen Sie meine Frau werden?«
    »Stehen Sie auf, François, und hören Sie mit diesem lächerlichen Gehabe auf.«
    »Das ist nicht lächerlich. Ich habe allergrößte Ehrfurcht vor denen, die mit meiner Sprache derart schöne Bilder malen können. Ich erinnere mich an das eines ondulierten Affen.«
    »Daran erinnern Sie sich bitte nicht.«
    François stand auf und zwinkerte Antonia zu. »Nein, natürlich nicht, schönes Geheimnis. Und wenn Sie meine magere Hand und das trotz der Zurückweisung weiterhin tapfer schlagende Herz nicht haben wollen, dann nehmen Sie wenigstens meine Bewunderung und meine Freundschaft an. Bitte!«
    Antonia gefiel die Aufrichtigkeit in seinen Augen, und sie reichte ihm, während sie sein Lächeln erwiderte, die Hand.
    »Das tue ich gerne. Und ich vertraue Ihnen. Bei Gelegenheit sollen Sie die ganze Geschichte hören.«
    Galant hauchte er ihr einen Kuss auf die Hand. Als er sich wieder aufrichtete, funkelte der Schalk in seinen Augen.
    »Darf ich bezüglich ihrer letzten schönen Formulierung die Neugier unserer Tanzpartner befriedigen?«
    »Es wird wohl notwendig sein. Sie sehen aus, als ob sie es uns gleich mit der Zange entreißen wollten.«
     
    Später, als die kleine Gruppe sich aufgelöst hatte, begleitete Antonia ihre Freundin in ihr Zimmer, wo sie über Putz und Frisur, Schmuck und Accessoires plauschen wollten. Doch nach kurzer Zeit erlahmte das Gespräch, und Susanne lehnte sich gähnend auf ihrem Bett zurück. Antonia waren bei ihrem Eintreffen die dunklen Ringe unter ihren Augen aufgefallen. Die Tanzerei hatte ihre müde Stimmung eine Weile verscheucht, aber jetzt sah sie wieder ungewöhnlich erschöpft aus.
    »Was hast du, Susanne? Geht es dir nicht gut?«
    »Ich hab nicht viel geschlafen. Liegt am Vollmond.«
    »Es ist halber, zunehmender Mond. Machst du dir wegen irgendetwas Sorgen?«
    Susanne zuckte mit den Schultern. »Es sind nur so dumme Träume.«
    »Was träumst du?«
    »Vom Dom. Ach, es ist wahrscheinlich nicht wichtig...«
    »Ich hätte dich neulich nicht überreden dürfen. Das war anmaßend von mir.«
    »Du kannst nichts dafür, Antonia. Ich habe sie früher schon gehabt. Nicht so oft wie derzeit und auch anders. Aber der Tod meines Vaters ist mir sehr nahe gegangen, und jetzt stehe ich wieder auf dem Dach, ich sehe ihn, wie er zeichnet und ihm der Wind die Haare ins Gesicht bläst. Er lacht mit mir und erzählt mir ulkige Geschichten von den Dämonen, die deswegen Wasser trinken, weil sie es den Leuten von oben auf den Kopf spucken wollen. Dann wird plötzlich alles dunkel, und er ist fort. Nur die Rolle mit seinen Skizzen liegt noch dort. Bestimmt träume ich deswegen so viel von ihm, weil ich mir die Bilder wieder angesehen habe. Gestern und heute Nacht veränderte sich der Traum, und es waren Stimmen in der Dunkelheit. Wütende Stimmen, die sich beschimpften. Ich kann sie nicht verstehen. Ich weiß nur, dass sie böse sind. Ich frage mich, ob vielleicht noch ein anderer auf dem Dach war. Jemand, der meinen Vater gehasst und ihn hinuntergestoßen hat. Aber immer, wenn ich versuche, mich zu erinnern, ist da wieder die Dunkelheit. Und Angst, das Gefühl, verloren zu sein.«
    »Es könnten sich zwei Dienstmädchen vor deiner Zimmertür gestritten haben. So was kann Träume beeinflussen, Susanne. Ich habe das schon erlebt, wenn Leute vor unserem Wagen gerufen oder sich gezankt haben.«
    »Nicht nachts um zwei, und nicht zwei Nächte hintereinander. Es muss etwas mit dem zu tun haben, was damals passiert ist. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger Sinn ergibt es. Ich weiß ja nicht einmal mehr, wie ich von dem Dach nach unten gekommen bin. Oder...« Susanne sah versonnen drein. Antonia setzte

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