Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
vor mehr als zwanzig Jahren. Er hinterließ eine Tochter. Der erste erbte, wie üblich, Familiensitz und Titel und hat zwei gesunde, legitime Söhne. Damit ist also ein Anspruch auf die Besitztümer und Titel derer von Waldeggs für uns nur ein theoretischer. Sehr viel handfester ist das Vermögen, das Hermann angesammelt hat. Die Pfründe, die er als Domkapitular vor der Säkularisierung besaß, waren ergiebig, es gelang ihm, seine Gelder in den Wirren der Revolutionsjahre zu retten. Er besitzt dieses Haus am Dom und zwei Zinshäuser in der Stadt, die jedoch von Bedürftigen bewohnt werden und somit außer dem Immobilienwert keine Einkünfte abwerfen. Daneben gibt es eine Reihe solider Geldanlagen. Über diese möchte er wie folgt verfügen: Er teilt die Summe in vier gleiche Teile.
Du erhältst weiterhin Deine monatliche Unterstützung, bis Du Dein Studium abgeschlossen hast, und danach den Rest als ein kleines Anfangskapital für Deine berufliche Zukunft.
Antonia erhält ihr Viertel als Mitgift, über die sie jedoch mit Ablauf ihres ein und zwanzigsten Lebensjahres frei verfügen kann. Das mag sich leichtsinnig anhören, doch Hermann versicherte mir, das Mädchen habe einen grundsoliden Geldverstand. Wer sie einmal auf dem Markt hat feilschen sehen, glaubt ihm das unbesehen.
Für seine Gattin hat Herman den Anteil so angelegt, dass sie im Falle seines Ablebens für dreißig Jahre eine auskömmliche Rente erhält. Zudem erbt sie das Haus.
Mir stellt er den Erbanteil, wie auch Dir, schon jetzt zur Verfügung, damit ich mir eine berufliche Existenz aufbauen kann. Es scheint mir nurmehr richtig, Dir dazu einige Ausführungen zu machen.
Du weißt, ich habe das Gewerbe des Druckers gelernt, und obwohl ich dabei Schande über mich gebracht habe, gilt meine Neigung noch immer der Herstellung von Büchern. Es haben sich zwei Dinge ergeben, die erstaunlich gut zusammenpassen. Zum einen traf ich einen alten Freund aus jenen Lehrlingstagen wieder. Er hat heute eine kleine Druckerei, die sich auf wissenschaftliche Publikationen spezialisiert hat. Vor allem solche, die auch von Laien gelesen werden können. Bisher sind es überwiegend Aufsätze, aber es gibt, wie wir feststellten, einen wachsenden Markt für Bücher dieser Thematiken. Meine Reise hat mir den Zugriff auf drei hochinteressante Manuskripte beschert, die, von der französischen Sprache in die deutsche übersetzt, sicher erfolgreich würden. Von den drei Forschern, die ich begleitete, habe ich bereits die Zustimmung zu diesem Projekt erhalten.
Thomas Lindlar ist angetan von der Idee, seine Druckerei zu einem wissenschaftlichen Verlag auszubauen, und mein Kapital könnte uns helfen, diesen Schritt zu verwirklichen.
Selbstverständlich betrachte ich das Geld, das Hermann mir so großzügig zur Verfügung stellte, nur als Darlehen, und werde, sowie das Unternehmen Gewinn abwirft, diese Schulden zurückzahlen.«
David nickte zustimmend. So ähnlich wollte er es auch halten. Er hatte angefangen, Buch über die Zuwendungen zu führen, die er von seinem Vater erhalten hatte. Wenn er seine Ausbildung abgeschlossen hatte, würde es nicht schwer sein, eine gut bezahlte Stelle zu finden. Meister Leopold besaß ausreichend Beziehungen, um ihm einen Einstieg zu verschaffen. Cornelius’ Idee, einen Verlag zu gründen, billigte er. Er hatte als Junge schon gedacht, dass er eine gute Art hatte, Dinge zu erklären. Interessiert las er weiter.
»Lieber David, ich möchte Dich zwar nicht wegen des Gesundheitszustands unseres Vaters übermäßig beunruhigen, aber wenn Du es zeitlich einrichten könntest, in den Semesterferien für einige Wochen nach Köln zu kommen, könnten wir die Dinge, die ihm am Herzen liegen, zügig abwickeln. Wenn Du Reisegeld benötigst, melde Dich bei mir.
Abgesehen davon würde ich mich sehr freuen, Dich wiederzusehen, und vielleicht solltest Du Dir auch ein eigenes Bild von Toni machen, so wie sie jetzt, mit dünner gesellschaftlicher Tünche überzogen, auftritt. Sie spricht bemerkenswert freundlich von Dir.«
In der Tat, das Verhältnis zwischen Toni und Cornelius schien einige erstaunliche Aspekte zu haben, stellte David fest, als er den Brief zusammenfaltete. Das Semester würde in vier Wochen zu Ende sein. Er hatte zwar vor, in der vorlesungsfreien Zeit auf den Baustellen von Meister Leopold zu arbeiten, aber der würde sicher Verständnis dafür haben, wenn er stattdessen seinen kranken Vater besuchte.
David öffnete das nächste
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