Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
beschäftigt. Ein Setzer mit seinem Lehrling, ein Druckerlehrling, Thomas als Drucker, Cornelius, der sich vornehmlich um die Beschaffung von Manuskripten und die Vermarktung der Druckerzeugnisse kümmern sollte, daneben aber auch die notwendigen Holzstiche anfertigte, und ein Faktotum, das alle anfallenden Zuarbeiten zu übernehmen hatte.
Noch roch es nur nach frischem Holz, Farbe und jungfräulichem Papier in den Werkstatträumen, aber bald würde der Geruch von Druckerschwärze hier Einzug halten. Die Kästen mit den Bleilettern standen ordentlich neben dem Tisch, an dem der Setzer sie in Winkelhaken zu Texten zusammenfügen wurde. Das große Schiff, der Rahmen, in dem dann die Seiten zugerichtet wurden, befand sich neben dem Fenster, wo helles Licht einfiel. Es türmten sich Stapel von Bogen unterschiedlicher Papierqualitäten, aufgereiht standen Tiegel mit Druckfarbe, Ballen, mit denen die Farbe auf die gesetzten Lettern gestrichen wurde, Schneidund Falzmesser, und unter der Decke waren die Leinen gespannt, über die später die frisch gedruckten Bögen zum Trocknen gehängt werden sollten.
Waldegg sah sich bewundernd um und fragte dann: »Nun verratet uns, womit werdet ihr diese schöne Druckerei einweihen? Habt ihr schon Aufträge?«
»Aber natürlich«, antwortete Cornelius. »Thomas wird den monatlichen Gesellschaftskalender weiterdrucken, und ich habe über Raabes Vermittlung ein Traktat über römische Grabkunst erhalten. Außerdem hat Antonia die Hälfte der Vulkanologie übersetzt, die ich mitgebracht habe. Die Stiche dazu werde ich als Erstes anfertigen.«
Weitere Besucher kamen, tranken mit dem Champagner auf eine erfolgreiche Zukunft des neuen Unternehmens und ließen sich von Thomas die Funktion der Tiegelpresse erklären. Antonia führte Elena in das obere Stockwerk, wo Cornelius seine Wohnung bezogen hatte. Es waren zwei luftige Räume, doch karg eingerichtet. In dem kleineren standen ein Bett, ein Schrank, ein Tisch mit zwei Stühlen und ein Paravent, hinter dem sich die Waschgelegenheit verbarg. Antonia und Susanne hatten allerdings aus blauem Stoff Gardinen angefertigt und vor das Fenster gehängt. In dem größeren Zimmer dominierte ein mächtiger Schreibtisch, ein Lesepult stand in der Ecke, und die Wände waren bis zur Decke mit Regalen versehen, die zur Hälfte mit Büchern, Akten und Manuskripten gefüllt waren. Zierrat fand sich keiner, weder Bilder noch Büsten, weder Deckchen noch Vasen.
»Sehr – mhm – männlich«, urteilte Elena mit leisem Missfallen diesen Umstand.
»Sehr leicht zu pflegen.«
»Vermutlich. Ich kann es ja verstehen, aber gemütlich ist es nicht. Wenn er wenigstens einen Teppich auf den Boden legen würde.«
»Schenken Sie ihm einen, Frau Mutter.«
»Das werde ich auch tun.«
Von unten klang Stimmengewirr nach oben, und sie mischten sich wieder unter die Anwesenden.
Gegen Abend hatten sich schließlich alle Besucher entfernt, und Antonia half noch mit, die Werkstatt aufzuräumen. Danach versammelte sich die Familie Waldegg zu einem leichten Abendessen im Haus des Domherrn.
»Es ist erstaunlich aufwändig, ein Buch zu drucken«, sinnierte Elena bei einem Häppchen von Jakobas Fruchtcreme. »Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht. Jeder einzelne Buchstabe und sogar jede freie Stelle muss mit der Hand in diese Kästen gesetzt werden.«
»Ja, wenn man das weiß, schätzt man Gedrucktes um so mehr«, bestätigte der Domherr.
»Weit mehr aber die von Hand abgeschriebenen Bücher. Das hat mich einst Pater Emanuel gelehrt.« Antonia dachte mit Wehmut an den erblindeten Prämonstratenser, der ihr den Grundstock zu ihrer eigenen kleinen Bibliothek vermacht hatte. David, der noch am wenigsten von ihrer Vergangenheit wusste, fragte: »Wer war Pater Emanuel, Toni?«
»Ein Mönch, den ich in Arnsberg traf. Im Jahr 1802, als der Landgraf von Hessen-Darmstadt dort einzog, um seine Hand auf diesen Zipfel Land zu legen, das ihm erst im nächsten Jahr zugesprochen werden sollte.«
»Eine kriegerische Besetzung?«
»Nein, eher eine Landpartie. Herr Vater, Sie müssten dem Pater doch auch begegnet sein. Er lebte in dem Kloster, in dem der Dreikönigsschrein verborgen war.«
Waldegg schien zu überlegen. »In der Zeit zwischen 1794 und 1796, die ich dort verbrachte, lebten da noch einige Mönche. Es ist nun schon zwölf Jahre her, dass ich dort weilte, und ich kann mich nicht mehr an alle Namen und Gesichter erinnern.«
»Er hat die Bibliothek von Kloster
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