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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Mädchen, das zwar vom Familienstand, aber nicht vom Blut her seine Schwester war, zu den Mahlzeiten bei ihm ein und erzählte ihm Geschichten aus ihrem Leben, die weit abenteuerlicher klangen als die Erfindungen der Romanciers und Dichter. Er neigte dazu, sie ihr zu glauben. Aber das zeigte er ihr nicht. Dafür hatte er begonnen, sie mit Toni anzureden, was ihr offensichtlich gefiel.
    Ihr verdankte Cornelius auch vielfältige Informationen über das Leben in der Familie und dem Bekanntenkreis. Er freute sich, dass David endlich seiner Neigung nachgegeben hatte und Architektur studierte, doch Tonis Haltung zu ihrer Mutter billigte er nicht. Anscheinend war die Frau seines Vaters eine empfindsame Dame von großer Kultiviertheit, was ihre Tochter mit ihrem ungeschliffenen Wesen und der mangelhaften Erziehung nicht zu würdigen wusste. Andererseits war sie Waldegg aufrichtig zugetan, und er schien diese Zuneigung zu erwidern, denn sonst hätte er ihr sicher nicht die Freiräume gelassen, die ihr zur Verfügung standen. Auch von Kormann und seiner Gattin Charlotte hörte er, und er schilderte ihr Kormanns Rolle bei seiner Verurteilung als Falschspieler in zensierter Form. Unerwarteterweise fand er Verständnis.
    »Ja, Cornelius, ich schätze ihn auch so ein. Er ist ein Mensch, der diejenigen quält, die sich nicht wehren können. Ich frage mich, ob er es aus Freude daran tut, seine Macht auszuüben, oder ob er einen begründeten Groll gegen unsere Familie hegt.«
    »Was meint Hermann dazu?«
    »Er hat ihn falsch eingeschätzt damals. Er hat ihn ja sogar um Milde gebeten. Es war ein Fehler, das weiß er jetzt. Aber soweit ich ihn verstanden habe, gab es keine grundlegenden Auseinandersetzungen zwischen ihnen.«
    »Er ist ein unangenehmer Zeitgenosse, und doch hat er einigen Aristokraten geholfen, nach England zu fliehen.«
    »Hat er das?«
    »So hat es mir mein Kettenpartner berichtet.«
    Antonia grinste böse. »Die aristokratischen Flüchtlinge, Cornelius, die ich kennengelernt habe, verfügten alle über Geld oder kostbaren Schmuck! Eine gute Grundlage, wenn man mit hohen Einsätzen spielt, oder?«
    »Ihnen zu helfen, war nicht ungefährlich.«
    »Einmal Hasardeur, immer Hasardeur.«
    »Du bist eine kleine Zynikerin. Aber vermutlich kommst du der Wahrheit damit sehr nahe.«
    Antonia berichtete ihm auch von Susanne, und hier hörte Cornelius äußerst schweigsam zu. Es gab also wirklich dieses Mädchen, das ihm einst versprochen hatte, für ihn zu beten. Sie war nicht verheiratet, und – Wunder über Wunder – eine enge Vertraute seiner Familie geworden. Lange lag er am Abend wach und dachte nach. In den ersten Monaten im Bagno hatte ihr Bild ihn verfolgt, und er hatte sich mit schmerzlichem Verlangen nach ihr gesehnt, bis ihm, durch Pierres Hilfe, klar geworden war, wie sehr er einem Wunschbild nachjagte, das sich auf Grund der harten Haftbedingungen ins Unerträgliche verklärte. Ein paar Jahre lang verblasste dann ihr Bild. Erst als er sich auf den Inseln aufhielt und dann und wann bei einer der willigen Frauen lag, tauchte die Erinnerung an sie wieder auf. Mit ihr im Gefolge auch die wilden Phantasien, die sich in seinen einsamen Nächten um sie gerankt hatten. Nun war sie in greifbare Nähe gerückt. Er mahnte sich selbst zur Vorsicht.
     
    »Es mag zu deinen vielfältigen Fähigkeiten gehören, einen hilflosen Mann zu massakrieren, möglicherweise auch zu rasieren, aber ich bin nicht mehr so schwach, um mich willenlos in deine Hände zu begeben, Toni«, erklärte Cornelius entschieden, als Antonia sich mit dem Rasierpinsel näherte.
    »Gut, dann schneid dir selbst die Gurgel durch. Danach darfst du nach unten gehen und dich in den Salon setzen. Du bekommst Besuch. Also benimm dich wie ein wohlerzogener Herr!«
    »Wer will mich besuchen? Hast du etwa über meine Rückkehr herumgetratscht?«
    »Selbstverständlich. Auf dem Markt, im Laden und mit allen Lieferanten und Dienstboten. Du weißt ja, wie feinfühlig ich in solchen Dingen bin.«
    Cornelius knurrte leise und machte sich an die Arbeit, seinen drei Tage alten Bart zu entfernen. Viele der Kleidungsstücke in den Schränken, die er vor acht Jahren getragen hatte, waren ihm zu eng geworden war. Die schwere körperliche Arbeit, die er hatte leisten müssen, hatte seinen Körper verändert. Doch einigermaßen passabel gekleidet verließ er kurz darauf sein Zimmer.
    Im Salon fand er Antonia neben einer jungen Dame sitzen, die erwartungsvoll aufschaute, als er

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